Flandry 8: Agentin des Imperiums
ausbreiten und den Kosmos in Besitz nehmen.
Erik Magnusson wurde bekehrt. Vielleicht bestätigte Aycharaych, der Telepath, den Erfolg.
Der Kapitän musste gewahr sein, wie gering die Chance war, dass er jemals einen wichtigen Dienst leisten könnte. Vielleicht rekrutierte er einige andere oder auch nicht, vielleicht beförderte er manchmal Nachrichten oder Agenten, doch im Grunde war er ein Reservist, ein stiller Hüter der Flamme. In der Heimat konnte er seine Liebe für Merseia nicht einmal offen erklären.
Doch es kam die Zeit, als er Merseia seinen Sohn schenkte.
Als Junge begleitete ihn Olaf ins Roidhunat und blieb auf Merseia. Auf Kraken vermutete niemand etwas Böses, als Erik ohne ihn zurückkehrte. Olafs Mutter lebte nicht mehr, sein Vater war keine neue Ehe eingegangen, seine Geschwister hatten gelernt, ihn nicht mit Fragen zu behelligen. »Ich habe ihm eine Lehrstelle auf einem Prospektorenschiff verschafft. Dort lernt er mehr und besser als auf irgendeiner Schule.«
Die geheime Schule, die er besuchte, war weder menschlich noch human. Zu ihren höchsten Zielen gehörte es, die Starken zu stärken und die Schwachen auszumerzen. Olaf überstand sie. Er lernte Naturwissenschaften, Geschichte, Kampf, Führerschaft und Tränenlosigkeit. Gegen Ende seiner Ausbildung nahm ihn Aycharaych in seine Obhut, Aycharaych der adlergesichtige Chereioner mit dem Federkamm und dem forschenden Intellekt. Merseianische Lehrer hatten in dem Jungen die Grundlagen geschaffen: Wissen, Physis, Entschlossenheit. Diesem Fundament prägte Aycharaych nun die gewünschte psychosexuelle Struktur auf.
Das Goldene Gesicht, die gemurmelten Weisheiten, der Schlaf und die Träume und die Worte, die in ihnen gewispert wurden … sorgsam orchestrierte Wonnen des Fleisches, des Verstandes und der Seele … Hingabe an einen unerkennbaren Gott …
Der junge Olaf Magnusson erschien einige Jahre später wieder auf Kraken. Über seine Abenteuer äußerte er sich nur einsilbig. Recht bald trat er der Imperialen Marineinfanterie bei. Von da an führte er seine Befehle aus.
Es waren die Anweisungen seiner Vorgesetzten. Nie war er ein Spion, ein Umstürzler oder etwas anderes als ein tapferer, intelligenter Angehöriger der terranischen Streitkräfte – als Soldat, Kadett in Versetzung, Offizier der Navy. Der Befehl der Merseianer lautete, sein Äußerstes zu tun, so schnell und so hoch wie möglich aufzusteigen und sich innerlich bereitzuhalten, eine Gelegenheit zu ergreifen, die womöglich niemals kam.
In seinen ersten Einsätzen kämpfte er gegen Barbaren, Banditen, Rebellen und Aufständische, nichts, was einen inneren Konflikt entfachen konnte. Doch als bei Syrax aus der Krise eine Raumschlacht wurde, kämpfte er gegen Merseianer. Die Qualen, die es ihm verursachte – und vielleicht waren sie gar nicht schlimm, denn man hatte ihn gelehrt, dass ein Tod in der Schlacht ehrenhaft sei und eine Einzelperson nur ein Blutkörperchen im Kreislauf der Rasse –, diese Qualen erfuhren Linderung, als ein Geheimagent ihm Lob überbrachte und mitteilte, dass in Zukunft die Mächtigen des Roidhunats seinen Namen kennen würden.
Doch auch die Führung des Imperiums hatte er auf sich aufmerksam gemacht. Seine Karriere entfachte wie ein Komet, der sich seiner Sonne näherte. Wenn Merseia oder seine Handlanger Schwierigkeiten machten, dann regelmäßig in Regionen, wo Magnusson stationiert war, und er zeichnete sich aus. Dank seiner Kenntnisse des Eriau und zweier anderer merseianischer Hauptsprachen diente er in Verhandlungskomitees und erwarb sich noch größeren Verdienst. Obwohl er als Adjutant begann, machte er derart ausgezeichnete Vorschläge, dass er bald die Verhandlungen leitete; und unter seiner Leitung erhielt Terra erheblich günstigere Konditionen, als man eigentlich zu hoffen gewagt hatte. Gewiss handelte es sich in jedem Fall um Ad-hoc- Übereinkünfte, die besondere, räumlich eng begrenzte Fragen von geringer Tragweite lösten. Dennoch bewies Olaf Magnusson, dass er die Merseianer verstand und mit ihnen umgehen konnte. Eindeutig warfen sie ihm seine Leistungen im Kampf gegen sie nicht vor; vielmehr respektierten sie seine Fähigkeiten und seine Entschlossenheit.
Für die Navy galt das Gleiche. Zurückhaltung und Sittenstrenge wurden während der reformistischen Regierungszeit von Kaiser Hans Molitor zu vorteilhaften Charakterzügen; sie bewiesen, dass Magnusson kein bloßer Politiker in Uniform war. Er war ein Zuchtmeister, wie er im
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