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Flammenbucht

Flammenbucht

Titel: Flammenbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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rechtmäßige Erbe Akendors und würde diesem auf dem Thron nachfolgen.
    Das Publikum des Schauspiels: die Akteure selbst, wenn man von den anwesenden Klippenrittern absah. Die Fürsten waren die Zuschauer der eigenen Darbietung; so war es schon immer gewesen. Vor dem Bundeshaus allerdings drängte das Volk darauf, die Inszenierung mit eigenen Augen zu sehen. Stimmengewirr, erregte Rufe, laute Gesänge; das sitharische Heer, bestehend aus fast zwölf tausend Mann, hatte sich auf dem Platz vor dem Bundeshaus versammelt. Ungeduldig erwarteten sie die Krönung des jungen Kaisers. Sein Anblick, so hofften sie, würde die Furcht verjagen, die der Feldzug gegen die Goldei ihnen bereitete; statt sich vor dem unbekannten Feind zu ängstigen, sollten ihre Herzen jubeln. In diesen Tagen, da Königreiche zu Staub zerfielen und Städte in Flammen aufgingen, mußte Hoffnung gesät werden; ein neuer Kaiser, eine neue Hauptfigur, die ihr Vertrauen in den Fortgang des Schauspiels wiederherstellte.
    Der Handlungsverlauf: zunächst von großer Tragik gezeichnet. Gezeigt wurde das Schicksal eines Kriegshelden, der aus bitterer Schlacht heimgekehrt war - Fürst Vildor Thim, der Verlierer des Kampfs um Thax. Er ruhte auf einer mit Seide überzogenen Bahre, ihm zur Seite ein Heiler, der den Fürsten seit seiner Ankunft in Persys versorgte. Vildor Thim bot einen schrecklichen Anblick; er hatte großflächige Verbrennungen erlitten. Statt eines Verbandes hatte der Heiler eine dunkle Salbe aufgetragen, die das schwärende Fleisch kühlen sollte. Es folgte ein Monolog des Verletzten. Mit matter Stimme berichtete Vildor von der verlorenen Schlacht; wie das Heer der Kaiserlichen zum Berg Arnos vorgerückt war; wie überzeugt die Krieger gewesen waren, dort auf einen unterlegenen Gegner zu treffen, dem es an Kampferfahrung und Bewaffnung mangelte. Vildor hatte zunächst einen Vorstoß der berittenen Truppe befohlen; doch diese war mit der Meldung zurückgekehrt, daß Nhordukaels Streitmacht ihnen bereits entgegenzog. Bald war der Brennende Berg in der Ferne zu erkennen gewesen, gehüllt in Rauch; das Zeichen des nahenden Unglücks. Dort preschten sie schon heran, die Tempelritter aus Thax, die zu Nhordukael übergelaufen waren; ihre Schwerter glühten wie Feuer. Rasend pflügten sie eine Schneise in die Reihen der Lanzenträger; nichts konnte sie aufhalten, denn die Lanzen der Kaiserlichen begannen urplötzlich zu brennen, die Eisenspitzen schmolzen dahin, rannen in heißen Tropfen auf die Krieger herab. Dann stürmten die Weißstirne das Schlachtfeld; von ihren Säbeln und Dolchen spritzten dunkelrote Flammen, die sich durch jede Rüstung brannten. Heillose Panik ergriff die Kaiserlichen; vergeblich befahl Vildor einen geordneten Rückzug; doch alles rannte und floh vor dem Feuer, welches Nhordukael in ihre Reihen getragen hatte. »Dann erfaßte die Glut auch mich«, stieß Vildor mit schmerzverzerrter Stimme hervor, »ich spürte, wie meine Rüstung zu glühen begann, wie der Helm auf meinem Kopf schmolz und das Schwert in meiner Hand…meine Haut schälte sich vom Fleisch, und ich ging zu Boden, während um mich die Flammen emporschlugen.« Mit letzten Kräften richtete er sich auf. »Ein palgurischer Ritter schleifte mich aus dem Feuer und rettete mir so das Leben; doch achthundert Männer blieben auf dem Schlachtfeld zurück und wurden Opfer der Glut.« Schwer atmend sank der Fürst auf sein Lager zurück. »Welche Mächte dort auch am Werk waren -wir standen ihnen hilflos gegenüber! Nhordukaels tückische Magie hat uns besiegt. Verflucht soll er sein, und verflucht sei ich, der so viele Männer in den Tod führte!« Tränen schössen ihm in die Augen; so wand er sich auf den blutgetränkten Laken, weinte vor Schmerz und vor Scham. In den Gesichtern der Fürsten war Entsetzen zu lesen, gelegentlich auch Mitleid. Dennoch: das Schauspiel mußte weitergehen; jeder mußte der Rolle, die ihm das Schicksal zugedacht hatte, gerecht werden. »Eine bittere Niederlage«, klagte Fürst Scorutar. »Fast tausend Mann fielen bei Arnos und in Thax sechshundert weitere, als Nhordukael in die Stadt einmarschierte.« Die dunklen Locken umwehten sein Gesicht wie ein Trauerflor. »Euch trifft keine Schuld, Fürst Vildor. Niemand konnte wissen, wie groß die Kräfte dieses Priesters geworden sind.«
    Seine Rede war eine Farce. Verstohlene Blicke wanderten zum Fürsten Baniter hinüber, der an der Seite seiner Frau Jundala stand. Baniter hatte den Silbernen

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