Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flandry 6: Schattenwelt

Flandry 6: Schattenwelt

Titel: Flandry 6: Schattenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
Vom Netzwerk:
erschien es mir, als sollten wir auf diesen Zerstörer wetten. Lassen Sie es mich betonen, das entscheidende Wörtchen ist ›wetten‹.«
    Vymezal entspannte sich und lachte stillvergnügt in sich hinein. »Danke, Sir. Ich selbst bin würfelsüchtig. Ich weiß, wann man besser aufgibt.«
    »Ich bin eher der Pokerspieler.« Flandry bot ihm eine Zigarette an, die Vymezal annahm, und bediente sich ebenfalls. Ihm fuhr durch den Kopf, dass er ausgerechnet dieses Etui noch immer benutzte.
    Nun, warum soll ich etwas wegwerfen, das ich mir hinterher genau so neu beschaffen müsste? Ich bin ausgebildet, romantische Gesten zu vermeiden, wenn sie keinem praktischen demagogischen Zweck dienen.
    Vymezal blickte nach vorn auf die rubinrote Sonne. Richtig, sein Schattenriss vor den Sternwolken im Schützen ähnelte dem Kossaras genauso sehr, wie der des jungen Dominic dem Persis’ geglichen hatte.
    Was soll ich Persis schreiben? Kann ich ihr überhaupt schreiben?
    Vielleicht sollte meine Geste darin bestehen, dass ich dieses Zigarettenetui für den Rest meiner Tage bei mir trage.
    »Was wissen wir denn bisher?« Der Lieutenant flüsterte beinahe.
    »Sehr wenig, und das meiste davon haben wir beim Anmarsch erfahren«, sagte Flandry. »Roter Zwergstern offensichtlich; noch nicht weit in seiner Entwicklung, aber trotzdem Jahrmilliarden älter als Sol oder Zoria und dazu bestimmt, beide zu überleben. Dennoch nicht übermäßig metallarm« – wie Diomedes, wo ich ihr Leben aufs Spiel setzte, obwohl damit nicht mehr zu gewinnen war als das verdammte Imperium. »Die Verteilung der schwereren Elemente variiert in Zeit und Raum beträchtlich. Das System wirkt recht normal, was immer ›normal‹ auch heißen soll: sieben identifizierte Planeten, darunter Chereion vermutlich als einziger belebt. Mehr können wir nicht prognostizieren; das Leben an sich kennt keine Norm. Ich erwarte, dass Chereion … interessant sein wird.« Und keine unpassende letzte Ruhestätte für meine müden Knochen. Flandry sog den Rauch ein und blickte nach draußen. Bei all den Wundern und Rätseln dort draußen suchte er nicht den Tod. In den letzten Wochen waren seine Wunden verschorft. Narbengewebe jedoch lebt nicht. Der Gedanke an den Tod störte ihn nicht.
    Er wünschte jedoch, er hätte Chives zurücklassen können, und Kossaras Cousin ebenfalls.
     
    Ein Vergrößerungsschirm stellte den merseianischen Zerstörer dar, eine Speerspitze vor dem Hintergrund der Sterne.
    »Torpedo kommt auf, Sir«, meldete Chives. »Soll ich uns seiner entledigen?« Seine Finger tanzten über das Feuerleitpult, vor dem er saß. Ein Blitzstrahl von Höllenfarbe zuckte durchs All. Der Ortungscomputer meldete einen Treffer. Die Rakete beschleunigte nicht mehr. Entweder war ihr Antrieb ausgefallen, oder es handelte sich um eine programmierte Kriegslist. Im zweiten Fall reichte, falls die Hooligan ihren Kurs beibehielt, ein kurzer Augenblick Vollschub, um den explodierenden Gefechtskopf nahe genug an sie heranzubringen, dass die Strahlung ihre Elektronik zerstörte, sie hilflos machte und nebenbei ihre Besatzung zum Tode verurteilte.
    »Feuer weiter, bis wir sicher sind«, befahl Flandry. Dazu war eine rasche Kursänderung nötig. Antriebe grollten, Stahl sang unter der Belastung, Sternbilder wirbelten. Er spürte, wie sein Blut prickelte, und wusste, dass er noch immer ein Jäger war.
    Eine Flamme strahlte auf. Eine Erschütterung ging durch Rumpf und Fleisch. Das Deck ruckte. Aus dem Heck tönten gedämpfte Schreie.
    Das Schwerefeld stabilisierte sich wieder. »Die Rakete hatte offenbar einen Ersatzzünder«, sagte Chives. »Er löste sich aber erst in sicherer Entfernung zu uns aus, und unsere Energieschilde wiesen einen beträchtlichen Anteil der Trümmer ab, ohne dass sie Schaden anrichteten. Die Krokoschwänze erweisen sich oft als unfähige Mechaniker, würden Sie nicht zustimmen, Sir?« Sein eigener schlanker Schweif zuckte selbstgefällig.
    »Vielleicht. Wir wollen deshalb die Chereioner keineswegs unterschätzen.« Flandry musterte die Anzeigen vor sich.
    Sein Puls schlug schneller. Sie hatten den gleichen Vektor wie ihre Zielwelt. Einige Minuten Überlichtgeschwindigkeit würden sie dorthin bringen, und dann …
    »Bereithalten«, rief er.

 
XX
     
    Am unheimlichsten war, dass nichts geschah.
    Der Planet drehte sich einsam um seine rote Sonne. Die Lufthülle bildete eine schmale Umrandung seines Schildes, die von blau über purpurn in den Winterhimmel des Weltalls

Weitere Kostenlose Bücher