Flederzeit - Sturz in die Vergangenheit (Historischer Roman): 1 (German Edition)
Ilya ins Bett legen. Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich habe Hunger. Und Tante Käthe hat immer etwas im Haus.“
Essen! Etwas anderes als Brot und Käse. Das gab den Ausschlag. Frohen Mutes ging Matthias Mila nach.
Die Tür war geschlossen. Mila klopfte. „Tante Käthe?“
Keine Antwort.
Sie legte die Hand auf den Türgriff, senkte ihn, schob die offensichtlich nicht versperrte Tür auf. Dunkelheit gähnte heraus. Und abgestandene Luft.
„Sie scheint schon länger weg zu sein“, murmelte Mila, machte einen Schritt in die Hütte – und schrie entsetzt auf. „Tante Käthe.“
Ilya hinter ihr regte sich. „Mama?“ Sein Kopf fuhr kurz hoch, sank dann aber wieder an ihren Rücken.
Matthias folgte Mila umgehend. Er brauchte einen Moment, ehe er in dem dunklen Raum erkennen konnte, dass da jemand auf dem Boden lag. Eine Frau mit dunkler, mit grauen Strähnen durchsetzter Haarmähne.
„Tante Käthe?“ Mila war bereits auf den Knien, hatte ihre Hände bei der Tante, zog und zerrte an ihr.
Die Frau ächzte – und jetzt erst erkannte Matthias, dass sie gefesselt war. Die Hände auf dem Rücken, die Beine zusammengebunden, der Mund geknebelt.
„Hilf mir“, rief Mila, an Matthias gewandt.
Aber da war er schon heran, ließ sich neben ihr nieder. Das auf die Dauer wirklich schwere Bündel, das er die ganze Zeit auf der Schulter getragen hatte, prallte mit einem kleinen Rums auf die Holzdielen. Während er bereits fühlte, gleichzeitig mit den Augen suchend, wo er ansetzen konnte, um die Fesseln zu lösen. Doch alle Knoten, die er fand, waren viel zu fest, um sie mit den Fingern öffnen zu können.
Die Frau weinte, gleichzeitig rollte sie vor Verzweiflung mit den Augen und gab erstickte Geräusche von sich. Es war offensichtlich, dass sie dringend etwas mitteilen wollte.
„Gleich“, murmelte Mila, wandte sich dann an Matthias. „Wir brauchen ein Messer. Da drüben.“ Sie wies auf einen Kasten aus Holz, der an der hinteren Raumwand stand, direkt unter einem der verschlossenen Fenster.
Matthias sprang hin, riss den Kasten auf. Löffel, eine Art Schieber, ein kleiner Spieß aus Metall, Holzbretter, wahrscheinlich als Tellerersatz, daneben ein Stück Geräuchertes, Brot und – endlich – ein Messer. Wenn auch nur ein kleines.
„Hier.“ Er beugte sich zu dem Mundknebel, schob das Messer vorsichtig darunter, um nach außen schneiden zu können. Es war nicht sehr scharf und so säbelte er eine Weile. Doch dann war der Knebel endlich durchschnitten, rutschte zu Boden. Matthias, der bereits aufatmete, zuckte zusammen, als die Tante augenblicklich loskrächzte: „Eine Falle, hinaus, schnell!“
Ilya schreckte erneut hoch, sah um sich, Angst im Blick. In genau diesem Moment krachte die Hüttentüre zu. Es wurde dunkel, nur durch ein Loch im Dach, direkt über der Feuerstelle, fiel noch schwaches Licht herein.
Matthias ließ das Messer fallen, spurtete zur Tür, warf sich dagegen. Zu spät. Deutlich konnte er fühlen, wie von außen gegengedrückt, dann der Riegel vorgeschoben wurde. In plötzlicher Panik kreischte Ilya los.
„HE, AUFMACHEN“, brüllte Matthias über Ilyas Gebrüll hinweg und hieb auf die Tür ein.
Keine Reaktion, kein hörbarer Laut. Von außen zumindest. Das Innere der Hütte jedoch hallte wider von Ilyas frisch erwachter Angst.
„Ist ja gut.“ Matthias’ Stimme klang so wenig beruhigend und war auch völlig erfolglos, dass er seinen Versuch sofort aufgab. „Verdammt.“
„MAMA?“
Mila fummelte in hektischer Eile an den Knoten auf ihrem Bauch, schwang endlich Tuch samt Füllung von ihrem Rücken, presste ihr immer noch kreischendes Kind mit der einen Hand an sich, während sie mit der anderen nach dem Messer fischte und es an die Handgelenke der Tante ansetzte.
Ilya beruhigte sich ein wenig, drosselte seine Stimme zu einem Wimmern.
„Was ist denn los?“ Mila hob die Augen von ihrem Tun, starrte ihre Tante an. „Wer ist das da draußen?“
„Pass auf, dass du sie nicht schneidest.“ Matthias zog die Fessel ein Stück vom Puls der Tante weg.
Ungerührt von seinen Worten arbeitete Mila weiter. Obwohl ihr Eifer wohl eher darauf zurückzuführen war, dass sie jetzt endgültig erkennen musste, dass der Mann, den sie ... dass der Vater ihres Sohnes ein Verbrecher war.
„War das Johann?“ Es kostete Mila sichtlich Überwindung, das zu fragen.
„Meinhard“, stieß die Tante zwischen den Zähnen hervor. „Seine Leute haben euch aufgelauert.“ Sie wandte
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