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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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draußen nach wie vor ausdruckslos.
    Merle holte Atem, aber »Pst!«, warnte ich, bevor sie etwas sagen konnte. Stattdessen griff sie nach meinem Arm. Ich bückte mich, wie um meinen Stiefel fester zu schnüren, und drehte mich beim Aufrichten, so dass sie nun links von mir stand. Sofort umklammerte sie wieder meinen Arm. Endlich ging die Tür auf, und ein hochgewachsener Mann mit braunem Haar und blauen Augen kam heraus. Wie auch das Mädchen war er in Leder gekleidet. An seinem Gürtel hing ein ungewöhnlich langes Messer. Das Mädchen folgte dicht hinter ihm. Sie schmollte; wahrscheinlich war sie getadelt worden. Der Herr des Hauses musterte uns finster und fragte unwirsch: »Was hat das zu bedeuten?«
    »Ich habe mich wohl geirrt«, sagte ich sofort. »Wir suchen jemanden namens Nik, und offenbar sind wir hier falsch. Verzeiht die Störung, Herr.«
    Er schien sich zu besinnen. »Ein Freund von mir hat einen Vetter, der so heißt. Ich könnte ihm Bescheid sagen.«
    Ich drückte Merles Hand, damit sie schwieg. »Nein, nein, wir möchten Euch keine Umstände machen. Außer Ihr sagt uns, wo Nik anzutreffen ist, damit wir selbst zu ihm gehen können.«
    »Vielleicht wäre es besser, wenn ich ihm eine Nachricht von Euch überbringe«, bot sich der Mann erneut an. Doch es war kein ernst gemeintes Angebot.
    Ich kraulte meinen Bart und dachte nach. »Ich habe einen Freund, dessen Vetter ein Paket über den Fluss schicken möchte. Er hörte davon, dass Nik möglicherweise jemanden kennt, der bereit wäre, das zu übernehmen. Er versprach dem Vetter meines Freundes, eine Brieftaube auszusenden, um unser Kommen bei Nik anzukündigen. Wir wären natürlich bereit, für das Paket zu bezahlen. Das war alles, nichts weiter von Bedeutung.«
    Der Mann nickte bedächtig. »Ich habe von Leuten hier in der Gegend gehört, die so etwas tun. Eine gefährliche Arbeit, ein Verstoß gegen des Königs Gebot. Sie büßen mit ihrem Kopf, wenn die Soldaten sie ergreifen.«
    »Allerdings. Aber ich bezweifle stark, dass der Vetter meines Freundes mit Leuten Geschäfte machen würde, die sich einfach so erwischen lassen. Deshalb wollte er auch mit Nik sprechen.«
    »Und wer war es, der Euch hergeschickt hat, um diesen Nik zu treffen?«
    »Das habe ich vergessen«, antwortete ich kühl. »Ich fürchte, ich habe schlicht ein Talent dafür, Namen zu vergessen.«
    »Ist das so?« Der Mann schaute zu seiner Schwester und deutete ein Kopfnicken an.
    »Kann ich Euch und Eurer Begleiterin einen Branntwein anbieten?«
    »Die Einladung nehmen wir gerne an.« Ich verneigte mich leicht.
    Auf dem Weg in das Gemach, in dem vorhin Pelf verschwunden war, gelang es mir, mich von Merle loszumachen. In der Wärme des Raumes, der mindestens so opulent wie der andere kahl gewesen war, tat sie einen tiefen Seufzer. Hier bedeckten Teppiche den Boden und Tapisserien die Wände. In der Mitte stand ein wuchtiger Eichentisch, darauf ein Kandelaber mit brennenden Kerzen. In dem gewaltig großen Kamin loderte ein Feuer vor einem Halbkreis gepolsterter Armsessel. Dorthin führte Pelfs Bruder uns, während er im Vorbeigehen eine volle Kristallkaraffe vom Tisch nahm. »Hol Becher«, befahl er dem Mädchen schroff. Sie schien seinen Ton und alles andere klaglos hinzunehmen. Ich schätzte das Alter des Mannes auf ungefähr fünfundzwanzig. Ältere Brüder pflegen gemeinhin nicht gerade die Vorbilder sentimentaler Geschwisterliebe zu sein. Ich sah noch, wie das Mädchen dem Schnitzer ihre Taube übergab und beide nach draußen vor den Hauseingang bugsierte, bevor sie dann loseilte, um die Gläser herbeizuschaffen.
    »Nun, was wolltet Ihr eben sagen?«, versuchte der Mann mehr aus uns herauszubekommen, als wir vor dem Feuer saßen.
    »Nein, Ihr wolltet etwas sagen.«
    Er schwieg, weil seine Schwester gerade mit den Bechern hereinkam. Nachdem er ringsum eingeschenkt hatte, brachte er einen Trinkspruch aus.
    »Auf König Edel.«
    »Auf meinen König«, versetzte ich und trank. Es war guter Branntwein, auch Burrich hätte ihn gelobt.
    »König Edel möchte solche wie unseren Freund Nik am Galgen sehen«, meinte unser Gastgeber.
    »Oder gar noch lieber in seinem Rund«, fügte ich hinzu. »Was für eine Zwickmühle: Einerseits bedroht König Edel sein Leben, aber andererseits: Hat der König nicht den Handel unterbunden und Nik daran gehindert, sein täglich Brot auf rechtem Wege zu verdienen? Wie man hört, bringt das Land seiner Familie in diesen Zeiten nichts als Steine

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