Flammende Fesseln
hatte. Als Mister Graysoul mir vorhin das Geld übergab, habe ich an seiner Hand einen solchen Ring gesehen.“
„Wir sollten schnell die Polizei rufen“ schaltete sich Eva ein, die verzückt die beiden hochgewachsenen, rothaarigen Geschwister betrachtete, deren Ähnlichkeit so lange unbemerkt geblieben war.
„Er wird nicht weglaufen – ich habe ihn drüben im Wohnwagen ans Bett gekettet“ sagte Helena benommen. „Ich habe also mit dem Mörder meiner Mutter geschlafen – am liebsten würde ich…“ Sie ballte die Fäuste, doch Borgo hielt sie zurück. „Bitte mach dich nicht strafbar, Schwesterchen – jetzt wird alles gut!“ An Eva gewandt ergänzte er: „Vorausgesetzt, ihr beide verzeiht mir noch einmal. Eva, das mit deinem Bart tut mir leid…und dass ich dich so erschreckt habe. Ich war einfach verzweifelt und wusste, nicht was ich tun sollte.“
Eva schien zu überlegen, sah dann das ernsthafte Bedauern in Borgos gutmütigen Gesicht und nahm die Entschuldigung lächeln an. „Unter einer Bedingung“ ergänzte sie, „du wirst mir einen Monat lang jeden Tag Birkenwasser in die Haut massieren, damit der Bart schneller wächst!“ Lachend schloss er sie in die Arme, und zu dritt gingen sie ins Zelt zurück, während ganz in der Nähe unter Sirenengeheul der gefesselte Mister Graysoul in ein Polizeiauto befördert wurde.
Epilog
Einige Tage später war die Schuld Mister Graysouls erwiesen; er wurde verhaftet und verschwand für mehrere Jahre hinter Gittern. Es stellte sich heraus, dass Marjorie ihren Kindern endlich die Wahrheit hatte sagen wollen und Mister Graysoul von dieser Absicht erfahren hatte. Nachdem seine Fäuste Marjorie nicht von ihrem Entschluss hatten abbringen können, hatte er sie erschlagen, um Helena für sich behalten zu können.
Nachdem Helena bewusst geworden war, dass sie tatsächlich mit dem Mörder ihrer Mutter geschlafen hatte, war sie einige Tage für sich geblieben und hatte mit kaum jemandem gesprochen. Nachdem sie festgestellt hatte, dass sie zumindest nicht schwanger geworden war, war es ihr ein wenig besser gegangen, und inzwischen lachte sie wieder. Die Zirkustruppe war in kürzester Zeit wie eine Familie für sie geworden, und die Geschichten über Marjorie, die alle so sehr geliebt hatten, gaben ihr Kraft und neuen Lebensmut. Mister Graysoul, so hatte sie beschlossen, würde sie niemals wiedersehen wollen.
„Und eins, zwei, Drehung“ tönte Madame Malakhovs Stimme durch die Manege, während ihre geliebte Schülerin fröhlich und anmutig um sie herum wirbelte. Gregor stand neben der Tanzlehrerin; er himmelte sie an, seit sie den Zirkus das erste Mal betreten hatte. Seit Mister Graysoul im Gefängnis war, unterrichtete sie die Artisten; wie Helena fühlte sie sich im Zirkus wohl und hatte beschlossen für immer dort zu bleiben.
Sie senkte den Kopf, blickte Gregor an und zwinkerte ihm komplizenhaft zu, und in Erwartung einer Privatstunde in ihrer Garderobe schlug sein Herz höher.
ENDE
Leseprobe aus „Kloster der Versuchung“ – Kapitel 3: „Die Begierde des Mönchs“
Veronika war den anderen Klosterschülerinnen in die Kapelle gefolgt und kniete nun mit gefalteten Händen auf dem rauen Holz in einer der hinteren Bänke, während die Mutter Oberin von einem Pult in Altarnähe aus mit vollem Körpereinsatz eine Passage aus dem Alten Testament vortrug und die Schülerinnen mit lauter Stimme zu Gehorsam und Unterwerfung gemahnte.
Veronikas Knie schmerzten von der ungewohnten Position. Hin und wieder zog sie mit einer Hand ihren Rock tiefer hinunter, um ihren Po zu bedecken. Als ihre Hand zum wiederholten Male nach hinten griff, hörte sie hinter sich ein amüsiertes Lachen. Sie blickte in das Gesicht eines Mannes mittleren Alters mit silbergrauem Bart, der in der hintersten Bankreihe saß und ihr zuzwinkerte. Veronika errötete und wandte schnell den Kopf ab. „Das ist einer der Mönche aus der Diözese“, wisperte eines der Mädchen neben ihr, „ab und zu besuchen sie unsere Andachten. Sei vorsichtig!“. Veronika hätte sie gern gefragt, was sie mit diesen letzten Worten meinte, doch da hörte sie von vorn ein lautes Händeklatschen; eine der Nonnen verkündete das Ende der Andacht. „In den Speisesaal mit euch“ hallte es durch die Kapelle.
Langsam erhob sich Veronika, rieb sich die Knie und richtete sich auf. Gerade wollte sie sich ebenfalls auf den Weg zum Frühstück machen, als die bereits bekannte Männerstimme hinter ihr sagte: „Komm mal her,
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