Flandry 2: Höllenzirkus
Menschen.) Während einige Besucher Anglisch sprachen, stellte sich heraus, dass Flandry der einzige Offizier auf dem ganzen Planeten war, der Eriau beherrschte. Vom Kasino bestand kein Zugriff auf den Linguistikcomputer, und es blieb keine Zeit, eine notdürftige Leitung dorthin zu legen. Flandrys Fähigkeiten als Dolmetscher wurden also dringender gebraucht als seine körperliche Erscheinung.
Nicht dass Letztere ihm in irgendeiner Weise zur Schande gereichte, überlegte er recht zufrieden. Er war groß und schlank, trug seine Galauniform mit großem Elan und erfreute sich bei den Mädchen mittlerweile großer Beliebtheit. Gleichzeitig war er bei den jüngeren Männern nach wie vor wohlgelitten, bei seinen Vorgesetzten nicht immer.
Zur verabredeten Abendstunde trat Flandry ein. Unter Commander Abdullahs Fischaugen salutierte er vor dem Porträt des Kaisers nicht mit seinem üblichen vagen Winken, sondern mit einer solchen Zackigkeit, dass er sich fast die Schulter ausrenkte. Und schön die Hacken zusammenknallen, ermahnte er sich. Da mehrere Offiziere vor ihm in der Reihe standen, konnte er sich in aller Ruhe einen Überblick verschaffen.
Nachdem die Tische bis auf einen, auf dem Erfrischungen standen, und aus Rücksicht auf die Gäste auch die Stühle entfernt worden waren, wirkte der Saal öde und leer. Bilder von früher hier Stationierten, Trophäen und lobende Erwähnungen für frühere Leistungen machten die Wände umso deprimierender. Eine Animation zeigte einen Park auf Terra vor dem aufragenden Wohnturm einer reichen Familie und Luftfahrzeuge, die wie Diamantstaub glitzerten; Flandry jedoch erinnerte der Anblick nur daran, wie weit er von solchen Annehmlichkeiten entfernt war. Er bevorzugte die Finsternis, die durch das echte Fenster zu sehen war. Es stand offen, und ein warmer, mit unirdischen Gerüchen beladener Wind wehte herein.
Die Merseianer boten schon einen willkommeneren Anblick, und sei es nur als Beweis dafür, dass außerhalb von Irumclaw noch ein Universum existiere. Vierzig von ihnen standen in einer Reihe und ertrugen wiederholt Vorstellungen mit einem Gleichmut, der einer Spezies von Kriegern gut anstand.
Sie ähnelten besonders großen Menschen – in gewisser Hinsicht. Einige ihrer Gesichter hätte man auf zerfurchte Weise gutaussehend nennen können; ihre Hände besaßen vier Finger und einen Daumen, und die meisten ihrer Körperteile waren hinreichend anthropoid gegliedert und proportioniert. Sie hatten, wie die Sandalen offenbarten, auswärts gebogene Füße mit Schwimmhäuten und Krallen. Die Haut war haarlos und wirkte ein wenig schuppig; je nach Subspezies rangierte ihre Farbe von Blassgrün, das am häufigsten anzutreffen war, über Goldbraun bis Ebenholzschwarz. Der Kopf wies dort, wo Menschen Ohren hatten, komplizierte knochige Öffnungen aus, und vom Scheitel lief ein Zackenkamm den Rücken hinunter bis ans Schwanzende.
Ihre Uniformen verbargen die Anatomie zum Großteil: sackartige Jacken, enge Hosen, alles in Schwarz mit Besatz und Abzeichen in Silber. Letztere zeigten nicht nur Rang und Waffengattung, sondern auch Familienbande und gesellschaftlichen Stand. Die Merseianer waren aus Höflichkeit insofern waffenlos gekommen, als dass keiner eine Schusswaffe am breiten Koppel trug; die Terraner hatten im Gegenzug darauf verzichtet, sie darum zu bitten, auch die schweren Kampfmesser mit dem Schlagringgriff abzulegen.
Flandry wusste genau, dass die Spannungen zwischen Merseianern und Menschen nicht auf die Unterschiede zurückzuführen waren, sondern eher auf die Gemeinsamkeiten in Bezug auf Ursprungswelt und die dadurch erwünschten Siedlungsplaneten; in der Energie warmblütiger Tiere, den Instinkten von Ahnen, die auf die Jagd gegangen waren, dem Erbe von Stolz und Kriegführung …
»Afal Ymen, darf ich Ihnen Lieutenant Flandry vorstellen?«, sagte Abdullah mit Nachdruck. Der junge Mann verbeugte sich vor der Riesengestalt, deren Rang in etwa einem Commander entsprach, und erhielt ein Nicken des glänzenden, gezackten Schädels zur Antwort. Er ging die Reihe ab, tauschte mit jedem untergebenen Merseianer Namen und Verneigung aus und fragte sich insgeheim genauso wie sie, wann die Farce endlich endete und das Trinkgelage begann.
»Lieutenant Flandry.«
»Mei Tachwyr.«
Sie blieben stehen und starrten einander offenen Mundes an.
Flandry erlangte als Erster die Fassung wieder, vielleicht, weil ihm klar geworden war, dass er die Parade aufhielt. »Ah, das ist, äh, eine
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