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Flammen um Mitternacht

Flammen um Mitternacht

Titel: Flammen um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Jahres abgerissen. Stattdessen kommt was Gescheites
aufs Fundament: ein Landhaus aus Naturstein und Beton — eben was für die
Ewigkeit. So will’s mein Freund, der Herr Staatsanwalt. Und für ihn mache ich’s
zum Freundschaftspreis. Bin nämlich Bauunternehmer, hahah!“
    Offenbar war
ein Bauunternehmer zuerst mal was Lustiges.
    Jedenfalls
röhrte sein Lachen an der Zigarre vorbei, daß das Deckblatt Risse zeigte.
    Locke
betrachtete ihn wie einen seltenen Schmetterling. Der Mann mochte 35 sein, war
groß und stabil — mit dem vom Wohlleben typischen Fettansatz. Er hatte einen
schweren Schädel, und sein Gesicht drückte aus: Mir gehört die Welt! Hoppla, wo
steht das Klavier? Aus dem Weg — jetzt komme ich! Außerdem hatte er Augen wie
Eiswasser und ziemlich volle Lippen.
    Sein
Nadelstreifenanzug war von bester Qualität, aber schmuddelig.

    „Ich bin
Nina Rehm“, sagte Locke. „Das ist meine Freundin Elke Kreuder. Wir wohnen
nebenan.“
    Dieses
Vorstellen sollte keine Kontaktbrücke schlagen, aber den Baumenschen nötigen,
die Visitenkarte abzugeben. Und das tat er auch prompt: grinsend wie gehabt und
mit leichter Verbeugung.
    „Freut mich,
meine Damen. Ich bin Otto Heidenreich, Chef der Heidenreich-Bau-GmbH. Unter
meinen Händen wachsen ganze Städte aus der Mutter Erde. Aber das ist keine
Zauberei, sondern Baukunst und gewußt, wie.“
    Diesmal hat
er das Hahah vergessen, dachte Locke. Sie sagte,
indem sie zum Blockhaus deutete: „Dort hat jemand eingebrochen. Gerade eben
haben wir’s bemerkt, als wir Spazierengehen wollten.“
    „Eingebrochen?“
Er wandte sich dem Haus zu. „Das muß ein Dummkopf sein. In Ferienhäusern ist
nichts zu holen. Und Josef und Carola wären die letzten, die hier was liegen
lassen. Gleichwohl — den neuen Bungalow bestücke ich mit ‘ner Alarmanlage. Die
hält das Gesindel fern.“
    Der Einbruch
schien ihn nicht zu erschüttern. Er stiefelte zum Haus, gefolgt von den beiden,
und sah sich den Schaden an.
    Mehr als die
Verwüstung interessierten ihn die Wände. Er klopfte dagegen, schätzte Maße,
taxierte Rauminhalte, umrundete die Hütte, kniff die Augen zusammen und schien
in Gedanken zu sein, wie unter seinen Händen und aus Mutter Erde — vielmehr aus
dem Betonfundament — etwas Neues entstand. Und ganz ohne Zauberei.
    „Hm, Hm“,
brummelte er mehrmals. Aber kein Gedanke daran, die Polizei zu verständigen.
    Locke
beobachtete ihn und tauschte unauffällige Blicke mit Elke. Beide fanden ihn
ekelhaft. Ein großspuriger Wichtigtuer war das. Und um keinen Zweifel an seinem
Charakter zu lassen, tat er ein Übriges.
    Er blickte
zur Straße und meinte: „Verdammt! Wo bleibt dieser Türkenarsch?“
    „Erwarten
Sie jemanden?“ fragte Locke.
    „Nur meinen
Handlanger. Soll die Pläne bringen, ist aber wieder mal spät dran. Kein Verlaß
auf diese Kanaken!“ (Schimpfwort; ursprüngliche Bedeutung: Eingeborener der
Südseeinseln)
    „Türkenarsch!
Kanake!“ wiederholte Locke — und ließ die Gemeinheiten auf der Zunge zergehen.
„Sie sprechen vermutlich von einem Gastarbeiter?“
    „Was denn
sonst, meine Hübsche.“
    „Ich bin
nicht Ihre Hübsche. Aber Sie sind ein Flegel. Ich möchte Sie mal erleben, wenn
Sie in der Türkei oder anderswo wären — und froh wären, Arbeit zu finden,
weil’s hier in der Heimat nichts für Sie gibt. Und wenn Sie sich nach Kräften
bemühen würden — wie es die Gastarbeiter tun —, aber nur auf Mißachtung und
Feindseligkeit stießen. Und wenn Sie dann Teutonenarsch tituliert werden, weil
Ihr Türkisch mangelhaft ist und Sie von allem nur die Hälfte verstehen. Dann
möchte ich Sie mal erleben!“
    Ihre
Glutaugen funkelten ihn an. Empörung trieb viel Rot in die Wangen.
    Heidenreich
war nur sekundenlang verdutzt. Dann holte er wieder sein Grinsen hervor.
    „Nanu, meine
Hübsche. Hast wohl einen Türken als Freund. Wäre ein Jammer und ein Grund mehr,
daß man sagt: Türken raus! Aber das sage ich ja gar nicht. Denn für
Dreckarbeit, weißt du, werden sie immer noch gebraucht.“
    Locke versuchte,
ihn mit Verachtung zu strafen. Doch das mißglückte. Heiliger Zorn ließ sie
beben. Sie hätte gestottert bei der nächsten Erwiderung. Also drehte sie sich
um, hielt sich gerade wie ein Mahnmal der Freiheit und schritt von dannen — nur
weg aus dem Dunstkreis dieses unmenschlichen Kerls.
    Elke blieb
an ihrer Seite. Sie hörten sein Lachen. Offenbar amüsierte er sich köstlich.
    Außer Sicht-
und Hörweite blieb Locke

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