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Flandry 6: Schattenwelt

Flandry 6: Schattenwelt

Titel: Flandry 6: Schattenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Bewohner des inneren Imperiums hätte er irgendein Merseianer sein können. Ganz gleich, wie anthropoid ein Xenosophont auch war, solange man die Spezies nicht gut kannte, überspielten die grundsätzlichen Unterschiede gewöhnlich alles Individuelle. Trohdwyr ähnelte grob einem großen Mann – besonders im Gesicht, wenn man die endlosen Einzelheiten seiner Anlage mit den groben Knochen, Wulstbrauen, schmalen Lippen und der breiten Nase unbeachtet ließ. Er hatte jedoch keine Ohrläppchen, nur kompliziert konturierte Löcher im Schädel. Völlig haarlos, wie er war, hatte er eine blassgrüne, leicht geschuppte Haut. Ein Kamm niedriger, dreieckiger Zacken lief von seiner Stirn bis an das Ende seines Schweifs. Wenn er stand, beugte er sich vor, sodass er effektiv nur so groß war wie ein großer Mann; er ging nicht auf Fersen und Sohlen, sondern auf den Zehen, und das in einem fremden Rhythmus. Er hatte warmes Blut, und die Frauen seiner Spezies brachten ihre Kinder lebendig zur Welt, aber er war kein Säugetier – er war mit nichts vergleichbar, was Terra an Fauna hervorgebracht hatte.
    An einer Million Zeichen erkannte Kossara ihn als Trohdwyr und keinen anderen, wie sie ihre Verwandten oder Mihail erkannte. Trohdwyr war hager geworden, tiefe Falten hatten sich in seine Wangen eingegraben. Aus alter Gewohnheit zog er Stiefel und Hosen einer knielangen Tunika mit vielen Taschen vor, und er trug ein Messer mit krummer Schneide und einem Schlagringgriff in einer Scheide an seinem Gürtel, das von der gleichen Art war wie das, welches er ihr vor Jahren geschenkt hatte …
    »Nun, wenn es dir lieber ist, lasse ich das Fell hier zurück«, sagte sie nachdenklich. Setzt das Alter ihm nun zu?, dachte sie. Wie schmerzvoll für uns beide.
    »O nein, Dama, nein. Das ist nicht nötig.« Trohdwyr wirkte beschämt. »Vergib einem alten Opa, wenn er ein bisschen mürrisch ist. Ich war nur … Nun, ich habe heute zusehen müssen, wie er dich fast in Stücke gerissen hätte. Da stand ich, du warst in meiner Schusslinie, und die Bestie … Dama, tu so etwas nicht wieder.«
    »Verzeih mir«, bat Kossara. »Aber ich glaube eigentlich nicht, dass ich ein allzu großes Risiko eingegangen bin. Ich kenne mein Gewehr.«
    »Ich auch. Hast du das Schießen nicht von mir gelernt?«
    »Aber mit Kleinkaliberwaffen. Weil ich ein Mädchen war? Heute hatte ich ein Tashta, die Art Waffe, die man in der Vojska an mich ausgegeben hat. Ich war mir sicher, dass sie ihn aufhält.« Kossara blickte zur Seite, den Abhang hinunter zum Fuße des Kazans, den schon die Nacht erfüllte. »Außerdem«, fügte sie leise hinzu, »brauchte ich einen Augenblick wie diesen. Du hast recht, ich habe den Dyavo zum Angriff gereizt.«
    »Damit du dich nicht mehr hilflos zu fühlen brauchtest?«, murmelte Trohdwyr.
    »Ja.« Einem anderen Menschen außer Mihail hätte sie sich nie derart öffnen können, und vielleicht nicht einmal ihm; aber im Laufe der Jahre hatte der Ychan Bekenntnisse gehört, die Kossara nicht einmal ihrem Priester machte. »Der Mann, den ich liebe, ist dort.« Sie warf eine Hand zu den ersten Sternen, die weiß auf violett über dem Tiefland zu funkeln begannen. »Ich muss mit meiner Wacheinheit zurückbleiben – auch wenn Dennitza niemals angegriffen wird!«
    »Das verdanken wir aber nur diesen Einheiten, Dama«, erwiderte Trohdwyr.
    »Dennoch, er …« Kossara leerte ihre Tasse in einem Zug. Der Alkohol brannte sich nach unten, und die Wärme strahlte rasch in ihren ganzen Körper aus. Sie hielt Trohdwyr die Tasse hin, damit er ihr nachschenkte. »Warum ist es so wichtig, wer Kaiser ist? Gewiss, Josip war widerlich, und seine Handlanger haben großen Schaden angerichtet. Aber jetzt ist er tot, und das Imperium hat ihn überlebt. Von meinem Onkel habe ich genug gehört, um zu wissen, dass es in Wirklichkeit von den unzähligen kleinen Beamten am Leben erhalten wird, deren Arbeit die Dynastien überdauert. Warum also kämpfen wir darum, wer in den nächsten paar Jahren in Archopolis auf dem Thron sitzt?«
    »Du bist der Mensch, Dama, nicht ich«, erwiderte Trohdwyr. Nach einer Weile füge er hinzu: »Doch ich kann gut verstehen, dass man sich auf Merseia über einen anderen terranischen Kaiser freuen würde, den Furcht oder Torheit prägen. Und … wir sind hier nicht so furchtbar weit von Merseia entfernt.«
    Kossara erschauerte unter den Sternen und nahm einen weiteren tiefen Zug.
    »Nun, es wird bald entschieden sein«, erklärte sie. »Onkel

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