Flammenbucht
eingestickten Silberfäden. An seinem Hals hing die Fürstenkette von Thax.
Bars Balicor stellte sich neben den Knaben, legte seine Hand auf die Schulter des Jungen. »Hier bringe ich ihn Euch, Ihr Fürsten des Reiches - den künftigen Kaiser Sithars. Die Kirche hat gut auf ihn achtgegeben; er schwebte zu keiner Zeit in Gefahr, selbst als die Horden des falschen Hohenpriesters Nhordukael in die heilige Stadt Thax einfielen und den Tempel in Asche legten!« Uliman sprach kein Wort. Noch immer blickte er die Fürsten an; jeden einzelnen von ihnen betrachtete er gründlich, vor allem Binhipar Nihirdi und Scorutar Suant. Dann wandte er sich Baniter zu. »Du also bist Baniter Geneder!« sagte er mit heller Kinderstimme.
Der Fürst von Ganata verbeugte sich tief. »Hoheit…«
»Du befandest dich in Arphat, als mein Vater starb, nicht wahr?« Uliman schob die Hand des Hohenpriesters von seiner Schulter. »Antworte mir!«
»Ich war auf der Rückreise«, sagte Baniter, »um Eurem Vater zu verkünden, daß einem Bündnis mit Arphat nichts im Wege stünde, wenn er Königin Inthara zur Frau nähme.« Er hielt kurz inne. »Kaiserliche Hoheit, man hat Euch hoffentlich bereits darüber unterrichtet, daß nun Ihr anstelle Eures verstorbenen Vaters…« »Der Knabe weiß Bescheid«, unterbrach ihn Bars Balicor schroff. »Als sein Vormund muß ich allerdings betonen, wie sehr ich diese Verbindung mißbillige. Uliman ist zu jung für eine Ehe. Diese Arphaterin wird seiner kindlichen Moral schaden.«
Jundala mußte schmunzeln. Daß sich der Hohepriester für die moralische Entwicklung des Kaisers verantwortlich fühlte, war ein grotesker Einfall, der dem Schauspiel Farbe verlieh. Bars Balicor versprach ein unterhaltsames Mitglied des Thronrats zu werden, wenn erst das Stimmrecht der Kirche wiederhergestellt war. Uliman hatte den Einwurf des Priesters ignoriert. Sein Blick blieb auf Baniter gerichtet. »Du warst also nicht in Thax, als mein Vater zu Tode kam.« Seine Augen schweiften zurück zu den Fenstern des Bundeshauses. »Einige Fürsten fehlen, wie ich sehe. Warum sind sie bei meiner Krönung nicht anwesend?«
»Perjan Lomis und Stanthimor Imer kehrten in ihre Fürstentümer zurück«, erläuterte Scorutar Suant hilfsbereit. »Doch sie haben rechtmäßige Vertreter entsandt, Hoheit.«
»Schickt trotzdem nach ihnen«, sagte Uliman mit Nachdruck. »Wenn ich in Vara regiere, will ich alle Fürsten um mich wissen.« Er reckte den Kopf, um größer zu erscheinen. »Und nun gebt mir die Krone. Ich habe lange genug auf sie gewartet.«
Strahlender Himmel über Persys. Die Luft kühl und klar; die Sonne frühlingshaft wie nie zuvor in diesem Jahr. Sie tauchte den Bundesplatz in goldenes Licht; das Dach des Bundeshauses glänzte darin, und ebenso die tausend und abertausend Helme der Krieger, die sich versammelt hatten, um dem Kaiser die Treue zu schwören. War diese strahlende Sonne ein Zeichen, daß Uliman Thayrin dem Reich Glück bescheren werde; daß unter seiner Herrschaft die Schatten vertrieben werden konnten, die sich über Sithar zusammengezogen hatten? Oh, welch ein Jubel hatte die Menge erfaßt; aus allen Kehlen erschallte der Name des jungen Herrschers, und alle Blicke ruhten auf dem Paar, das auf der Treppe vor dem Bundeshaus die Huldigung des Heeres entgegennahm. Uliman Thayrin, der Kaiser, trug auf seinem Haupt die im Sonnenlicht funkelnde Krone Sithars, die Fürst Scorutar ihm im Namen des Silbernen Kreises aufgesetzt hatte. Ihr Gewicht schien dem Knaben nichts auszumachen; offen blickte er auf die jubelnden Massen, seinen Augen war weder kindliches Erstaunen noch Angst vor der ihm auferlegten Bürde anzumerken. Seine helle Haut und die blonden Locken standen im seltsamen Kontrast zu dem olivfarbenen Gesicht und dem nachtschwarzen Haar seiner künftigen Gemahlin: Inthara von Arphat, die Königin des Sonnenreiches, gewandet in ein Kleid mit langer Schleppe. Galten die Sonnenstrahlen etwa ihr? Spendete der Sonnengott Agihor der letzten Trägerin seines Blutes den göttlichen Segen? Ihre Schönheit war atemberaubend; die Krieger des kaiserlichen Heeres blickten voller Bewunderung zu ihr auf. Aller Haß auf Arphat schien vergessen, alle Empörung über das Bündnis mit dem verfeindeten Königreich war verstummt. Sie aber lachte und winkte, bezauberte die Menge mit ihrem Lächeln und ihrer Anmut. Welch ungleiches Paar: der Kaiser so ernst, so still, und für alle sichtbar ein Kind mit unfertigen Gesichtszügen; sie
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