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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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rückhielt, die ihr über die Lippen wollten, worauf sie plötzlich ganz kalt wirkte. »Weshalb glaubst du eigentlich, dass sich mein ganzes Leben nur um dich dreht?«, fragte sie zurück. »Wie kommst du auf den Gedanken, ich hätte keine anderen Sorgen als dich?«
    Im ersten Moment wusste ich nicht, was ich darauf sagen sollte. »Vielleicht, weil es bei mir so ist.«
    »Ist es nicht.« Sie verbesserte mich, als wäre ich ein Kind, das darauf beharrte, der Himmel sei grün.
    »Ist es doch.« Ich zog sie an mich, aber sie lag in mei nen Armen wie ein Stück Holz.
    »Dein Kronprinz Veritas war dir wich tiger als ich. König Listenreich ist wichtiger als ich. Und auch Königin Kettricken und ihr ungeborenes Kind sind dir wichtiger als ich.« Sie zählte an den Fingern ab, als nummerierte sie meine Charakterfehler.

    »Ich tue, was meine Pflicht ist«, sagte ich ruhig.
    »Und ich weiß, wo dein Herz ist, und es ist nicht in erster Linie bei mir.«
    »Veritas ist - Veritas ist nicht mehr hier, um seine Gemahlin, sein Kind und seinen Vater zu beschützen«, erklärte ich geduldig. »Deshalb hat meine Pflicht ihnen gegenüber Vorrang, vor meinem eigenen Leben und vor allem anderen, was mir lieb und teuer ist. Nicht, weil ich sie mehr lieben würde als dich, sondern …« Ich suchte vergebens nach Worten. »Ich bin ein Vasall des Königs«, sagte ich schließlich hilflos.
    »Ich bin niemandes Vasall.« Voller Stolz machte Molly ihre Worte zur einsamsten Feststellung auf der Welt. »Ich sorge für mich selbst.«
    »Aber doch nicht für immer«, protestierte ich. »Eines Tages werden wir frei sein. Frei, um zu heiraten, um …«
    »Um zu tun, was immer dein König von dir verlangt«, beendete sie den Satz für mich. »Nein, Fitz.« Ihre Stim me klang nach Endgültigkeit und Schmerz. Sie machte sich von mir los und ging auf der Stiege an mir vorbei. Als sie zwei Stu fen unter mir war und es mir vorkam, als wehte der eisige Atem des Winters zwischen uns, sprach sie in einem etwas sanfteren Ton weiter.
    »Ich muss dir etwas sagen. Es gibt jetzt einen anderen in meinem Leben. Einen, der für mich das ist, was dein König dir bedeutet. Einen, der mir wichtiger ist als mein eigenes Leben, der Vorrang hat vor allem anderen, was mir teuer ist. Wenn du gerecht sein willst, kannst du mir daraus keinen Vorwurf machen.« Sie schaute zu mir hinauf.
    Ich weiß nicht, wie ich ausgesehen habe, nur dass sie den Blick abwandte, als könne sie es nicht ertragen.
    »Ihm zuliebe gehe ich fort«, sagte sie. »An einen Ort, wo es sicherer ist als hier.«

    »Molly, bitte, er kann dich unmöglich so lieben wie ich«, beschwor ich sie.
    »Auch dein König kann dich unmöglich so lieben wie … wie ich es getan habe, und trotzdem ist es so weit mit uns ge kommen. Aber es geht auch nicht darum, was er für mich empfindet, viel wichtiger ist, was ich für ihn fühle. Er muss in meinem Leben an erster Stelle stehen. Er braucht das von mir. Versteh mich recht - es ist nicht so, dass ich mir nichts mehr aus dir mache, sondern ich kann dieses Gefühl nicht über das stellen, was für ihn das Beste ist.« Sie ging die letzten Stufen hinunter. »Lebwohl, Neuer.« Das kam nur noch als Flüstern, aber die beiden Worte brannten sich tief ein in mein Herz.
    Ich stand auf der Treppe und schaute ihr hinterher, und plötzlich war diese Empfindung wieder allzu vertraut, der Schmerz nur allzu bekannt. Ich stürzte hinter ihr her, ich griff nach ih rem Arm, ich zog sie in eine dunkle Ecke unter der Treppe. »Molly«, sagte ich, »bitte.«
    Sie sagte nichts. Sie wehrte sich nicht einmal gegen meine Hand, die ihren Arm umklammerte.
    »Was kann ich dir geben, was dir sagen, um dir begreiflich zu machen, was du mir bedeutest? Ich kann dich nicht einfach gehen lassen!«
    »Du kannst mich auch nicht zwingen zu bleiben«, entgegnete sie mir mit leiser Stimme.
    Ich fühlte, wie etwas in ihr erlosch. Ob es ihr Zorn, ihr Kampfgeist oder ihr Wille war - ich weiß nicht. »Bitte«, sagte sie, und das Wort tat mir weh. »Mach es nicht so schwer. Bring mich nicht zum Weinen.«
    Ich ließ ihren Arm los, aber sie blieb stehen.
    »Vor langer Zeit«, meinte sie bedächtig, »habe ich dir gesagt, du seist wie Burrich.«

    Ich nickte in der Dunkelheit, obwohl sie das nicht mehr sehen konnte.
    »In mancher Hinsicht bist du ihm ähnlich, in anderer nicht. Ich treffe heute die Entscheidung für uns, wie er sie einmal für Philia und sich getroffen hat. Es gibt für uns kei ne Zukunft. Dein

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