Flammender Diamant
dem Mann zu, der ihr in wenigen Minuten mehr über Sinnlichkeit beigebracht hatte, als sie bisher in ihrem ganzen Leben erfahren hatte. Und was noch wichtiger war: Sie hatte begriffen, warum sie so ruhelos war, warum sie die Arktis verlassen hatte. Die Entdeckung dieser Sinnlichkeit war genauso überraschend, wie es Coles Zärtlichkeit gewesen war.
»Ich bin an deinem Angebot interessiert«, sagte sie. »Aber ich weiß nicht, wie sehr, und ich werde es nicht wissen, bis es soweit ist. Oder auch nicht. Und das ist nicht fair dir gegenüber.«
»Ach weißt du, wenn das Leben etwas mit Fairneß zu tun hätte, hätte jemand diesen Hans aufgeschlitzt, noch bevor er seinen ersten feuchten Traum hatte.«
Erin starrte ihn an. Obwohl Coles Stimme beiläufig klang, sahen seine Augen aus wie poliertes Silber.
»Aber das Leben ist eben nicht fair«, sprach er weiter. »Nur verdammt unerwartet. Gerade eben im Hotel habe ich von dir etwas Neues über Lust gelernt, und ich hätte geschworen, daß das unmöglich ist. Wir könnten noch vor dem nächsten Atemzug sterben, oder weiterleben und etwas Neues übereinander lernen. Also werde ich nehmen, was kommt, und mir keine großen Sorgen darüber machen, was nicht kommt. Was meinst du dazu?«
»Ich - ich weiß nicht.«
»Denk darüber nach. Und dann bedenke noch folgendes: Ein Mann, der sich nicht beherrschen kann, gehört dem, der es kann. Ich gehöre nur mir. Wir könnten völlig nackt sein, und du auf mir wie ein warmer Regen, aber wenn du es dir anders überlegen würdest, würde ich aufstehen und mich anziehen, und das war's dann.« Coles eiskalter Blick wanderte, während er sprach, weiter von Spiegel zu Spiegel. »Also, gehen wir, während du darüber nachdenkst. Wir waren beide länger eingesperrt, als wir gewohnt sind.«
Erin wartete, bis Cole auf die andere Seite kam und ihr die Autotür aufmachte, allerdings mehr aus Vorsicht als aus Höflichkeit. Als er seine Finger wieder mit den ihren verschränkte, lächelte sie. Er sah das helle Schimmern ihrer Zähne im Mondlicht und erwiderte das Lächeln.
»Du bist wirklich gern draußen, stimmt's?« sagte er.
»Ja, aber ich lache nicht deswegen. Ich fühle mich wieder wie mit sechzehn, Händchen haltend unter dem Mondschein.« Sie sah ihn von der Seite an. »Ich schätze, du warst wohl sechs, als du dein erstes Rendezvous mit einem Mädchen hattest.«
Er lachte leise. »Genieße es. Wenn wir erst in Australien sind, wirst du nicht einmal mehr neben jemand anderem stehen wollen, mit oder ohne Mond.«
»Warum?«
»Wegen der verdammten Hitze. Das Kimberley-Plateau ist im nördlichen Teil des Kontinents, im tropischen Teil.«
»Tropisch? Die Bilder, die ich gesehen habe, wirkten eher wie Wüste.«
»Ja, es ist schon trocken. Die meiste Zeit des Jahres. Dann fängt der Buildup an, und Wolken strömen vom Indischen Ozean herein. Man schwitzt, und der Schweiß bleibt einfach auf der Haut stehen, so daß es einem noch heißer wird. Der Schweiß kann nicht verdunsten, wenn die Luft schon mit Feuchtigkeit gesättigt ist. Der Körper kann sich nicht abkühlen, und die Sonne schneidet in die Haut wie mit Rasiermessern. Die Temperatur steigt über vierzig Grad, und die Feuchtigkeit steigert sich stetig bis kurz bevor es regnet. So bleibt es Tage um Tage, bis die Menschen regelrecht aus der Fassung geraten und durchdrehen.«
Erin machte ein ungläubiges Geräusch.
»Das stimmt wirklich. Die Australier haben sogar ein Wort für diese Art von Wahnsinn. Sie sagen, man wird troppo. Ich war selbst auch schon ein paarmal nah dran. Dabei habe ich gelernt, dem Buildup aus dem Weg zu gehen.«
»Das hört sich ja wirklich unwiderstehlich an.«
»Oh, das ist noch nicht das Schlimmste«, sagte Cole und atmete tief die Salzluft des Meeres ein. »Wenn der Regen schließlich kommt, ist das Land nicht mehr zu befahren. Monatelang kann man sich nur noch mit dem Flugzeug bewegen.«
»Auch nicht mit Geländewagen?«
»Nur, wenn der Wagen auch schwimmen kann.«
»Keine Brücken?«
»Nur bei der einzigen Autobahn«, sagte Cole. »Und während der eigentlichen Regenzeit stehen diese Brücken auch oft unter Wasser. Sie sind flach und mit losem Geländer gebaut, so daß sich kein Treibgut daran festsetzen und einen Damm bil-den kann. Aber trotzdem werden sie oft vom Wasser zerstört.« Er sah Erin an. »Und genau darum will ConMin dich durch die ganze Welt fliegen, um Diamantenminen zu fotografieren. Sie wissen, daß du es vor dem Sommer nicht mehr
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