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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Schnee und hustete Blut, doch von den beiden anderen hatte einer die Hände bereits an meiner Kehle, während der andere sich bemühte, sein Schwert freizubekommen, das in meinem Arm und meinen Kleidern feststeckte. Ich trat und schlug vergeblich um mich, während die Welt um mich herum langsam schwarz wurde und der Himmel sich um mich zu drehen begann.
    Bruder!
    Er kam. Sein schnappender Kiefer und sein Gewicht trafen unser verschlungenes Knäuel wie ein Rammbock. Wir stürzten alle zusammen in den Schnee, und der Würgegriff um meinen Hals lockerte sich so weit, dass ich kurz Luft holen konnte. Mein Kopf wurde wieder klarer, und plötzlich hatte ich auch wieder das Herz bedingungslos zu kämpfen, zu kämpfen! Ich schwöre, ich habe mich selbst gesehen, wie mein Gesicht blau angelaufen und blutüberströmt war, dabei der Geruch so er regend, dass ich unwillkürlich die Zähne fletschte. Dann riss Cub meinen schärfsten Gegner zu Boden und von mir los und attackierte ihn mit einer Schnelligkeit und Wendigkeit, denen ein Mensch nichts entgegenzusetzen hatte. Er schnappte zu, zerfetzte das Fleisch des Gegners und sprang rechtzeitig zurück, bevor die greifenden Hände sich in sein Fell krallen konnten.
    Ich erinnere mich genau, dass ich spürte, wie Cubs Zähne sich in den Hals des Mannes gruben. Ich spürte das Todesröcheln und das heraussprudelnde Blut förmlich zwischen meinen eigenen Kiefern, fühlte, wie das Blut mein Maul an füllte und über meine Lefzen rann. Ich schüttelte den Kopf wild hin und her und meine Zähne zerfetzten so viel Fleisch, bis der volle Strom seines Lebens sich ungehemmt über seine stinkenden Kleider ergoss.
    Dann herrschte eine Zeitlang buchstäblich das Nichts.
    Dann saß ich im Schnee und lehnte mit dem Rücken an einem Baum. Cub hatte sich unweit von mir niedergelassen. Er leckte sich das Blut von den Vorderläufen und Pfoten und vollzog eine sorgfältige, langsame, methodische Säuberung. Ich wischte mir mit dem Ärmel über Mund und Kinn, und was ich abwischte, war Blut. Nicht mein Blut. Rasch beugte ich mich vor, und auf den Knien liegend spuckte ich erst Barthaare aus, um mich gleich darauf zu übergeben. Doch nicht ein mal der saure Geschmack von Galle vermochte den Geschmack von Fleisch und Blut des toten Mannes aus meinem Mund wegzuätzen. Ich warf einen kurzen Blick auf den Leichnam und schaute auf seine Seite. Die Kehle war aufgerissen. Für einen grässlichen Moment überfiel mich die Erinnerung, wie ich mich in sein Fleisch verbissen hatte und die straffen Halssehnen zwischen meinen Zähnen knirschten. Ich kniff die Augen zu. Ich saß ganz still da.
    Plötzlich war eine kalte Nase an meiner Wange. Ich öffnete meine Augen. Er saß neben mir und sah mich an. Cub.
    Nachtauge, berichtigte er mich. Meine Mutter nannte mich Nachtauge. Ich war der letzte des Wurfs, der die Augen öffnete. Er schniefte und musste niesen, dann schaute er zu den Toten hin. Ich folgte widerwillig seinem Blick. Der Jüngere war langsam an dem Messerstich verendet. Die anderen beiden …
    Ich habe schneller getötet, bestätigte Nachtauge. Aber ich habe nicht die Zähne einer Kuh. Du hast dich gut gehalten für einen deiner Art. Er stand auf und schüttelte sich. Auf mein Gesicht spritzte kaltes und warmes Blut. Mit einem angeekelten Laut wischte ich es ab, erst dann begriff ich.
    Du blutest.
    Du auch. Er zog die Klinge aus deinem Leib, um sie in mich zu stoßen.
    Lass mich die Wunde ansehen.
    Warum?
    Die Frage hing zwischen uns in der kalten Luft. Nicht mehr lange, und hier draußen würde die Nacht über uns hereinbrechen. Die schwarzen Äste der Bäume über uns verschwammen mit dem Dunkel des abendlichen Winterhimmels. Ich brauchte kein Licht, um ihn zu sehen. Ich brauchte ihn nicht ein mal zu sehen. Muss man sein Ohr sehen, um zu wissen, dass es zu einem gehört? Ebenso unsinnig war es zu leugnen, dass Nachtauge zu mir gehörte.
    Wir sind Brüder. Wir gehören zusammen, gab ich zu.
    Wirklich?
    Ich fühlte sein Suchen, sein Tasten, sein Verlangen nach meiner Zuneigung, wie ich es schon ein mal gespürt, jedoch zurückgewiesen hatte. Diesmal nicht. Ich öffnete mich und konzentrierte mich ganz auf ihn. Nachtauge war da, und ich nahm ihn ganz so wie er war an, mit seinem Fell und seinen Zähnen, mit Muskeln und Krallen. Ich spürte noch heftig den Schwertstich in meiner Schulter, wo die Klinge genau zwischen zwei großen Muskeln eingedrungen war. Er hielt die Pfote angewinkelt. Ich zögerte und

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