Flammen der Begierde - Cole, K: Flammen der Begierde - Pleasure of a Dark Prince
Cruachs Zeichen als Tätowierung: ein Symbol in der Form seiner verdrehten, knorrigen Hörner.
»Der Kult ist gewachsen«, sagte Nïx, »und sie bringen unaufhörlich in seinem Namen Opfer dar, um ihn zu stärken, damit er sich wieder erheben kann.«
Kalte Angst durchfuhr Lucia. Götter bezogen ihre Stärke aus der Menge an Verehrung, die ihnen Tag für Tag zuteil wurde. Lucia war in der Lage, mit den Todeskultlern fertigzuwerden, die hinter ihr her waren, aber ihre grausigen Rituale vermochte sie nicht zu stoppen. »Was noch, Nïx?«
»Ehrlich, ich weiß nur, dass sich ein Dieumort am Rio Labyrinto befindet.«
»Und wie finde ich diesen Fluss?«
»Alles, was du brauchst, ist auf diesem Boot.«
»Nïx, du musst mir mehr sagen!«, rief Lucia. »Warum gehst du mit deinen Informationen denn immer so sparsam um?«
»Ich bin ein Orakel, so sind wir nun mal«, erwiderte sie. »Also, muss ich denn wirklich wieder diese dummen Störgeräusche machen?« Klick .
Wieder lief Lucia in der kleinen Kabine auf und ab, fassungslos angesichts dessen, was sie soeben erfahren hatte – und nicht erfahren hatte. Waren ihre Anstrengungen am Ende völlig sinnlos? War Nïx überhaupt halbwegs bei klarem Verstand? Im Lauf der letzten paar Monate war die Hellseherin mental recht stabil gewesen, aber es kam immer noch regelmäßig zu krassen Rückschlägen. Wie in dem Monat, als sie ausschließlich auf Altbabylonisch kommunizierte, oder den Wochen, als sie nur dann antwortete, wenn man sie P!nk nannte.
Während Lucia noch auf das Satellitentelefon starrte, kam eine weitere Nachricht von Regin an: RegRad: Ich mach nur Spaß. Du bist kein Loser. Ich sollte bei dir sein. Vermisse dich.
Lucias Brauen schoben sich zusammen. Ich dich auch.
Sie lief weiter … hin und her, hin und her. Eine Schweißperle rann über ihre Stirn. Sie wischte sie fort, doch gleich darauf lief ihr eine neue die Schläfe hinab. Sie fühlte sich schmutzig, und ihre Beine waren immer noch klebrig vom Flusswasser.
Kurz entschlossen zog sie ihre Kulturtasche aus dem Rucksack und eilte ins Bad, wo sie sich hastig entkleidete und in die winzige Duschkabine stieg. Der Wasserdruck war beinahe gleich null, die Temperatur kaum lauwarm, aber es reichte, um ihren Körper abzuspülen und sich die Haare zu waschen.
Nachdem sie sich wieder angezogen hatte, setzte sie sich auf den Rand des Bettes, um gleich darauf wieder aufzuspringen und weiter auf und ab zu laufen, ohne die Uhr auf ihrem Telefon aus den Augen zu lassen. MacRieve sollte inzwischen eigentlich längst wieder zurück sein. Was machte er bloß?
Sie durchquerte den Raum und betrat den kleinen Balkon. Dort starrte sie auf den Fluss hinaus, über den die Contessa mit gleichmäßiger Geschwindigkeit vorwärtstuckerte, so wie sie es allem Anschein nach die ganze Nacht hindurch tun würde.
Das Wasser war trübe wie der Mississippi, die Luft feuchtschwül wie der Sommer in New Orleans. Obwohl sie eben erst eine kühle Dusche genommen hatte, fühlte sich ihre Haut bereits wieder erhitzt an. Sie hob ihr Haar hoch und rieb sich den Nacken.
Was trieb MacRieve nur so lange? Seitdem Lucia sich der Nähe des Schotten ununterbrochen hyperbewusst war, spürte sie auch sehr deutlich seine Abwesenheit.
Er hatte ihr gesagt, er habe Fragen an sie. Sie hatte auch welche an ihn. Wie hat es sich angefühlt, deine Krone zu verlieren? Sie wusste, dass er seinen älteren Bruder liebte und über seine Rückkehr überglücklich war, aber vom König aller Lykae wieder zum Dunklen Prinz zu werden – das musste doch Spuren hinterlassen haben.
Wie hast du es nur geschafft, bei Vollmond nicht über mich herzufallen? Sie fürchtete, dass er in diesen Nächten andere Frauen zu sich kommen ließ, um die überwältigende Lust abzureagieren, die er dann verspüren musste. Was würde ihn also jetzt davon abhalten, über sie herzufallen? In zehn Tagen war Vollmond.
Aber vor allem wollte sie fragen: Hast du während des vergangenen Jahres jemals in Erwägung gezogen, mich aufzugeben?
Lucia starrte hinab, nahezu hypnotisiert von der wirbelnden Strömung. Wasser … Erinnerungen tauchen auf. Dieses ganze Gerede von Nïx über Cruach zwang Lucia dazu, sich zu erinnern. Wie naiv sie gewesen war, und wie strahlend ihre Zukunft.
Mit sechzehn hatte sie keine Ahnung gehabt, wie gut es ihr auf der Ebene der Unsterblichen in Walhalla ging. Sie hatte einen Großteil ihrer Zeit beim Ausgangsportal der Ebene verbracht und sich danach gesehnt fortzugehen.
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