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Flammenbucht

Flammenbucht

Titel: Flammenbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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zu schmeicheln. Liebevoll legte Sardresh seinen Hut auf den Tisch, als wollte er ihn Baniter zum Geschenk machen. »Es ist still um mich geworden. Ich nehme keine Aufträge mehr an. Das Alter. Ihr versteht.«
    Baniter verstand vor allem eins: Falls dieser Mann tatsächlich Sardresh von Narva war, mußte er weit über hundert Jahre alt sein. Er war unter dem Namen ›der Schwärmer‹ bekannt geworden. Seine Blütezeit hatte er während der langen Regierungszeit Kaiser Akrins erlebt; er galt als der bedeutendste Baumeister der sitharischen Geschichte, dessen gestalterischer Mut das Bild des Kaiserreiches geprägt hatte. In nahezu allen Städten Sithars waren seine Bauten zu bewundern. Auch in Vara hatte er seine Spuren hinterlassen: die Burg Gendor auf der Eisernen Insel war ebenso sein Werk wie die Handelsakademie oder das Silberkontor am Gorjinischen Markt; kühne Bauwerke, errichtet von einem unbändigen Geist, der sich stets an neuen Stilen und Konstruktionen versucht hatte. Je größer Sardreshs Ruhm geworden war, desto gewagter waren auch seine Entwürfe geworden. Er hatte Gebäude aus ungewöhnlichen Baustoffen entworfen, die Sithars Städten ein neues Gesicht verleihen sollten: Türme aus gehärtetem Kalk, Paläste aus glänzendem Stahl, Pagoden aus funkelndem Glas. Wegen dieser Vorhaben hatte Sardresh bald jegliche Protektion verspielt, die er unter Kaiser Akrin am Hof genossen hatte. Torsunt Thayrin, der nachfolgende Kaiser, hatte den Baumeister nach seiner Krönung rasch aus seinem Umkreis entfernt. Sardresh - damals bereits ein alter Mann mit zahlreichen Gebrechen - hatte sich daraufhin aus dem gesellschaftlichen Leben zurückgezogen. Schließlich war das Gerücht in Sithar umhergegangen, daß der ›Schwärmer‹ in Einsamkeit verstorben sei, verbittert über die mangelnde Anerkennung, die man ihm und seinem Lebenswerk entgegengebracht hatte.
    Er sieht nicht sonderlich betagt aus,
dachte Baniter, während er den Baumeister betrachtete.
Entweder habe ich es hier mit einem Schwindler
zu
tun, oder etwas hat Sardresh am Leben gehalten, von dem die Kirche des Tathril besser nichts erfahren sollte.
    »Wo seid Ihr in all den Jahren gewesen?« fragte er neugierig.
    Sardresh hatte aus der Tasche seines Gewandes ein silbernes Döschen hervorgeholt. Mit fahrigen Bewegungen öffnete er den Deckel; eine grüne Salbe verbarg sich im Inneren.
    »Ich habe Vara nie verlassen. Diese Stadt ist meine große Liebe. Das war sie schon immer. Ich hätte es nicht übers Herz gebracht fortzugehen.« Sardresh deutete auf die Schriftstücke, die vor Baniter auf dem Tisch lagen. »Nur Euer Großvater liebte Vara ebenso wie ich. Die Stadt seiner Vorväter. Sie erfüllte ihn mit Stolz. Und diesen wollte er bewahren. Um jeden Preis.« Er fuhr mit seinem Zeigefinger in das Döschen und nahm eine Spur der Salbe auf. »Er war ein Freund von mir. Und mehr als das. Mein Gönner. Mein Retter. Mein Gefährte in der Finsternis.« Vorsichtig strich sich der Baumeister die grüne Salbe auf seine ausgetrockneten Lippen, preßte sie dann aufeinander, um den Balsam zu verteilen. »Ihr gleicht ihm sehr, Baniter. Wußtet Ihr das? Eure Augen! So grün wie die seinen. Und so entschlossen. So viele Fragen in Euren Blicken.« Er kicherte, fuhr sich mit der Zunge über den glänzenden Mund.
    »Vor allem stellt sich mir die Frage, ob unsere Wege sich zufällig hier im Archiv kreuzen«, erwiderte Baniter. Sardresh verzerrte den Mund zu einem Lächeln, so daß Baniter die dunkelgrün verfärbten Zahnhälse sehen konnte. »Ihr habt recht. Ich wußte, daß Ihr hier seid. Daß Ihr kommen würdet. Eine gute Bekannte hat es mir verraten.«
    Sinustre!
fuhr es Baniter durch den Kopf.
Ich hätte mir denken können, daß sie diese Zusammenkunft eingefädelt hat!
»Dann kennt Ihr wohl auch die Schriftstücke über meinen Großvater, deren Lektüre mir jene gewisse Bekannte empfohlen hat.«
    Das Flackern in Sardreshs Augen verstärkte sich. »Der Streit um den Umbau der Stadt Vara? Ich weiß alles darüber.« Seine Finger verkrallten sich im Leder des speckigen Hutes. »Ein mutiges Vorhaben! Ein beispielloses Vorhaben! Norgon hatte Großes im Sinn. Eine Zäsur in der Geschichte des Städtebaus. Ein Neuanfang.« »Ich nehme an, daß der Anstoß zu diesem Plan von Euch kam«, erriet Baniter.
    »So war es!« rief Sardresh und ließ den Hut fallen, als hätte Baniter ihn bei einer obszönen Handlung ertappt. »Ich unterbreitete ihm den Entwurf. Der Umbau Varas war meine

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