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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Ich habe aber auch selbst renoviert.«
    War das jetzt gut oder schlecht?
    Rudi hatte die Champagnerflasche und zwei Gläser besorgt, mehr war nicht ausgepackt.
    »Dann wollen wir mal anstoßen. Leila bekommt das eine Glas, wir teilen uns das andere.«
    Meine Eltern sahen den Champagner angewidert an. Wie konnte ich nur vergessen, dass sie nur selbst gepantschten ökologischen Rotwein tranken, dessen Trauben wenigstens von einem Paar nackter Hornhautfüße zertreten worden waren. Champagner war etwas für die Bourgeoisie, meine kapitalistischen Großeltern – und mich!
    Immerhin waren sie keine Spielverderber, sondern stießen mit unserem Gemeinschaftsglas an und tranken sogar tatsächlich davon, was nicht wünschenswert war, denn besonders meine Mutter erzählte in beschwipstem Zustand gern Geschichten oder sprach mal offen Dinge an, die ihr schon länger auf der Zunge brannten.
    »Was verschlägt dich nach Berlin?« Leila hatte ihr Glas ziemlich schnell geleert, wie ich mit Kennerblick sah.
    »Ich fange am Montag bei der Phosphor als Ressortleiterin Film an. Außerdem leben mein Bruder und fast alle meine Freunde inzwischen hier. Und was machst du?«
    »Ich bin Designerin und habe ’nen kleinen Laden nicht weit von hier, wo ich meine eigenen Sachen verkaufe.«
    Eine Designerin. Wie praktisch! Ob es unverschämt war, nach Rabatt zu fragen?
    »Du kannst auch Rabatt haben!« Leila grinste mich an. Hatte ich eben laut gedacht, sah ich derart gierig aus, oder war ich so einfach zu durchschauen? Leila musste telepathisch begabt sein.
    Und auf alle Fälle konnte man mit ihr Spaß haben. Rudi dachte das ebenfalls, wenn er auch eine andere Art Spaß meinte als ich, wie ich unschwer an seinem »Du bekommst mich zwar nur für eine Nacht, aber an die wirst du für immer denken«-Blick erkennen konnte. Super, und ich durfte hinterher dann wieder die Taschentücher reichen und mir anhören, warum nur ich die Verständnisvolle in der Familie sei! Vorsichtshalber warf ich Rudi einen warnenden Blick zu, dem er aber geübt auswich.
    »Mimi schläft schon fest, ich könnte kurz mit was trinken gehen. Wie wär’s im Wohnzimmer, das ist um die Ecke, dann lernst du gleich den Kiez kennen.«
    Begeistert nickte ich. Weggehen klang gut, nach einem Tag zwischen Kisten und Treppenhaus.
    »Na, dann wollen wir mal!«
    Mein Vater zog sich ungefragt seine Straßenschuhe an. Wieso kam meinen Eltern nie in den Sinn, dass ihre Kinder und deren Altersgenossen unter sich bleiben wollten? Das Gefasel älterer Semester, dass Alter keine Rolle spiele und es nur auf die Einstellung ankäme, ignorierte die Tatsache, dass es durchaus einen Generationsunterschied gab. Ich fand es alles andere als normal, wenn meine Freunde auch die Freunde meiner Eltern waren. Da ich jedoch keinen Streit wollte, sagte ich nichts, denn schlimmer wurde es erst, wenn wir begannen, ein Thema auszudiskutieren. Das endete immer damit, dass ich aufgefordert wurde auszusprechen, was mich störe, und meine Eltern, wenn ich es tat, beleidigt waren.
    Dann warfen sie sich beide diese viel sagenden »Also von mir hat sie das Spießige nicht«-Blicke zu, und Rudi musste wieder vermitteln.

Das Wohnzimmer war ein Lokal, wie der Name es vermuten ließ: gemütlich ungezwungen, und man fühlte sich sofort zu Hause. Jeder Raum war in einem anderen Stil eingerichtet, in einem gab es eine orangefarbene Küche aus den Siebzigern mit eierfarbenen Plastikstühlen, ein anderer war mit Kamin und plüschigen Sofas im Wiener Rokoko bestückt, und wieder ein anderer gab den Blick auf Lederkissen in den unterschiedlichsten Formen und Farben wieder. Das Licht war mal mehr, mal weniger gedimmt, die Geräuschkulisse nicht laut, aber angeregt, die Musik angenehm leise. Das Publikum altersmäßig durchwachsen, selbst meine Eltern wurden nicht schräg angeschaut, was meinen Vater sofort zu dem anerkennenden Kommentar »Toller Schuppen hier!« veranlasste.
    Ich brauchte einen Drink, und zwar schnell.
    »Wer möchte was trinken?«
    Leila stand auf.
    »Ich komm mit und helf dir die Getränke tragen«, bot sie sich an.
    Obwohl mein Bruder sie fast schon hypnotisiert hatte, stand sie auf. Das rechnete ich ihr hoch an.
    »Die machen hier gute Mai Thais. Magst du?«
    Und ob ich mochte, auch noch nach der dritten Runde, als ich merkte, dass ich mich auf der bequemen Couch herumzulümmeln begann, weil ich so entspannt und nicht mehr Herr meiner Glieder war. Leila war allerdings auch gut dabei, sie hatte sich sogar

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