Flandry 7: Am Ende des Weges
Befehl befolgen, und dabei bin ich doch eine Navygöre, aber ich konnte es noch nie …«
Er zog sie an sich. »Nun«, sagte er, kaum weniger erschüttert, »ich konnte es auch nie.«
XIV
Der Herbst kommt früh in die High Sierra. Als Flandry die Episode Cairncross und ihre Nachwehen hinter sich gebracht hatte, war dieser Gebirgszug im westlichen Nordamerika bei Tage frostig und bei Nacht gefroren. Zugleich war er auch am schönsten. Flandry besaß dort einige Hektar Land mit einer Jagdhütte. Banner war auf Terra geblieben; erst hatte das Nachrichtenkorps der Navy sie eingehend vernommen, und danach waren alle zivilen Passagen in die Domäne von Hermes ausgesetzt worden, bis die Sicherheit wiederhergestellt sein würde. Sie hatten nur selten miteinander gesprochen.
Endlich konnte er sie anrufen und einladen, mit ihm Urlaub zu machen. Sie willigte ein.
Am nächsten Morgen verließen sie die Hütte, um zu wandern. Chives nahm Angelzeug und ging in die andere Richtung; er versprach Forelle nach Müllerinart zum Abendessen. Zuerst liefen Mann und Frau schweigend nebeneinander. Die Luft war klar wie ein Diamant; der Atem dampfte und wurde von dem kalten Wind, der nach Tannen duftete, augenblicklich weggeweht. Zwischen jenen dunklen Bäumen standen Espen mit goldenen Blättern, die zitterten und raschelten. Rechts vom Pfad dünnte sich der Wald aus und endete bald. Dadurch konnten Wanderer zwischen Stämmen und Ästen hindurch auf einen Hang blicken, der in einen Canon abfiel. An der Gegenseite, einen Kilometer entfernt, erhob sich bläulicher Fels zu steil, als dass dort mehr wachsen konnte als einige Sträucher, zu einer Höhe, in der schon Schnee lag. Der Himmel war wolkenlos, die Sonne unglaublich hell. Mit leuchtenden Flügeln hing ein Falke in der Luft.
Nach einer Weile sagte Banner, den Blick starr voraus gerichtet: »Gestern haben wir nicht über Politik geredet, oder sonst viel.«
»Nein, wir hatten Besseres zu tun, oder?«
Der Ernst, den er gut kannte, hatte sie wieder. »Wie ist die Lage? In den Nachrichten hört man nie etwas Erwähnenswertes.«
»Natürlich nicht. Das Imperium wird eine Affäre wie diese kaum publik machen. Peinlich, so was. Und gefährlich; wer weiß, auf wen das Beispiel noch abfärbt. Dass es eine Verschwörung zur Rebellion und Usurpation gab, lässt sich nicht völlig unter den Teppich kehren, aber sie kann bis aufs Extreme heruntergespielt werden, völlig langweilig dargestellt, während man gleichzeitig unterhaltsamere Ereignisse fabriziert, die sie überdecken in dem, was man gemeinhin das öffentliche Bewusstsein nennt.«
Sie ballte die Fäuste. »Du kennst die Tatsachen aber, oder?«
Er nickte. »Das will ich meinen. Ich darf nicht davon sprechen, und bei den meisten Leuten würde ich mich an das Verbot halten, aber du kannst den Mund halten. Außerdem hast du es dir verdient, alles zu erfahren, was du wissen möchtest.«
»Gut, was ist geschehen?«
»Ach, wir wollen uns nicht in Details verlieren. Die gesamte Bewegung ist zerbrochen. Einige Besatzungen haben sich freiwillig ergeben und den Imperialen geholfen – haben sie zum Beispiel zu den diversen Anlagen geführt –, und sind dadurch nicht härter bestraft worden als mit unehrenhaften Entlassungen, Geldbußen oder vielleicht ein wenig Neuropeitsche. Andere flohen, sind entweder in der hermetianischen Bevölkerung untergetaucht, haben sich neue Identitäten auf anderen Planeten zugelegt oder sind ganz aus dem Imperium verschwunden.«
»Und Cairncross?«
»Unbekannt.« Flandry zuckte mit den Schultern. »Ich entschuldige mich, dass ich keine saubere Antwort habe, aber das wahre Leben ist immer mit ungelösten Rätseln geschmückt. Mit Sicherheit ist festgestellt worden, dass sein Schnellboot auf der Jagd nach uns war, als wir seine Mondbasis unter ihm weggesprengt haben. Vermutlich ist er abgehauen. Was seine Komplizen bei Verhören ausgesagt haben, bewegt mich allerdings eher zu der Annahme, dass die Männer an Bord nicht einmütig zugestimmt hätten, unter dem Befehl eines Gesetzlosen zu dienen, eines Versagers. Sie könnten gemeutert, Cairncross beseitigt, das Boot entsorgt und sich getrennt haben.
Es ist aber eigentlich keine große Sache. Schlimmstenfalls bekommt das Roidhunat oder irgendein Barbarenstaat einen tüchtigen, energischen Offizier – der seine restlichen Jahre in einer Hölle der Frustration und Einsamkeit verbringt. Letzten Endes zählt nur, dass er und seine Sache gestürzt sind,
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