Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flammen im Sand

Flammen im Sand

Titel: Flammen im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
Vom Netzwerk:
spaßen war. Oder war es
möglich, dass Stefan Lürsen die Wahrheit sagte? Sie starrte so lange aus dem
rechten Seitenfenster, bis sie ihre Gesichtszüge wieder unter Kontrolle hatte.
Zwanzigtausend Euro? Bedeutete das etwa, dass sie in Lucias Nähkästchen ein Vermögen
versteckt hatte?
    Erik starrte in das Gesicht Yvonne Perrettes, als es von
den Biikezweigen befreit worden war. Ihr Körper war zuerst freigelegt worden,
die Füße in den zierlichen Stiefeletten, die Beine in der schmalen, eleganten
Hose, die helle Winterjacke, die geöffnet war und einen kunterbunten Pulli
zeigte, dessen fröhliche Farben sich geradezu obszön vom wachsbleichen Gesicht
abhoben, von dem Erik vorsichtig einen Zweig nahm, der sich in den Haaren
verfangen hatte. Es war ein schrecklicher Moment, als er sich nicht lösen
wollte und Erik schon glaubte, er müsse ihn aus den Haaren der Toten winden.
Aber zum Glück ließ er sich dann doch zur Seite legen und gab das Gesicht frei.
    Es schien so, als sei sie unverletzt. Ihre Augen waren geschlossen,
Todesblässe überzog das Gesicht, das aber dennoch nicht leblos wirkte. Yvonne
Perrette sah aus, als sei sie während einer lebhaften Geste, eines Gesprächs,
vielleicht sogar bei einem Lachen unvermittelt aus dem Leben gestoßen worden.
In diesem Eindruck wurde Erik bestätigt, als Dr. Hillmot die Tote umdrehte und
sich eine klaffende Wunde am Hinterkopf zeigte. Ja, Yvonne Perrette war
augenscheinlich auf einen Angriff nicht vorbereitet gewesen.
    Â»Hinterrücks erschlagen!«, murmelte der Gerichtsmediziner, der kein
Freund des Biikebrennens war, sondern zu Hause gewesen war und deswegen sofort
zum Fundort kommen konnte. Auf Vetterich hatte Erik länger warten müssen, denn
der hatte in Hörnum während des Sylter Nationalliedes sein Handy zunächst nicht
gehört. Auch Sören war vom Biikefeuer weggeholt worden. Mit einigen Freunden
und unzähligen Flaschen Bier hatte er südlich von Westerland in den Dünen
gestanden, wo die Biike abgebrannt wurde, und sich sofort auf sein Rennrad geschwungen,
als Erik ihn angerufen hatte.
    Nun stand er neben seinem Chef, den Ridgeback an der Leine, die die
Staatsanwältin ihm in die Hand gedrückt hatte. Zum Glück hatte Henri sich
mittlerweile an den Anblick der Leiche gewöhnt. Dass er immer noch unruhig war,
lag wohl daran, dass er fror und nicht bereit war, sich auf dem kalten Boden
niederzulassen, obwohl Frau Dr. Speck ihm mehrfach den Befehl
»Sitz!« zugeschrien hatte. Aber leider erfolglos.
    Â»Erschlagen wie Elske Pedersen?«, fragte Sören. »Auch von hinten?«
    Dr. Hillmot grunzte ärgerlich. »Fragen Sie mich bitte
nicht, ob derselbe Täter am Werke war, der vor fünf Jahren schon einmal
zugeschlagen hat.«
    Seine Leichenschau am Tatort war schnell beendet. Dr. Hillmot
erhob sich mit knirschenden Gelenken und war dankbar, dass Erik ihm den Arm
reichte, damit der schwergewichtige Gerichtsmediziner sich in die Höhe wuchten
konnte. »Für alle weiteren Untersuchungen muss ich sie auf dem Tisch haben«,
sagte er und winkte zwei dunkel gekleidete Männer heran, die mit einem Zinksarg
bereitstanden.
    Auch Erik drehte sich zu den beiden um – und sah hinter ihnen ein
bekanntes Gesicht auftauchen. Menno Koopmann, der Chefredakteur des
Inselblattes! Wie immer hatte er am Kampener Biikefeuer gestanden, weil sich
dort gelegentlich ein Promi zeigte, der zum Sylter Nationalfest eine Meinung
hatte, die dann im Inselblatt abgedruckt wurde. Wie von dem Leichenfund etwas
an seine Ohren gedrungen war, konnte Erik sich nicht erklären, aber er wunderte
sich auch nicht weiter. Koopmann hatte nicht nur eine Art sechsten Sinn,
sondern auch viele gute Bekannte, die dafür sorgten, dass er zu den Ersten gehörte,
die etwas erfuhren. Zum Beispiel die Staatsanwältin! Als Erik sah, wie sie
Menno Koopmann begrüßte, als hätte sie ihn erwartet, kam ihm sogar der
Verdacht, dass sie selbst ihn alarmiert hatte.
    Während sich der Sargdeckel über Yvonne Perrette schloss, hörte er,
wie die Staatsanwältin von ihrem Verschwinden sprach und sich nicht scheute,
einen Zusammenhang zu dem Verschwinden von Elske Pedersen und dem Auffinden
ihrer Leiche fünf Jahre später herzustellen.
    Erik gab Sören einen Wink und rief der Staatsanwältin zu, ehe er
ging: »Die Schwester der Toten befindet sich übrigens in der Norddörfer

Weitere Kostenlose Bücher