Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
Augen.
„Ich lasse mich nicht erpressen. Wenn Ihr mich töten wollt, dann tut das. Nur werdet Ihr dann eben niemals erfahren, was ich weiß.“ Sie hatte überhaupt keine Angst vor ihm. Bewies das, dass er nur mit ihr spielte?
Johann war aufgesprungen, einen ruckartigen Schritt in ihre Richtung antäuschend, als wollte er überprüfen, ob Mila ihre Gelassenheit nur vorgab. Doch sie blickte ihm trotzig entgegen, ohne auch nur einen Fingerbreit zurückzuweichen.
Zwei Wimpernschläge lang forschte er in ihrer Miene, dann ließ er die Schultern fallen und seufzte tief. „Weißt du, ich habe keine Lust mehr auf dieses Spielchen. Wir beide wissen, dass ich dein Geheimnis erfahren will. Deshalb gebe ich dir mein Ehrenwort, dass dir von meiner Seite keine Gefahr droht. Bist du nun zufrieden?“
„Unter einer Bedingung.“ Sie ritt der Teufel – aber mittlerweile war es sowieso zu spät, Skrupel aufkommen zu lassen. „Ich will, dass Ihr von nun an ehrlich und offen mit mir umgeht – und aufhört, mich heimtückisch zu lenken.“
Er lächelte breit – spitzbübisch, nicht die Spur ertappt oder gar schuldbewusst. „Solche Manipulationen machen mir Spaß – nur bin ich leider noch nicht so gut, dass es dir entgangen wäre“, gab er freimütig zu.
„Es würde mir auch dann nicht entgehen, wenn Ihr darin besser wäret“, behauptete Mila dreist. „Wenn ich mich Euch öffne, dann muss ich Euch auch vertrauen können.“ In diesem Augenblick war eindeutig sie selbst diejenige, der sie nicht trauen konnte. Was war in sie gefahren, dass sie so respektlos mit Meinhards Sohn redete?
Der jedoch lachte nur, kein bisschen beirrt oder gar beleidigt. „Dein Wunsch sei dir gewährt. Ich werde zahm sein wie ein Schoßhündchen.“
„He“, protestierte Mila unwillkürlich.
Sein Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. Jungenhaft und ehrlich belustigt. Was ihn aussehen ließ wie – ein ganz normaler junger Mann. „Das war keine Absicht, verzeiht mir, Dame Mila.“
Schon wieder nahm er sie auf den Arm. „He, es ist mein Ernst!“
„Es ist mein voller Ernst“, sagte Johann, verschwörerisch, auch wenn er eine beherrschte Miene aufgesetzt hatte. „Oder soll ich Euch 'Zauberin Mila' nennen?“
Jetzt schien er jedoch zu spüren, dass er sich mit seinen Neckereien der Grenze ihrer Belastbarkeit näherte, jedenfalls wurden seine Augen wirklich ernst.
„Da ist noch etwas“, hakte sie rasch ein.
Johann zog die Augenbrauen hoch.
„Ich bin keine Zauberin. Falls es Eure Absicht sein sollte, eine solche in Euren Besitz aufzunehmen. Ich kann nicht zaubern, ich kann Euch nicht einmal sagen, wie und wodurch das vor sich geht, was mit mir geschieht. Ihr dürft also nicht enttäuscht sein.“
„Oh ...“ Johann blinzelte. Bevor er noch breiter grinste. Aber zugewandt, ohne Spur von Albernheit. „Ich glaube ohnehin nicht an Zauberei. Und ich will jetzt endlich hören, was mit dir geschieht, egal was es ist.“ Völlige Entkräftung vorgebend, sackte er auf seinem Stuhl in sich zusammen. „Ich flehe Euch an, Nicht-Zauberin Mila: Bitte erlöst mich und redet endlich.“
Nun endgültig lächelnd, setzte Mila sich zu ihm und begann zu berichten.
Während ihrer Rede, die selbstverständlich alle Einzelheiten über Frank aussparte, war seine Miene immer undurchschaubarer geworden. Staunen, Zweifel, Ehrfurcht – die Sehnsucht danach, es einfach glauben zu dürfen, wechselten sich darin ab. Mila reihte noch ein paar überflüssige Sätze an, um seine Reaktion hinauszuzögern.
„Das ist ...“, begann er dann.
„Unglaublich, ich weiß“, kam Mila ihm zuvor. „Ihr könnt mir das eigentlich gar nicht glauben.“
Er sprang auf, lief ein paar Schritte, um dann auf dem Absatz herumzuwirbeln und zu rufen: „Das ist absolut unvorstellbar, ungeheuerlich, übernatürlich – unglaubliches Glück“, überraschte er sie schon wieder. „Dass du ausgerechnet hier lebst, dass ich auf dich aufmerksam wurde ...“
Mila kam nicht dazu nachzufragen, wem genau sie den Verrat zu verdanken hatte, als er schon weiter schwärmte.
„Das ist mein Schicksal. Das ich mit dir teile. Mit dir kann ich in die Zukunft sehen, durch die Zeiten reisen!“
„Aber ich reise nicht ...“, wollte Mila widersprechen.
Doch er fiel ihr mit unverminderter Begeisterung ins Wort: „Du kannst lesen, du kennst tausend zukünftige Erfindungen, Worte und Ideen“, zählte er auf. „Bisher hast du deinen Besuchern noch keine belangvollen Fragen gestellt,
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