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Flammenbucht

Flammenbucht

Titel: Flammenbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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hatte sich an einem Bauvorhaben entzündet, das Norgon Geneder dem Thronrat unterbreitet hatte. Der Fürst hatte um Unterstützung für einen großangelegten Umbau der Stadt Vara gebeten. Ganze Stadtviertel sollten abgerissen und in zeitgerechter Bauweise wiedererrichtet werden; die alten Kanäle sollten einem Netz unterirdischer Wassertunnel weichen, und ein weiterer Zufluß sollte die Stadt mit dem Dumer verbinden, der östlich von Vara durch das Fürstentum strömte. Norgon wollte die Stadt rundum erneuern und somit den Handel anregen. Er hatte bereits Varas Oberschicht für seinen Plan gewonnen; dann hatte er versucht, den Thronrat zu überzeugen. Doch der Kaiser hatte sich vom ersten Tag an gegen den Plan ausgesprochen. Je mehr sich Norgon für den Umbau eingesetzt hatte, desto größer war Torsunts Ablehnung geworden. Im Thronrat hatte er Norgon als Träumer verspottet, als größenwahnsinnigen Phantasten. Schließlich hatte Torsunt das Vorhaben verbieten lassen; es sei überflüssig und zudem unbezahlbar. Als im selben Jahr ein Krieg zwischen Sithar und dem Nachbarreich Kathyga ausgebro- chen war, hatte Torsunt die Bürgerschaft von Vara mit einer besonders hohen Kriegssteuer belastet, um ihr für alle Zeit die Laune an dem kostspieligen Umbau zu verderben.
    Nachdenklich blickte Baniter von dem Schriftstück auf.
Ob dieser Streit der Auslöser für Norgons Entschluß war, Torsunt zu stürzen? Die Bloßstellung vor dem Thronrat muß für ihn eine große Demütigung gewesen sein. Doch allein aus verletztem Stolz hätte er nicht sein Leben aufs Spiel gesetzt
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und das Leben seiner Familie.
»Er war ein Mann von ungeheurem Mut!«
    Baniter schreckte auf. Hinter einem der Regale, die sich durch das Turmzimmer des Archivs zogen, war ein älterer Mann hervorgetreten; er mußte sich dort schon eine Weile verborgen gehalten haben. Er war erschreckend mager; ein Rüschenhemd schlotterte um seinen Leib wie eine wehende Fahne. Sein Gesicht war ausgezehrt, die Wangen hohl und von weißen Stoppeln übersät, der Blick hungrig und unstet. Das schüttere Haar hatte er unter einem speckigen Lederhut verborgen. Seine Körperhaltung war gebückt, und Baniter bemerkte das leichte Zittern seines Kopfes.
    »Mut. Den besaß er. Der zeichnete ihn aus. Wagemut. Und gestalterischen Mut. Mut, das Ungewöhnliche als Weg der Zukunft zu begreifen.« Langsam hinkte der Mann auf Baniter zu; er zog das linke Bein nach. »Ein außergewöhnlicher Mensch. Den schreckte nichts. Der ließ sich nicht beirren. Hatte er sich für eine Sache entschieden, focht er sie durch. Bis zum bitteren Ende. Gab er ein Versprechen, hielt er es ein. Ohne zu zögern. So war er. So war Norgon Geneder. Euer Großvater.« Er sprach abgehackt, mit langen Unterbrechungen zwischen den Sätzen; die Worte betonte er mit merkwürdiger Inbrunst.
    Baniter schob den Folianten von sich und musterte den Ankömmling. »Mir war nicht bewußt, daß ich nicht der einzige Besucher des Archivs bin. Mit wem habe ich die Ehre, wenn ich fragen darf?«
    Der Fremde setzte ein Lächeln auf, das von unheilbarem Wahn zeugte. »Die Ehre habe ich! Schon lange sehnte ich mich danach, Euch zu treffen. Euch! Den Fürsten von Ganata! Den Enkel Norgon Geneders!« Er streifte seinen Hut ab, hielt ihn zwischen den Händen wie eine eingefangene Taube. »Mein Name ist Sardresh. Sardresh von Narva. Sicher habt Ihr schon von mir gehört!« Der letzte Satz klang flehend, fast wie eine Bitte Baniter starrte ihn überrascht an. »Ihr wollt mich auf den Arm nehmen! Sardresh der Schwärmer? Jener berühmte Baumeister, der den Umbau des Kaiserpalastes vornahm, der in Persys die Vergrößerung des Bundesplatzes beaufsichtigte, der…« Er hielt inne. »Aber das ist unmöglich! Ihr könnt unmöglich noch am Leben sein!«
    »Aber das bin ich. Wie Ihr seht.« Sardresh nahm ungefragt an Baniters Seite Platz. Seine flackernden Augen blieben auf den Fürsten gerichtet. »Ich war Eurer Familie stets aufs engste verbunden. Die Burg Gendor. Der Stammsitz der Geneder. Mein Werk. Von mir entworfen. Von Eurem Großvater in Auftrag gegeben.« Er machte eine ärgerliche Geste, als wollte er eine Fliege verscheuchen. »Ich vergaß. Vor Eurer Zeit. Ihr wart damals noch zu jung.«
    Baniter schüttelte verblüfft den Kopf. »Meine Eltern sprachen oft von Euch, doch sie wähnten Euch längst tot. Ihr seid eine Legende, Sardresh! Es ist Jahrzehnte her, daß man in Sithar von Euch gehört hat.« Die Worte schienen seinem Gegenüber

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