Flammen um Mitternacht
— bei Wasser und Brot. Das heißt, so karg ist ja die
Gefängniskost heutzutage nicht mehr.“
Elke fand
den Vorschlag vernünftig. Sie wälzten das dicke Telefonbuch der Stadt und
entdeckten unter vielen Webers schließlich Josef, den Staatsanwalt. Das war
seine Privatnummer. Da heute Samstag war, würde man ihn vermutlich dort
antreffen.
Locke
wappnete sich mit Gelassenheit, war es doch immerhin möglich, daß Carola abhob
— und richtig.
„Weeeber“,
flötete eine kehlige Frauenstimme.
Daß sie
nachts eine Landpartie gemacht hatte, war der Dame nicht anzumerken.
„Hier
spricht Nina Rehm“, erklärte Locke wahrheitsgemäß, „könnte ich bitte den Herrn
Staatsanwalt sprechen?“
„Mein Mann
ist erst vorhin von einer Dienstreise zurückgekehrt“, gab Carola Auskunft, „und
gleich ins Landgericht gefahren. In seinem Büro können Sie ihn erreichen, falls
es dringend ist.“
„Ziemlich
dringend“, sagte Locke.
„Ich gebe
Ihnen die Nummer.“
Locke prägte
sich die siebenstellige Zahl ein, sprach Dank aus und drückte auf die Gabel.
„Sie sägt
kräftig an dem Ast, auf dem sie sitzt“, lachte Elke, die mit langem Ohr
mitgehört hatte.
Staatsanwalt
Weber meldete sich sofort: eine müde, etwas ältliche Stimme — und
kratzig-heiser, weil er sicherlich stark rauchte.
„Mein Name
ist Nina Rehm, Herr Staatsanwalt. Ich bin mit Elke Kreuder befreundet, und die
Kreuders sind ja Ihre Ferienhaus-Nachbarn hier in Kleinbeeren, von wo ich
anrufe. Elke und ich haben hier übernachtet und folgendes beobachtet...“
Sie
schilderte alles im zeitlichen Ablauf — bis zur Entdeckung des Einbruchs.
„Die Polizei
haben wir noch nicht verständigt“, sagte sie abschließend. „Weil es doch
offenbar Ihre Frau ist, die das gemacht hat. Vielleicht liegt Ihnen daran,
einen Skandal zu vermeiden — dachten wir uns.“
Kein Laut
drang durch den Draht.
Locke
glaubte schon, Josef Weber wäre eingeschlafen.
„Hallo! Sind
Sie noch da?“ fragte sie.
„Ja.“ Er
ächzte. „Fräulein Rehm — ich bin Ihnen und der Elke sehr, sehr dankbar. Vor
allem für Ihre Umsicht. Es war richtig so. Bitte, bewahren Sie auch jetzt Stillschweigen,
daß nichts an die Öffentlichkeit dringt. Ich weiß nämlich, was ich von der
Sache zu halten habe. Jedenfalls ahne ich Schlimmes. Auf jeden Fall setze ich
mich noch mit Ihnen in Verbindung. Wo kann ich Sie erreichen, wenn Sie nicht
bei Elke sind?“
Locke sagte
ihm zunächst, daß er sie getrost duzen könne, sie sei noch nicht einmal 15. Sie
gab ihm die Rehmsche Rufnummer und auch Gunters Anschluß beim TAGBLATT.
„Ah, Gunter
Rehm ist Ihr... eh... dein Vater“, staunte der Staatsanwalt. „Wir kennen uns. Na,
dann ist alles klar. Du hörst von mir, Nina.“
Als Locke
auflegte, machte Elke große Augen.
„Da spinnt
sich was an, nicht wahr?“
„Hast du
gehört, wie der redete“, nickte Locke. „Der war völlig fertig — wie jemand, den
unvorbereitet ein Schicksalsschlag trifft. Wie alt ist der eigentlich?“
„Weiß nicht.
Jedenfalls viel älter als Carola. Er sieht wie ihr Vater aus, nicht wie ihr
Ehemann.“
„Hm. Das laß
seine Sorge sein. Ich finde es peinlich, wenn so ein Geck mit grauen Schläfen
eine viel zu junge Frau heiratet. Was beweist denn das — außer, daß er spinnt.
Naja, ich sagte es schon: seine Sorge! Nanu, wer kommt denn da?“
Sie sah an
Elke vorbei durchs Terrassenfenster. Hinten auf der Straße rollte ein brauner
Mercedes vorbei. Ein Mann saß drin. Der Wagen verschwand aus dem Blickfeld.
Sie
lauschten. Der Mercedes hielt vor dem Weberschen Haus.
Die beiden
sahen sich an. Lockes Glutaugen blitzten. Ihr hübsches Gesicht spiegelte
Spannung.
Elke, der
die Sanftmut angeboren war, wirkte eher verzagt. „Den habe ich hier noch nie
gesehen. Was will der denn?“
„Vielleicht
bei Webers das Haus leer räumen. Aber nicht solange wir da sind. Komm!“
Locke lief
voran. Elke folgte zögernd.
Der Wagen
stand vor der Weberschen Hütte, und der Mann saß noch hinterm Lenkrad, war
nämlich damit beschäftigt, sich eine Zigarre anzuzünden, und das erforderte
Zeit.
Als die
Mädchen sich näherten, stieg er aus, bemerkte sie freilich erst, als er den
Schlag zuwarf.
Sofort
breitete sich ein Grinsen über sein Gesicht.
„Hallo, ihr
Hübschen! Guten Morgen — zusammen.“
Locke
nickte. „Guten Morgen. Wollen Sie zu den Webers?“
„Ja. Das
heißt, nicht direkt. Will mir nur die Bretterbude genau ansehen. Die wird
nämlich Anfang nächsten
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