Flammen im Sand
es ging, begannen schadenfroh zu lachen.
Erik schüttelte das Wasser von seiner Jacke, die zum Glück nicht nur
wind-, sondern auch wasserdicht war, und drängte Mamma Carlotta weiter vom
Feuer weg. Allmählich setzte sich die Einsicht durch, dass etwas Schlimmes
geschehen war, denn noch nie war es vorgekommen, dass das Biikefeuer, das
gerade erst entfacht worden war, wieder gelöscht wurde. »Zurück!«, kommandierte
Erik und war froh, dass seiner Anweisung Folge geleistet wurde.
Als allerdings die Welle des Zurückweichens zu denjenigen schwappte,
die weiter von der Biike entfernt standen, wurde Unmut laut. »Was soll das?
Wieso wird gelöscht?«
Erik zog sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer des
Kommissariats. »Alle verfügbaren Kräfte zur Norddörfer Halle!«, ordnete er an.
»Der Platz muss geräumt werden. Wir brauchen Unterstützung! Sofort!«
Dann sah er sich nach der Staatsanwältin um, konnte sie aber
nirgendwo entdecken. Was hatte sie vor? Wo war sie hingelaufen?
Aber er hatte keine Zeit, sich darum zu kümmern. Aufgeregt wies er
dem Feuerwehrmann, der ihm am nächsten stand, die Stelle, die unbedingt vom
Feuer verschont bleiben musste. »Löschen!«, stöhnte er. »So schnell wie möglich!«
Der Feuerwehrmann schien nun begriffen zu haben, worauf es ankam. Er
war sogar so energisch, diejenigen, die an die Gefahr nicht glauben wollten,
mit einem kurzen Umlenken des Wasserstrahls davon abzuhalten, ihn bei seiner
Aufgabe zu stören.
Erik starrte auf das Glühen und Züngeln, merkte, wie er die Fäuste
ballte, als der Rauch die Stelle verhüllte, auf die es ankam. Gerade erst waren
die Flammen in die Höhe geschossen, hatten die abgeplatzten Tannennadeln in den
Himmel gejagt, da sollte es schon ein Ende haben mit dem Prasseln und Knistern
und der aufschieÃenden Hitze? WeiÃer Qualm entstand dort, wo kurz vorher noch
die Flammen gezüngelt hatten, schwarz färbte er sich, wo das Feuer aufzugeben
schien, glühte dann aber wieder dunkelrot, wo es sich durchzusetzen versuchte.
Unnachgiebig drückte der Wind die Flammen zu der Stelle, wo sich die schmale
weiÃe Hand durch die Biikezweige geschoben hatte.
Als eine Bö einen lodernden Karton in die Höhe trieb, konnte Erik
für ein paar Augenblicke nicht mehr darauf vertrauen, die Leiche so
vorzufinden, wie sie unter die Biikezweige gelegt worden war. Hilflos ballte er
die Fäuste. Was für ein perfider Plan! Ein Mordopfer unter den Biikezweigen zu
verstecken, hieÃ, sie für immer verschwinden zu lassen. Was am nächsten Tag vom
Biikebrennen zurückblieb, wurde achtlos zusammengekehrt und weggebracht. In den
Resten des Feuers auf etwas zu stoÃen, was zu einem menschlichen Körper
gehörte, war mehr als unwahrscheinlich. Wenn der Hund nicht gewesen wäre und
wenn Mamma Carlotta nicht seine Leine aus dem Gezweig befreit und die leblose
Hand gesehen hätte â¦
Der Feuerwehrmann unterbrach seine Gedanken: »Ich glaube, wir
habenâs geschafft! Jetzt müssen Sie nur noch dafür sorgen, Herr Hauptkommissar,
dass die Leute Ihnen nicht alles zertrampeln.«
In diesem Augenblick ertönte die Stimme der Staatsanwältin. Sie
hatte dem Bürgermeister das Mikrofon abgenommen und versuchte nun, Ordnung in
das Volksfest zu bringen, das keins mehr war. Ihre Anweisungen waren kurz und
knapp, so wie immer, und diesmal war Erik dankbar für ihre Sprache, die derart
unmissverständlich war, dass jeder den Aufforderungen unverzüglich Folge
leistete.
»Ich bitte Sie, die Umgebung der Norddörfer Halle unverzüglich zu
verlassen«, gellte ihre Stimme über die Weite des Platzes. »Und zwar in
Richtung Golfplatz oder über den Dolingsön zur Braderuper StraÃe. Das
Biikebrennen ist vorbei!«
Nun gab es anscheinend Beschwerden, weil der Grünkohl in der
Norddörfer Halle wartete, aber die Stimme der Staatsanwältin war unerbittlich.
»Die Halle ist gesperrt. Das Grünkohlessen findet nicht statt!«
Lautes Geschrei drang zu Erik herüber, der Bürgermeister, der das
Mikrofon wieder an sich genommen hatte, versuchte, seine Bürger zu besänftigen.
Ein Kapitalverbrechen sei geschehen, berichtete er, was zwar die lauten Stimmen
zum Schweigen brachte, aber auch den Strom der Abziehenden deutlich
verlangsamte. Von einem Verbrechen wollte natürlich jeder mehr erfahren.
Zum Glück
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