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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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eines ganzen Kornspeichers flussaufwärts nach Turlake verschifft werden sollte.
    Ich beschloss, noch einmal nach Burrich zu sehen, bevor ich mich in meine eigene Klause zurückzog. Seine Tür stand offen. In der Befürchtung, es könnte etwas geschehen sein, stürmte ich in die Kammer und erschreckte Molly, die ge rade damit beschäftigt war, einen kleinen Tisch neben Burrichs Stuhl zu decken. Sprachlos starrte ich sie an. Als ich mich zu Bur rich umwandte, sah ich seinen Blick auf mir ruhen.
    »Ich dachte, du wärst allein«, sagte ich lahm.
    Burrich musterte mich wie eine Eule. Der Pegel der Schnapsflasche hatte sich be reits um einige Fingerbreit gesenkt. »Das dachte ich auch«, antwortete er ernst. Wie immer, wenn er getrunken hatte, war ihm kaum etwas anzumerken, aber Molly ließ sich nichts vormachen. Ihre Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepresst. Sie beachtete mich nicht, sondern sprach zu Bur rich.
    »Ich werde Euch nicht lange stören. Prinzessin Philia hat mich beauftragt, Euch eine warme Mahlzeit zu bringen. Ihr hättet heute Vormittag nur wenig gegessen. Ich will nur noch die Schüsseln hinstellen, dann gehe ich.«

    »Und nehmt meinen Dank mit Euch.« Burrichs Blick wanderte von mir zu Molly; ihm entging weder die Spannung zwischen uns noch ihre Missbilligung. Zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, hielt er es für nötig, sich zu rechtfertigen. »Ich habe eine anstrengende Reise hinter mir, Mistress, und meine Verletzung ist sehr schmerzhaft. Ich hoffe, Ihr nehmt keinen Anstoß daran.«
    »Wer bin ich, Anstoß an Eu rem Handeln zu neh men, Herr«, entgegnete sie und stellte den letzten Teller hin. »Kann ich noch etwas für Euch tun?«
    Ihr Ton war höflich, weiter nichts. Ich schien dagegen Luft für sie zu sein.
    »Ihr könnt meinen Dank annehmen. Nicht allein für die Speisen, sondern auch für die Kerzen, die meine Kammer mit erfrischenden Düften erfüllen. Wie ich erfahren habe, stellt Ihr sie selbst her?«
    Er hatte das Richtige getroffen, denn ihre abwehrende Haltung lockerte sich. »Prinzessin Philia hat mich gebeten, sie zu bringen, und ich habe es gerne getan.«
    »Ich verstehe.« Die nächsten Worte kosteten ihn mehr Überwindung. »Dann richtet der Prinzessin meinen Dank aus. Und Lacey gebührt er gleichfalls, da bin ich mir sicher.«
    »Das werde ich tun. Dann braucht Ihr also sonst nichts weiter? Ich habe in Burgstadt unten Einkäufe zu machen, und meine Herrin trug mir auf, falls Ihr irgendetwas aus dem Ort zu besorgen hättet, sollte ich es Euch bringen.«
    »Nichts. Aber es war freundlich von ihr, da ran zu den ken. Vielen Dank.«
    »Ich bin gerne be hilflich.« Und dann schritt Molly mit dem leeren Korb am Arm an mir vorbei, als wäre ich gar nicht vorhanden.
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen im Zimmer. Ich schaute zur Tür, durch die Molly verschwunden war. Dann bemühte
ich mich, mei ne Gedanken auf das zu richten, weswegen ich hergekommen war. »Es sind nicht nur die Stallungen«, erklärte ich und erzählte von meinen Beobachtungen.
    »Was das angeht, hätte ich dir auch schon einiges erzählen können«, sagte er schroff. Er musterte das Essen, das Molly gebracht hatte, dann goss er sich das Glas wieder voll. »Unterwegs kommt einem so allerlei zu Oh ren. Es hieß, Edel verkaufe Getreide, um die Mittel zur Verteidigung der Küste aufzubringen. Andere sagten, die Zuchttiere würden nach Tilth geschafft, um auf den dortigen Weiden vor dem Zugriff der Piraten sicher zu sein.« Er trank aus. »Dass die besten Pferde weg sind, habe ich auf den ersten Blick festgestellt. In zehn Jahren werde ich vielleicht wieder so weit sein, wie ich jetzt war. Wenn überhaupt.« Er schenkte sich nach. »Mein Lebenswerk ist dahin, Fitz. Ein Mann möchte das Gefühl haben, dass er etwas hinterlässt, das ihn überdauert. Die Hengste und Stuten, die ich hier zusammengebracht habe, die Abstammungslinien, die ich auf dem besten Wege war zu etab lieren - alles ist auseinandergerissen und verstreut über die ganzen Sechs Provinzen. Oh, sie werden auch da die Zucht verbessern, aber ich werde niemals sehen, was geworden wäre, hätte ich die Mög lichkeit gehabt, weiterzumachen. Stetig wird die hochbeinigen Stuten von Tilth decken, und wenn Lohe ihr nächstes Fohlen hat, wird der, der es trockenreibt, nicht ahnen, dass ich sechs Generationen lang auf ge nau dieses Fohlen gewartet habe. Denn letzt lich werden sie das schnellste Pferd nehmen, das je geboren wurde, nur um es vor einen

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