Fleckenteufel (German Edition)

den fleckigen Jesusbart, es hat sich herumgesprochen, was für ein elender Fick- und Fummelbock er ist. Die Girls, allen voran Susanne, machen sich einen Spaß daraus, ihn nach allen Regeln der Kunst in den Wahnsinn zu treiben. Ihre Miniröcke verrutschen in seiner Gegenwart gern mal «aus Versehen» und geben den Blick frei auf strahlend weiße Höschen. Susanne hat’s echt raus: Wenn sie mitbekommt, dass Steiß sie mal wieder im Visier hat, leckt sie sich aufreizend die Lippen, wackelt mit ihrem Apfelpo und schiebt die Riesenglocken in Position. Daran wird er sich gewöhnen müssen.
    Während uns Steiß und Edam zum Strand geleiten, bleibt Pastor Schmidt mit den Erwachsenen in der Nougathöhle, wie immer. Rätsel Erwachsene: Sie rauchen und lesen (Quick) und lesen (Kicker) und rauchen und rauchen und lesen (Frau im Spiegel) und bleiben völlig unbeeindruckt vom strahlenden Sonnenschein. Ihnen wäre wahrscheinlich lieber, wenn es vierzehn Tage regnen und stürmen und blitzen und hageln und donnern und schneien würde, dann könnten sie guten Gewissens rauchen und lesen und würden jeden Abend vom Fernsehprogramm erlöst.
    Steiß behält tatsächlich recht, der Streberstrand ist schöner, weißer und vor allem sauberer. Keine Steine und Algen und Plankton und Schmadder und Muscheln und Dosen und Schachteln und Kippen. Na ja, hier wird schließlich auch Kurtaxe erhoben, am Nougatstrand nicht, und in 343 Mark sind natürlich keine Gebühren für eine professionelle Strandreinigung enthalten. Der Vorzeigestrand verfügt sogar über eine eigene Steilküste. Na, so steil ist sie nun auch wieder nicht, aber vier, fünf Meter sind es schon. Wenn man runterfällt, ist man tot, denke ich, nur darum geht’s, ob man tot ist, wenn man runterfällt. Tiedemann entledigt sich seines Pfeffer-und-Salz-Mantels, zum ersten Mal, wurde auch Zeit, er macht sich sonst langsam zum Idioten. Sein T-Shirt behält er an.
    «Ey, Tiedemann», brüllt Roland, «willst du nicht dein T-Shirt ausziehen?»
    «Nö», sagt Tiedemann.
    Bei der Hitze T-Shirt anbehalten? Der hat doch was zu verbergen! Vielleicht eine Trichterbrust oder meterlange Narben? Mir fällt ein, dass ich ihn auch noch nie im Waschhaus gesehen habe. Ich lasse meine Zehen von der bitterkalten Ostsee umspielen. Muscheln, alles voller Muscheln. Wo kommen Muscheln eigentlich her?
    «Wenn du dich umguckst, dann siehst du nichts als Steilküste.»
    Harald! Er spricht normal mit mir! Was ist denn mit dem los?
    «Wenn du da hochkraxelst, bist du ganz alleine da oben und kannst dir mal so richtig schön in den Arsch reinkacken.»
    Ach so, alles in Ordnung. Er legt sich auf sein Handtuch. Der zahnlose Harald, Hund ohne Knochen, Tiger ohne Zähne, Giraffe ohne Hals. Roland und Petra verschwinden im Hang. Jetzt, wo sie offiziell zusammen sind, nutzen sie natürlich jede Gelegenheit, um Sauereien zu machen. Sie kraxeln und kraxeln, und Petra rutscht dauernd ab, die dumme Schnepfe. «Sie gingen in die Wand und kehrten nie zurück», fällt mir ein. Vielleicht geht’s ihnen ja so wie den Internatsmädchen in dem genialen Film Picknick am Valentinstag , die sind überhaupt nie wieder aufgetaucht, und das Internat musste schließen. Ich lege mich zu Heiko und Tiedemann. Heiko erzählt, er wolle Profifußballer werden. Aktuell spiele er bei Sankt Pauli in der Leistungsklasse und bekomme vom Verein eine HVV-Monatskarte, Trainingszeug und Fußballschuhe gestellt. Angeber. Außerdem behauptet er, im Kader des Siebzigeraufgebots für die Jugendnationalmannschaft zu stehen. Siebzigeraufgebot, so ein Schwachsinn, das gibt’s bestimmt gar nicht. Ich bin tausendprozentig sicher, dass er lügt, aber beweisen kann ich’s nicht, erst zu Hause wieder, da erkundige ich mich, aber dann ist es eh zu spät.
    Tiedemann schließt die Augen und döst, und ich nehme einen Bukowski zur Hand. Alles ganz friedlich, ein paar spielen Strandfederball mit extraschweren Bällen, die meisten dösen, sonnen sich oder lesen. Heiko ist eingepennt. Wie er so unschuldig daliegt, fällt mir auf, wie hübsch er wirklich ist. Trotz blauer Augen und blonder Engelsmähne ist er der Braunste von allen. Was für ein Glück muss es sein, auszusehen wie einer, der aussieht wie Heiko Rost. Sein Schwanz sieht in der Badehose normal groß aus. Ob er sich an der Matratze reibt, es mit den Händen macht oder noch eine ganz andere Technik verwendet, von der ich noch nie gehört habe? Hohe geistliche Führer sind in der Lage, sich kraft ihrer