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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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unwiderruflich vergangen sind. Ich kann dir erzählen, wie es war, aber das ist nicht das selbe. Es ist, als wären wir zwei Fremde aus der Ferne, ohne die Möglichkeit, in unsere Heimat zurückzukehren, und wir haben nur einander, um uns die Wirklichkeit jenen Ortes zu bestätigen, an dem wir einst lebten. Wenigstens gab es früher solche Stunden.«
    Ich sah zwei Kinder vor mir, die am Strand von Bocksburg entlangliefen, Muscheln von den Steinen lösten und roh verspeisten. Molly und ich. O ja, es war möglich, Heimweh nach einer vergangenen Zeit zu empfinden und einsam zu sein ohne die einzige andere Person, mit der man sie geteilt hat. Ich nickte.
    »Nun gut. Heute Abend versuchen wir zu retten, was zu retten ist. Jetzt hör mir zu, du musst mir etwas versprechen. Du wirst nichts Größeres mehr unternehmen, ohne erst mit mir die weiterreichenden Folgen besprochen zu haben. Abgemacht?«
    Ich schaute zu Boden. »Ich möchte ja sagen. Ich bin bereit, es zu versprechen, aber neuerdings scheinen selbst kleine Dinge, die ich tue, ungeahnte Konsequenzen zu haben - so wie ein Kiesel, der einen Erdrutsch auslöst. Und Ereignisse überstürzen sich, bis ich plötzlich vor der Notwendigkeit stehe, schnell eine Entscheidung treffen zu müssen, ohne dass noch lange Zeit wäre, jemanden um Rat zu fragen. Deshalb kann ich das Versprechen nicht geben. Aber ich verspreche, dass ich mein Bestes tun werde. Genügt das?«
    »Muss es wohl. Catalyst«, brummte er.
    »So hat mich der Narr früher auch schon mal genannt.«
    Chade hatte etwas sagen wollen. Bei meinen Worten stutzte er. »Hat er das wirklich einmal getan?«
    Ich nickte, ging zum Kamin und setzte mich ans Feuer. Die Wärme tat gut. »Burrich meinte, eine zu starke Dosis Elfenrinde könnte tiefe Niedergeschlagenheit zur Folge haben.«
    »Fühlst du dich so?«
    »Ja. Aber wie die Dinge liegen, muss dafür nicht unbedingt die Elfenrinde verantwortlich sein. Aber ich erinnere mich, dass Veritas mir oft bedrückt vorgekommen ist, und er hat viel davon getrunken. Natürlich kann es auch bei ihm andere Gründe gehabt haben.«
    »Vielleicht werden wir es nie genau wissen.«
    »Du sprichst heute Nacht sehr offen. Nennst Namen, unterstellst Motive …«
    »In der großen Halle ist es heute hoch hergegangen. Edel war guter Dinge und überzeugt, sein Spiel gewonnen zu haben. All seine Wachen waren abberufen, seine Spitzel hatten einen freien Abend.« Er schaute mich Bedeutungsvoll an. »Ich bin überzeugt, so bald wird er die Schlinge nicht wieder lockern.«
    »Also glaubst du, was wir hier besprechen, kann belauscht werden.«
    »All meine Beobachtungsposten, von denen aus ich die Vorgänge in der Burg im Auge Behalte, eignen sich umgekehrt natürlich auch dafür, mich zu bespitzeln. Die Wahrscheinlichkeit ist gering, aber man wird nicht so alt wie ich, indem man Risiken eingeht.«
    Eine alte Erinnerung ergab plötzlich einen Sinn. »Du hast einmal gesagt, im Garten der Königin wärst du blind.«
    »Richtig.«
    »Also hast du nicht gewusst …«
    »Ich wusste nicht, was Galen dir an tat, während er es tat. Mir kam dies und jenes zu Ohren, zumeist weit entfernt von der Wahrheit und immer verspätet. Doch in der Nacht, als er dich schlug und dann liegen ließ… Nein.« Er sah mich eigenartig an. »Hast du geglaubt, ich könnte so etwas wissen und nichts unternehmen?« »Du hattest versprochen, dich nicht in meine Ausbildung einzumischen«, antwortete ich steif.
    Chade setzte sich in seinen Polsterstuhl und lehnte sich seufzend zurück. »Ich glaube fast, du wirst niemals jemandem rückhaltlos vertrauen. Oder glauben, dass jemand sich Sorgen um dich macht.«
    In mir Stille. Hatte er Recht? Kannte er mich besser, als ich mich selbst? Erst Burrich und nun Chade, von denen ich gezwungen wurde, mich aus einem unbequemen Blickwinkel zu betrachten.
    »Nun ja«, überging Chade mein Schweigen, »wie ich vorhin schon sagte, wir müssen retten, was zu retten ist.«
    »Was soll ich tun?«
    Er stieß die Luft durch die Nase. »Nichts.«
    »Aber …«
    »Absolut gar nichts. Sag es dir immer wieder vor: Kronprinz Veritas ist tot. Lebe diese Überzeugung. Edel hat das Recht, sich hier als Hausherr zu gebärden; er hat das Recht zu tun, was er tut. Beschwichtige ihn, schläfere seine Wachsamkeit ein. Wir müssen ihn glauben machen, dass er gesiegt hat.«
    Ich überlegte einen Moment. Dann stand ich auf und zog mein Messer.
    »Was hast du vor?«
    »Was Edel von mir erwarten würde, wenn ich wirklich

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