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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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aber sie wollte nicht zu mir herschauen. Die Tür schloss sich hinter den beiden Frauen, und ich lehnte mich zurück. Gefühl und Verstand rebellierten gegen die von Philia auferlegten Einschränkungen, aber so schmerzlich es war: sie hatte Recht. Ich konnte nur hoffen, dass Molly mein Benehmen eher als gedankenlos denn als hinterhältig oder arglistig betrachtete.
    Schließlich stand ich auf und kümmerte mich um das Feuer, dann setzte ich mich neben den Kamin und schaute mich in meinem Zimmer um. Nach den Monaten im Bergreich kam es mir wirklich trostlos vor. Der einzige schmückende Gegenstand im ganzen Raum war ein reichlich verstaubter Wandteppich, der die Begegnung von König Weise mit den Uralten darstellte. Er gehörte zum Inventar des Zimmers, wie die Zedernholztruhe am Fuß des Bettes. Ich musterte ihn kritisch. Er war ausgeblichen und mottenzerfressen, leicht zu begreifen, weshalb man ihn hierher verbannt hatte. In der ersten Zeit hatte er mir Alpträume verursacht. In einem altertümlichen Stil gearbeitet, wirkte König Weise seltsam in die Länge gezogen, während die Uralten keinerlei Ähnlichkeit mit irgendeiner Kreatur hatten, die ich kannte. An ihren gewölbten Schultern waren andeutungsweise Flügel zu erkennen. Oder vielleicht sollte es ein Glorienschein aus Licht sein, der sie umgab. Ich setzte mich bequemer hin, um die Gestalten genauer zu studieren.
    Unversehens war ich eingenickt und erwachte durch einen Luftzug, der über meine Schulter strich. Die Geheimtür neben dem Kamin, die zu Chades Reich hinaufführte, stand weit offen. Ich erhob mich mit steifen Gelenken, reckte mich und stieg die Treppe hinauf, nur mit meinem Nachthemd bekleidet, wie bei jenem ersten Mal vor vielen Jahren. Damals folgte ich einem furchteinflößenden alten Mann mit pockennarbigem Gesicht und den scharfen, klaren Augen eines Raben. Er hatte angeboten, mir beizubringen, wie man Menschen tötet. Außerdem - das begriff ich, ohne dass er es aussprechen musste - bot er mir an, mein Freund zu sein. Ich hatte beide Angebote akzeptiert.
    Die Steinstufen waren kalt. Hier gab es immer noch Spinnweben und Staub und Ruß über den Fackelhaltern an der Wand, der allgemeine Hausputz der Königin hatte sich dem nach nicht auf diesen Treppenaufgang erstreckt. Und auch nicht auf Chades Domizil. Dort war es so chaotisch, unaufgeräumt und gemütlich wie eh. Die eine Hälfte des großen Zimmers war seine Giftküche, mit einem großen Herd, nacktem Steinfußboden und riesigem Tisch, auf dem sich das übliche Sammelsurium ein friedvolles Stelldichein gab: Mörser und Stößel, schmierige Teller mit Fleischbrocken für Schleicher, das Wiesel, Dosen voller getrockneter Kräuter, Schrifttafeln und -rollen, Löffel und Zangen und ein geschwärzter Kessel, aus dessen Tülle sich immer noch eine übelriechende Dampfsäule zur Decke kräuselte.
    Chade jedoch hatte sich in die andere Hälfte zurückgezogen, wo ein dick gepolsterter Lehnsessel vor seinem brennenden Kamin stand. Teppiche bedeckten in sich überlappenden Schichten den Boden, auf einem elegant geschnitzten Tisch standen eine Glasschale mit Äpfeln und eine Karaffe Sommerwein. Chade saß eingeschmiegt in die weichen Kissen der Polsterung und hielt eine Schriftrolle ins Licht, während er sie aufmerksam studierte. Musste er dazu die Arme weiter ausstrecken, oder hatte es nur den Anschein, weil sie noch dünner waren als früher? Ich fragte mich, ob er in den Monaten meiner Abwesenheit so stark gealtert war oder ob ich sein Alter früher einfach nicht wahrgenommen hatte. Seine graue Kutte sah ab getragen aus wie immer, und das lange graue Haar, das ihm über die Schultern fiel, kam mir unverändert vor. Wie immer wartete ich schweigend, bis er so gnädig war, den Kopf zu heben und meine Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen. Manche Dinge veränderten sich, andere hingegen nicht.
    Endlich ließ er die Schrift rolle sinken und schaute mich an. Er hatte grüne Augen, der Bastardeinschlag in dem dunklen Weitseher-Gesicht. Trotz der pockenähnlichen Narben, die ihn entstellten, konnte er seine Herkunft ebenso wenig verleugnen wie ich. Ich nehme an, ich hätte ihn als meinen Großonkel bezeichnen können, doch unser Schüler-Lehrer-Verhältnis war enger als jede Blutsverwandtschaft. Er musterte mich von Kopf bis Fuß, und unbewusst nahm ich eine straffere Haltung an. Als er sprach, klang seine Stimme ernst. »Komm ins Licht, Junge.«
    Ich trat ein paar Schritte vor. Er studierte mich genauso

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