Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote
aus Fischerbooten an, aber die Korsaren hatten sich bereits gut verschanzt. Schife und Soldaten gingen unter, und Bearns meldete, es wären keine weiteren Mittel für ein zweites Unternehmen dieser Art vorhanden. Zu diesem Zeitpunkt der Entwicklung fanden Veritas’ Smaragde den Weg in Kettrickens Hände, und sie zögerte keinen Augenblick, einen reitenden Boten damit in die bedrohte Provinz zu senden. Falls sie irgendeinen Nutzen bewirkten, erfuhren wir allerdings nichts davon. Wir konnten nicht einmal sicher sein, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Die Nachrichten von Bearns wurden spärlicher, und bald war ofensichtlich, dass mehrere seiner Botschaften uns nicht erreicht hatten. Dann kam die Kommunikation mit Brawndy völlig zum Erliegen. Nachdem zwei ihrer eigenen Boten von Bocksburg aufgebrochen waren und nie mehr zurückkehrten, schwor Kettricken, sie würde nicht noch weitere Leben aufs Spiel setzen. Mittlerweile dehnten die Korsaren ihre Raubzüge weiter die Küste hinunter aus. Sie mieden zwar noch die unmittelbare Umgebung von Bocksburg, aber ihre Nadelstiche an unserer Nord- und Südküste konnten nur als unverfrorene Herausforderung gedeutet werden. Edel begegnete der Situation mit stoischer Gelassenheit. Er behauptete, unsere Reserven in der Hinterhand zu halten, bis Veritas mit den Uralten zurückkehrte, um die Piraten ein für alle Mal zu vertreiben. Gleichzeitig wurden jedoch die Lustbarkeiten und Bankette in Bocksburg immer üppiger und verschwenderischer, und er überhäufte den Adel der Inlandprovinzen mit immer großzügigeren Geschenken.
Gegen Mittag residierte Burrich wieder in seinem eigenen Reich. Ich hatte ihn eigentlich in meiner Nähe behalten wollen, um zur Stelle zu sein, falls es ihm schlechter ging oder er etwas brauchte, doch er hatte mich dazu nur vielsagend angeschaut. Lacey hatte es
sich nicht nehmen lassen, in seiner Unterkunft nach dem Rechten zu sehen, und schon das behagte ihm nicht, obwohl nichts angerührt oder verändert und nur das Notwendige getan worden war. Im Kamin brannte ein Feuer, frisches Wasser stand bereit, das Bett war gelüftet und aufgeschüttelt, der Boden gekehrt und mit Binsen bestreut, und eine von Mollys Kerzen vertrieb mit einem frischen Kiefernduft die schlechte Luft aus dem Raum. Trotzdem murrte Burrich, er hätte gar nicht das Ge fühl, zu Hause zu sein. Als ich ihn verließ, saß er bequem in seinem Bett und hatte eine Flasche Branntwein in Reichweite.
Ich verstand den Zuspruch zur Flasche nur allzu gut. Auf dem Weg durch die Stallgasse waren wir an ei ner leeren Box nach der anderen vorbeigekommen. Nicht nur Pferde fehlten, auch die besten Jagdhunde waren fort. Ich hatte nicht den Mut, ei nen Blick in die Stallungen zu werfen, nur um feststellen zu müssen, dass man uns auch dort das Beste geraubt hatte. Flink war stumm und bedrückt neben uns gegangen. Man sah deutlich, welche Mühe er sich gegeben hatte, alles tadellos instandzuhalten. Die Verschläge waren blitzblank und die uns gebliebenen Pferde auf Hochglanz gestriegelt. Selbst die leeren Boxen waren geschrubbt und weiß getüncht. Doch ein lee rer Vorratsschrank, und sei er noch so sau ber, ist kein Trost für einen Hungernden. Ich wusste, die Ställe waren Burrichs Schatzkammer und Zuhause. Er war zu rückgekommen und hatte das eine wie das andere geplündert vorgefunden.
Nachdem ich Burrich verlassen hatte, unternahm ich einen Inspektionsgang zu den Scheunen und Pferchen, wo unser bestes Zuchtvieh überwinterte, und musste auch dort feststellen, wie traurig die Lage war. Einige Preisbullen waren verschwunden. Von den lockigen schwarzen Schafen, die zu vor einen ganzen Pferch gefüllt hatten, waren nur noch sechs Muttertiere und ein kümmerlicher Bock übrig geblieben. Ich war nicht genau über den Viehbestand
unterrichtet, aber wohin ich den Blick auch richtete, begegnete mir nur Leere, wäh rend sonst um diese Jahreszeit alles aus den Nähten zu platzen drohte.
Anschließend wanderte ich durch die Vor ratsspeicher und Nebengebäude. Vor ei nem davon luden Männer Getreidesäcke auf einen Wagen. Zwei andere Wagen, die be reits abfahrbereit waren, standen daneben. Ich schaute ihnen eine Weile zu und dann, als die Ladung in die Höhe wuchs und das Hantieren mit den Säcken mühsamer wurde, bot ich ihnen meine Hilfe an. Sie nahmen dankend an, und es entspann sich eine Unterhaltung. Als sie abfuhren, winkte ich ih nen nach und fragte mich auf dem Weg zur Burg hinauf, weshalb der Inhalt
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