Flederzeit - Sturz in die Vergangenheit (Historischer Roman): 1 (German Edition)
stinkend. Damit war Johann jetzt wirklich zu weit gegangen. Sie hasste ihn!
Eilig schob sie sich aus dem Bett. Ilya merkte zum Glück nichts davon, lag auf der Seite, einen Finger im Mund. Leise verließ sie die Schlafkammer, schloss die Tür und stellte sich mit fest zusammengepresstem Mund in der Mitte des dunklen Raumes Johann entgegen.
„Bist du eine Elster, die nicht anders kann, als alles, was sie glitzern sieht, in ihr Nest zu schleppen?“, empfing sie ihn, kaum dass er eingetreten war. Sie musste sich gewaltsam daran hindern, sich auf ihn zu stürzen und mit ihren Fäusten auf ihn einzuhämmern. Doch dabei würde sie den Kürzeren ziehen, in jeglicher Hinsicht. „Ilya und ich sind nicht dein Besitz, über den du einfach verfügen kannst.“
Sie war darauf gefasst gewesen, dass er sie sofort packen würde, um seine Macht über sie durch körperliche Überlegenheit zu demonstrieren. Stattdessen blieb er, an den Türrahmen gelehnt, stehen – nur ein schwarzer Umriss gegen die Fackeln dahinter.
„Nun ja“, raunte er, „wenn ich eine Elster bin, dann bist du ein wunderschöner Edelstein. Und indem ich dich in mein Nest befördert habe, bist du in gewisser Weise schon mein Besitz, oder nicht?“
Dass er sie ansah, konnte sie nicht sehen. Spürte es dennoch, durch und durch.
„Ich war mit Ilya in meinem eigenen Nest“, fauchte sie ihn an – und bereute es im selben Moment.
„Dein eigenes Nest?“ Leise, lauernd in die Länge gezogen.
Scheißkerl – sagte sie lieber nicht, krallte ersatzweise ihre Finger in ihren Rock. Ja, es war seine Hütte, die er ihr zur Verfügung gestellt hatte. Und zwar damit er sie jederzeit ... Aber damit war jetzt Schluss.
Ihre Haut prickelte. Noch immer stand Johanns Schemen vor ihr, schwarz, bewegungslos. Sie dagegen musste im hereinfallenden Licht gut zu erkennen sein, ihre Miene, ihre Bewegungen. Sie ließ ihren Rock los und richtete sich auf. „Ich habe mich darauf eingelassen, in deine Hütte einzuziehen, weil du mich in deiner Nähe wolltest“, stellte sie in wirklich gut gelungenem, sachlichem Ton fest. „Und weil du versprochen hast, dass ich dort sicher wäre. Aber dieses Versprechen hast du heute gebrochen.“
Während all dessen seine Augen auf ihr. Ruhend. Aufwühlend. Unentrinnbar, verdammt, das war es.
Sie wollte ihn so gerne hassen. Über alles gerne. Doch immer wieder brachte er sie dazu, dass ihr Hass schwand. Nur mit seinen Blicken, seiner Stimme, seiner berechnenden Distanz. Was war das nur? Was sie immer wieder zu ihm ... Nein, diesmal nicht!
„Ich will dich immer noch in meiner Nähe“, drang auch schon Johanns leise Stimme bis in ihre Knochen, versetzte sie in tiefe Schwingungen, ließ ihren ganzen Körper vibrieren ...
Schluss damit! Sie musste sich nur konzentrieren. „Ich muss von hier weg. Das hätte ich schon lange tun sollen.“
Da war er bei ihr. Sie in seinen Armen.
„Ich liebe dich, ich habe dich immer geliebt.“ Sein Mund ganz nah. „Wir gehören zusammen, du und ich, wir sind füreinander geschaffen, Mila, ich will dich, wahnsinnig, mehr als alles ...“
Er wickelte sie ein, das tat er immer. Er sprach von Liebe, von Nähe, von Zusammengehören – aber das bedeutete nichts für ihn. Er lag bei ihr - und verschwand dann wieder. Ließ sie allein und tauchte erst wieder auf, wenn es ihm in den Kram passte. Sie konnte sich nicht auf ihn verlassen, und das wusste sie, sie wusste es doch. Wie stellte er es jedes Mal wieder an, dass er mit seiner bloßen körperlichen Anwesenheit ihre Abwehr in Luft auflöste? Dass sie in seinen Armen dahinschmolz und sich ihm ...
„Nun komm schon.“ Er war ganz nah. „Du weißt, dass ich recht habe. Wenn du ehrlich bist, wirst du auch nie wieder einen anderen Mann wollen können.“
Das war lächerlich, gelogen! Sie wand sich, stieß ihm ihre Ellenbogen entgegen, machte sich frei. „DU hast andere Frauen, sogar eine Ehefrau. Ich bin nur irgendeine Magd, die du freundlicherweise aushältst, schon klar. Aber hör auf, etwas anderes zu behaupten!“
Damit hatte sie tatsächlich dafür gesorgt, dass er sich an die Tür zurückzog. Mila natürlich noch immer mit seinen glitzernden Augen ansehend.
Sie schüttelte sich, biss sich auf die Unterlippe, straffte die Schultern. Stemmte vorsichtshalber noch die Hände in die Hüften, um endlich energisch genug zu fordern: „Hör auf mit diesem dämlichen Spiel und lass uns frei!“
Doch Johanns samtige Worte unterliefen ihre Entschlossenheit
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