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Flandry 6: Schattenwelt

Flandry 6: Schattenwelt

Titel: Flandry 6: Schattenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Dama.«
    Sie lachte leise. Dann schlugen sie ihr Lager auf. Sie befanden sich hoch in der Schüssel des Kazan, wo der große Krater einen Kreisbogen aus dem Vysochina biss. Die Aussicht hätte sich niemand vorstellen können, der sie noch nicht gesehen hatte, außer Gott, ehe er ihre Entstehung befahl.
    Obschon baumlos, bedeckte die Stelle eine dichte purpurne Grasnarbe aus Mahovina, das unter den Füßen federte und würzig roch, mit weißen und goldenen Wildblumen durchsetzt; im Wind raschelte Röhricht, das in der Nähe wuchs. Nach Osten fiel der Ringwall zu einem Waldrand ab. Die gelben Sonnenstrahlen des Abends fielen auf den Forst, den bläulicher Nebel zu bedecken schien, so weit das Auge reichte; ihn durchtrennte ein Fluss, der wie eine blankgezogene Klinge funkelte. Im Westen ragte der Kraterrand als scharfer Schatten schräg durch die Vysochina-Hügel auf. Hinter ihnen erhoben die schneebedeckten Spitzen des Planina Bjelogorski die von der Sonne golden gefärbte Weiße in den makellosen azurblauen Himmel. Die Reinheit dieses Himmels wurde auch durch die ferne Rauchfahne im Norden nicht getrübt, die vom Vulkana Zemlya aufstieg.
    Schon bald, nachdem die Sonne im Gebirge versunken war, wurde die Luft kühl, so kühl wie der Bach, der nach Eisen schmeckend aus einem Spalt im Rand des Kraters sprudelte. Kossara kauerte sich in ihrer Jacke zusammen und hielt die Hände ans Feuer. Ihr Atem trieb durch das Zwielicht, das vom Tiefland aufstieg.
    Ehe sie ihr Fleisch am Spieß über Kohlen und tanzenden Flämmchen rösteten, machte Trohdwyr ein Zeichen und sprach einige Worte auf Eriau. Kossara kannte sie gut: »Aferdhi aus den Tiefen, Blyn von den Winden, Haawan, der du in den Riffen lagerst, seid hierdurch ferngehalten und stört uns nicht bei unserer Rast.« Hunderte Kilometer und die Länge eines ganzen Lebens vom Schwarzen Ozean entfernt, blieb er doch ein altmodischer heidnischer Ychan. Schon aisjunges Mädchen, als sie im Glauben eiferte, hatte Kossara erfahren müssen, dass es keinen Sinn hatte zu versuchen, einen Orthochristen aus ihm zu machen.
    Gewiss störte es den Pantocrator nicht besonders, und er würde seine arme geschundene Seele dennoch im Himmel empfangen.
    Kossara hatte von Trohdwyr nie als einem Zmay gedacht. Nicht dass das Wort besonders schlimme Untertöne auswies. Vielleicht war es früher einmal ein wenig herablassend gewesen, vor vierhundert Jahren, als die ersten merseianischen Einwanderer eintrafen; später jedoch bedeutete es einfach einen Dennitzaner dieser Herkunft. (Hing es etwa damit zusammen, dass ihr Ursprungsplanet zu einem gefürchteten Rivalen Terras herangewachsen war?) Wie auch immer, von ihm und seiner Familie hatte sie Eriau gelernt – oder eher die archaische, mutierte Abart, die sie sprachen –, während sie gleichzeitig von ihren Eltern Serbisch und von einer Gouvernante Anglisch lernte. Als sie endlich aufhörte, alle drei Sprachen zu einem privaten Idiom zu vermengen, behielt sie die Gewohnheit bei, sich auf Trohdwyrs Volk mit dem Namen zu beziehen, den es sich selbst gab: Ychani für ›Sucher‹.
    Denn er hatte fast im Zentrum ihres kindlichen Universums gestanden. Vater und Mutter befanden sich natürlich genau dort, und für eine Weile mussten sie den Platz mit einer Puppe namens Lutka teilen, bis sie zur Formlosigkeit abgegriffen war, und einer Katze, die sie Butterfuß genannt hatte. Onkel Bodin kam ihm nahe, wenn er sie mit Tante Draga besuchte oder die Vymezals nach Zorkagrad reisten und er sie in den Zoo und den Vergnügungspark ausführte. Drei jüngere Geschwister, zwei Brüder und eine Schwester, umkreisten das Zentrum wie Kometen, einmal strahlend hell vor Liebe, einmal in tiefe Finsternis entschwunden. Trohdwyr hatte nie so hell geleuchtet wie eines von ihnen, doch der Meister der Jagd von drei Generationen ihres Hauses bewegte sich auf einer unabänderlichen Bahn und war stets für sie da, wenn sie ihn brauchte.
    »Khraich.« Nachdem das Abendessen vorbereitet war, setzte er sich auf das Dreibein aus krallenbewehrten Füßen und massigem Schweif. »Du hast dir heute Abend eine doppelte Ration verdient, Dama. Ein normaler Schlummertrunk, und einen Schluck für den toten Dyavo.« Aus einer Flasche Slibowitz schenkte er in zwei Tassen ein. »Auch wenn ich die Bestie häuten und den Pelz tragen muss«, fügte er hinzu.
    Die raue Stimme schien einen Unterton echter Beschwerde zu enthalten. Erstaunt blickte Kossara ihn über das Feuer hinweg an.
    Für einen

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