Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
Entfremdete haben mich überfallen. Oben auf dem Steilhang, wo im Sommer die Jagd auf Federwild gut ist. Nahe bei der Hütte des Ziegenhirten.«
Er nickte und runzelte die Brauen. »Ich kenne die Gegend. Wie viele? Wie sahen sie aus?«
Ich gab ihm eine kurze Beschreibung meiner Angreifer, und er nickte wieder und war scheinbar nicht erstaunt. »Ich erhielt einen Bericht über sie, vor vier Tagen. Im Grunde hätten sie dort zu diesem Zeitpunkt gar nicht sein dürfen, außer sie haben sich jeden Tag zielstrebig in diese Richtung bewegt. Sind sie tot?«
»Ja. Ihr habt damit gerechnet?« Ich war verblüfft. »Ich dachte, wir hätten die Umgebung von ihnen gesäubert.«
»Von denen, die gerade hier waren. Andere rücken nach. Ich habe sie im Auge behalten, aber dass sie so schnell vorankommen, damit war nicht zu rechnen.«
Ich bemühte mich um einen sachlichen Tonfall. »Hoheit, weshalb sie nur im Auge Behalten? Weshalb - schaffen wir das Problem nicht aus der Welt?«
Veritas räusperte sich leise und wandte sich wieder dem offenen Fenster zu. »Manchmal muss man abwarten und den Feind einen Zug zu Ende führen lassen, um seine Strategie zu erkennen. Verstehst du, was ich meine?«
»Ihr meint, die Entfremdeten hätten eine Strategie? Ich glaube nicht, Hoheit. Sie waren …«
»Erstatte mir einen vollständigen Bericht«, verlangte er, während er mir weiter den Rücken zugewandt hielt.
Nach kurzem Zögern erzählte ich genau, was vorgefallen war. Als ich zum Ende des Kampfes kam, wurde mein Vortrag einsilbiger. Als ich meinen Bericht abschloss, erstarben mir die Worte beinahe auf den Lippen: »Doch es gelang mir, mich von ihm loszureißen. Und alle drei haben dort den Tod gefunden.«
Er schaute unverwandt aufs Meer hinaus. »Du solltest körperliche Auseinandersetzungen meiden, Fitz. Du scheinst jedes Mal dabei zu Schaden zu kommen.«
»Ich weiß, Hoheit. Hod hat ihr Möglichstes versucht …«
»Aber du wurdest nicht wirklich zum Kämpfer ausgebildet. Du hast andere Talente, und die solltest du nutzen, um dich zu verteidigen. Oh, du bist ein ordentlicher Fechter, aber du hast nicht die Masse und nicht das Gewicht, um dich mit den Fäusten durchsetzen zu können. Aber genau darauf scheinst du in einem Kampf immer zurückzugreifen.«
»Man hat mir nicht die Wahl der Waffen gelassen«, bemerkte ich pikiert und fügte hinzu: »Hoheit.«
»Nein, und wahrscheinlich wird man das auch künftig nicht.« Er schien wie aus weiter Ferne zu mir zu sprechen. Eine leichte Spannung in der Luft verriet mir, dass er mit der Gabe hinaus sinnte, selbst während wir sprachen. »Und doch fürchte ich, dass ich dich erneut aussenden muss. Du hast vielleicht Recht. Ich habe lange genug beobachtet, was vor sich geht. Die Entfremdeten sind auf dem Marsch nach Bocksburg. Warum, kann ich mir nicht erklären, aber das zu wissen ist vielleicht weniger wichtig, als zu verhindern, dass sie ihr Ziel er reichen. Wieder einmal wirst du mein richtender Arm sein, Fitz. Vielleicht kann ich dies mal verhindern, dass meine eigene Gemahlin zur Tat schreiten muss. Wenn ich recht verstehe, wird sie jetzt, wenn sie aus reitet, von ihrer eigenen Leibgarde begleitet?«
»Man hat Euch richtig informiert, Hoheit«, sagte ich und verfluchte mich selbst, weil ich nicht früher eine Gelegenheit gesucht hatte, mit ihm über die Königinnengarde zu sprechen.
Er drehte sich um und musterte mich gelassen. »Meine Information bestand in dem Gerücht, du hättest die Bildung einer solchen Garde genehmigt. Nicht um dir den Ruhm zu stehlen, doch als mir dieses Gerücht zu Ohren kam, ließ ich ausstreuen, ich hätte dir den Auftrag gegeben. Wie ich es vermutlich tatsächlich getan habe. Aber nur sehr indirekt.«
»Hoheit.« Ich war klug genug, nichts weiter zu sagen.
»Nun, wenn sie unbedingt ausreiten muss, dann hat sie jetzt wenigstens Schutz. Obwohl ich es vorziehen würde, wenn sie nicht mehr mit Entfremdeten in Berührung käme. Wenn ich nur wüsste, womit ich sie beschäftigen könnte«, fügte er müde hinzu.
»Der Garten der Königin«, schlug ich vor, weil mir ein fiel, dass Philia kürzlich davon erzählt hatte.
Veritas hob fragend eine Augenbraue.
»Der ehemalige Garten auf dem Turm«, erklärte ich. »Seit Jahren hat sich niemand mehr darum gekümmert. Ich habe gesehen, was davon übrig war, bevor Galen uns befahl, alles zur Seite zu räumen, um Platz für unsere Exerzitien zu schaffen. Es muss früher ein schöner Ort gewesen sein. Mit vielen
Weitere Kostenlose Bücher