Flandry 2: Höllenzirkus
sagte sie: »Ja, ich habe heute Abend viel getrunken. Absichtlich. Verstehst du, ich musste mir angewöhnen, niemals ans Später zu denken, sobald es mir gut ging, denn zu wissen, dass eine schlechte Zeit kommen wird, hätte mir die gute Zeit verdorben. Eine … eine Hemmung. Ydwyr hat mir beigebracht, wie ich meinen Hemmungen befehlen kann, den Weg frei zu machen, aber ich will keinen einzigen Trick mehr benutzen, den dieser Dreckskerl …«
»Er war kein schlimmer Dreckskerl. Ich fand ihn am Ende wirklich liebenswert.«
»… und außerdem möchte ich jeden einzelnen Trick, den ich kenne, auf dich anwenden, und dazu muss ich glücklich sein, wirklich glücklich. Und heute Abend ist meine letzte Chance dazu. Na, ich denke, ich könnte eine Weile in der Nähe bleiben …«
»Dazu würde ich dir nicht raten«, entgegnete Flandry rasch. Er hatte sich schon darauf gefreut, Abwechslung in den Fleischtöpfen des Imperiums zu suchen. »Ich werde viel unterwegs sein.«
Djana schob ihm ihr Glas zu. Er schenkte nach, ein klares Gurgeln in einer Stille, in der er durch das Brummen ihren Atem hören konnte.
»Aha«, sagte sie. »Ich musste es heute Abend wissen. Deshalb hab ich mir einen angetrunken; mir fällt dann das Fragen leichter.« Sie hob ihr Glas. Ihre Augen hielten seinen Blick, während sie trank, und die Sterne zierten ihre Haare mit einem frostigen Diadem. Sie leerte ihr Glas, ohne rot zu werden. »Ich will offen zu dir sein«, sagte sie. »Ich dachte, wir … wir gäben ein gutes Paar ab, Nicky. War es nicht so, nachdem wir die Dinge geregelt hatten? … Ich dachte, es könnte nicht schaden, wenn ich dich frage, ob du nicht weitermachen willst. Nein warte, ich mache mir keine Illusionen, dass ich einmal Agentin werden könnte. Aber ich könnte auf dich warten, wann immer du zurückkommst.«
Na, bringen wir’s hinter uns. Flandry nahm ihre Hand. »Du tust mir mehr Ehre, als ich wert bin, Liebes«, sagte er. »Es ist unmöglich …«
»Das hatte ich schon angenommen.« Hatte etwa Ydwyr sie diese augenblickliche stählerne Ruhe gelehrt? »Du könntest nie vergessen, was gewesen ist.«
»Ich versichere dir, ich bin nicht prüde. Aber …«
»Ich meine auch meine Winkelzüge, meinen Verrat … Ach, lass uns vergessen, dass ich etwas gesagt habe, Nicky, Liebling. Es war nur eine Hoffnung. Ich werde schon klarkommen. Genießen wir unseren Abend zusammen; und vielleicht, du weißt schon, vielleicht sehen wir uns irgendwann wieder.«
Der Gedanke traf ihn wie ein Schlag. Er setzte sich kerzengerade auf und verzog bestürzt das Gesicht. Wieso habe ich daran nicht schon früher gedacht?
Sie sah ihn an. »Stimmt was nicht?«
Flandry betrachtete die Sache aus allen Ecken und Winkeln, lachte schadenfroh über das Ergebnis und drückte ihre Finger. »Ganz im Gegenteil«, sagte er, »ich habe eine Antwort gefunden. Wenn du interessiert bist.«
»Was? Ich … was meinst du denn?«
»Nun«, sagte er, »du hast die Vorstellung, dass du in meinem Beruf arbeiten könntest, als Phantasterei abgetan, aber vielleicht war das ein wenig vorschnell, hm? Du hast bewiesen, dass du zäh und klug bist, ganz zu schweigen von schön und charmant. Darüber hinaus hast du dieses praktisch einzigartige wilde Talent. Es wäre nicht besonders schwer, Ydwyr davon zu überzeugen, dass du letztlich doch auf Zickzackkurs zu ihm zurückkehrst. Das Nachrichtenkorps würde vor Freude einen Luftsprung machen, dich zu bekommen, nachdem ich auf meinen Kanälen Bescheid gegeben hätte. Wir würden uns wahrscheinlich oft sehen und vielleicht sogar hin und wieder zusammenarbeiten … Na, selbst wenn sie dich nicht als Doppelagentin ins Roidhunat einschleusen können …«
Er hielt inne. Das Entsetzen saß ihm gegenüber.
»Was … was hast du denn?«, stammelte er.
Ihre Lippen bewegten sich mehrmals, bevor sie sprechen konnte. Ihre Augen blieben trocken, aber sie waren verblasst, als sei hinter ihnen eine Flamme erloschen. Ihr Gesicht hatte jede Farbe verloren.
»Du also auch«, brachte sie mühsam hervor.
»Was? Ich verstehe nicht …«
Sie hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Jeder«, sagte sie, »so weit ich zurückdenken kann. Es endete zuerst mit Ydwyr und jetzt mir dir.«
»Was um alles im Kosmos …«
»Ihr benutzt mich alle nur.« Sie sprach tonlos, die Stimme nicht im Mindesten erhoben. Sie starrte an ihm vorbei. »Weißt du«, sagte sie, »das Lustige daran ist ja, dass ich benutzt werden wollte. Ich wollte geben,
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