Flammenbucht
»Du selbst hast dich der Flamme geopfert, Eidrom! Dein Wunsch, um jeden Preis zu herrschen, deine Gier nach Macht und höherer Bestimmung… oh, ich verstehe dich nur zu gut! Die Flamme hat dich zu sich gerufen, und du bist ihrem Ruf gefolgt. Der Turm nahm all das in sich auf, was dich schwächte, deine Zweifel und Ängste; und der Lohn war die Macht der Ewigen Flamme. Doch bist du bereit, denselben Preis zu bezahlen, den sie auch von mir forderte? Die dunklen Träume, Nacht für Nacht… die Stimmen, die Bilder! Die Kälte in unseren Herzen!« Seine Stimme wandelte sich zu einem Flüstern. »So schrecklich kalt ist mir… die Flamme zehrt mich aus, raubt all meine Wärme. Welch hoher Preis für die Unsterblichkeit!« Eidrom von Crusco stieß einen Schrei aus, ließ die Hand sinken. Dann fiel er auf die Knie, ohne den Blick vom Himmel abzuwenden. »Du kennst es also auch, Priester… dieses schreckliche Gefühl!« Seine Stimme zitterte; über ihm in den Wolken verblaßten die Umrisse der schwarzen Gestalt. »Ich habe hier auf Fareghi etwas verloren, das ich früher als fremd empfand; doch seit es fort ist, spüre ich eine innere Leere, die mich in den Wahnsinn treibt. Ich wollte niemals schwach sein; und doch gab es in mir einen Hang zur Schwäche, den ich nie besiegen konnte. Ich verachtete mich dafür, kämpfte gegen ihn an…und dann verschwand er plötzlich, als ich nach Fareghi kam, als ich den Leuchtturm eroberte. Zurück blieben meine Machttrunkenheit, meine Willensstärke - und jene Kälte, von der du sprichst! Mir ist, als hätte mich der Turm verwandelt; und ich weiß nicht, ob ich noch ein Mensch bin, ein ganzer Mensch…« Tränen erstickten seine Stimme. Der Priester schritt auf Eidrom zu, beugte sich zu ihm herab. »Du hast deine Seele der Flamme geopfert, obwohl du kein Zauberer bist! Sie wird dir kein Glück bescheren, sondern Irrsinn; und eines Tages wird sie dich versengen, da du ihre Kraft nicht zu bändigen weißt.« Verachtung war in seiner Stimme zu erkennen. »Ich kann dir zeigen, was sie dir entrissen hat! Du sollst deine Erbärmlichkeit sehen, deine Unvollkommenheit!«
Er zog mit der linken Hand ein vergilbtes Knochenstück unter seiner Kutte hervor, hielt es fest umklammert. Seine Rechte aber legte er auf die Stirn des Barons, der vor ihm kniete. Eidrom stöhnte auf, als die rotglühenden Finger sein Haupt berührten; sein Blick blieb starr zum Himmel gerichtet. Der Gestank verbrannten Fleisches breitete sich auf dem Turm aus.
»Siehst du es jetzt?« höhnte Rumos. »Siehst du ein, daß es ein solcher Wurm wie du nicht verdient, über den Leuchtturm zu herrschen? Zieh deinen Geist aus ihm zurück, Eidrom! Gib den Turm frei!« Ruckartig zog er die Hand zurück. Eidrom sackte lautlos in sich zusammen. Das weiße Leuchten zwischen seinen Fingern war verglüht; auf der Stirn des Barons aber hatte sich der Abdruck von Rumos' Hand eingebrannt. Die Bilder rings um den Turm verwehten; die Wolken löschten sie aus, die Wellen trugen sie fort. Ein letztes Aufflackern in der Ferne; dann war nichts mehr von den Erscheinungen zu sehen. Aelarian Trurac hatte das Schauspiel aufmerksam verfolgt. Nun trat er an Rumos' Seite, betrachtete den reglosen Körper des Barons. »Was ist mit ihm geschehen? Haben Eure Worte ihn in einen Tiefschlaf sinken lassen?« »Wer die Ewige Flamme in sich weckt, kann niemals mehr ruhen«, sagte Rumos verbittert. »Ich habe ihm gezeigt, was die Flamme aus seiner Schwäche formte; eine Kreatur, geschaffen aus seiner Unzulänglichkeit. Diese Fratze, die er im Himmel sah, wird er nie mehr vergessen. Nun ist seine Herrschsucht erloschen wie eine Kerze im Sturm. Eidrom von Crusco wird nie mehr nach Macht streben, sondern nur noch den Wunsch hegen, jenes Bild zu vergessen, das ich ihm zeigte!« Grimmig blickte er Aelarian Trurac an. »Meine Aufgabe ist erledigt! Der Leuchtturm von Fareghi ist befreit, und der Weg nach Tyran steht mir wieder offen.«
»Ich ziehe meinen Hut vor Euren dunklen Künsten«, spottete Aelarian und riß sich die blaue Haube vom Kopf, wohlweislich verschweigend, daß es sich nicht um einen Hut, sondern um eine Area handelte. »Doch um nach Tyran zu gelangen, braucht Ihr erstens ein neues Schiff und zweitens einen Kapitän mit einem Turmbinder. Wie gut, daß Ihr mich an Eurer Seite wißt! Als Angehöriger der Großgilde werde ich die Mittel für das Schiff rasch auftreiben… und was den Kapitän betrifft, so habe ich bereits jemanden in Aussicht.«
Er wies
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