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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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aufmerksam, wie er die Schrift rolle studiert hatte. »Wären wir ehrgeizige Verschwörer, du und ich, würden wir da für sorgen, dass jedermann deine Ähnlichkeit mit Chivalric bemerkt. Ich könnte dich seine Haltung lehren, schon jetzt hast du seinen Gang. Ich könnte dir zeigen, wie man es anstellt, durch Mimik und Gesten älter zu wirken. Du bist fast so groß wie er. Du könntest dir seine typischen Redewendungen aneignen und seine Art zu lachen. Ganz allmählich würden wir Einfluss gewinnen, still und unauffällig, keiner würde überhaupt bemerken, wie weit er unserem Einfluss schon nachgegeben hat. Und eines Tages würden wir aus dem Schatten treten und die Macht ergreifen.«
    Er schwieg.
    Langsam schüttelte ich den Kopf. Dann lächelten wir beide. Ich ging zu ihm und setzte mich zu seinen Füßen vor dem Kamin auf den Boden. Die Wärme des Feuer in meinem Rücken tat mir gut.
    »Die Macht der Gewohnheit, vermute ich.« Er seufzte und nahm einen Schluck Wein. »Ich muss über solche Dinge nachdenken, weil ich weiß, dass andere es tun werden. Eines Tages, früher oder später, wird irgendein unbedeutender Provinzfürst das für einen brillanten Einfall halten und an dich herantreten. Warte ab, ob ich nicht Recht behalte.«
    »Mir wäre lieber, du irrst dich. Ich habe zuletzt weit mehr als genug an Intrigen erlebt, Chade, und habe mich in diesem Spiel nicht annähernd so gut geschlagen, wie ich erhofft hatte.«
    »Aber auch nicht schlecht in Anbetracht der dir zugeteilten Karten. Du hast überlebt.« Er schaute über mich hinweg ins Feuer. Eine Frage hing fast greifbar zwischen uns. Weshalb hatte König Listenreich Prinz Edel anvertraut, dass ich sein ausgebildeter Assassine war? Weshalb hatte er mich dem Befehl eines Mannes unterstellt, der mich eher tot als lebendig sehen wollte? Hatte er mich an Edel verschachert, als eine Art Trostpflaster dafür, dass er hinter seinem älteren Bruder zurücktreten musste? Und wenn ich ein Bauernopfer gewesen war, hielt man mich nun immer noch dem jungen Prinzen als Ablenkung und Spielzeug vor die Nase? Ich glaube, nicht einmal Chade hätte all meine Fragen beantworten können, und sie zu stellen wäre der schwärzeste Verrat daran gewesen, was wir geschworen hatten zu sein: treue Diener des Königs. Wir beide hatten vor langer Zeit unser Leben in König Listenreichs Hand gegeben, als Werkzeuge zum Schutz der königlichen Familie. Wir hatten nicht das Recht, in Frage zu stellen, wie er sich unserer zu bedienen wünschte. Zweifel war der erste Schritt auf der Straße zum Hochverrat.
    Chade hob die Karaffe und füllte ein bereitstehendes Glas für mich auf. Eine müßige halbe Stunde plauderten wir über Dinge, die für niemanden außer uns von Bedeutung waren und deshalb nur umso kostbarer. Ich erkundigte mich nach Schleicher, dem Wiesel, und er bekundete zurückhaltend sein Mitgefühl zu Nosys Tod. Ein oder zwei Fragen, die er stellte, verrieten mir, dass er von allem wusste, was ich Veritas berichtet hatte, und dazu genauestens über den Klatsch am Königshof unterrichtet war. Im Gegenzug erfuhr ich von dem allgemeinen Geschehen am Hof, das mir wegen meiner Abwesenheit entgangen war. Doch als ich ihn nach seiner Meinung über Kettricken fragte, unserer Kronprinzessin, verdüsterte sich sein Gesicht.
    »Sie wird es schwer haben, so wie sie an einen vornehmlich von Männern geprägten Hof verpflanzt wurde, wo sie Königin ist und doch nicht herrschen darf. Noch dazu kommt sie in einer schweren Zeit zu uns, wo das Königreich sich von Piratenüberfällen und Bürgerunruhen bedroht sieht. Doch am schwierigsten für sie ist, dass sie sich in einer Umgebung zurechtfinden muss, die ganz und gar nicht mit ihrem Konzept von Monarchie übereinstimmt. Man hat sie mit Bällen und rauschenden Festen geehrt. Sie hingegen ist daran gewöhnt, sich als gleiche unter Gleichen unter ihrem Volk zu bewegen, ob es im Garten oder am Webrahmen ist, ob es darum geht, in der Schmiede zu werken, Streit zu schlichten und selbst Opfer zu geben, um ihren Untertanen Leiden zu ersparen. Hier, stellt sie fest, besteht ihre Gesellschaft nur aus dem Adel, den Privilegierten und den Reichen. In ihren Augen sind sie schlichte Eitelkeit, diese Weingelage und exotischen Gastmahle, die Zurschaustellungen von kostbaren Gewändern und Schmuck bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Kein Wunder, dass sie sich nicht gut zu präsentieren versteht. Sie ist auf ihre Art schön. Aber sie ist zu groß, zu kräftig und

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