Flehende Leidenschaft
der Londoner diplomatische Druck verhinderte Investitionen von Amsterdamern und Hamburgern. Ein Rundschreiben warnte Plantagenbesitzer in den Kolonien vor Kontakten mit der schottischen Firma.
Auf Hilfe aus dem eigenen Land angewiesen, wandte sich die Firma an die schottische Bevölkerung, die mit patriotischem Eifer reagierte. Das erforderliche Kapital von 400.000 Pfund wurde aufgebracht, viele Leute investierten ihr gesamtes Vermögen.
Infolge der englischen Feindseligkeit wurde der ursprüngliche Plan erschwert, mit Asien, Afrika und Amerika Handel zu treiben, und man traf die fatale Entscheidung, das ganze Betriebskapital in die Gründung einer Handelskolonie am Golf von Darien zu stecken. Die Schotten konnten damals aber nicht ahnen, daß William seinen Botschafter veranlassen würde, die Spanier zu einem Angriff auf die Kolonie zu drängen.
Nach vier Jahren, geprägt von Mißwirtschaft, Londoner Schikanen, tropischen Krankheiten und spanischen Attacken, wurde die Kolonie aufgegeben. Der Verlust zahlreicher Menschenleben und Schiffe war zu beklagen. Eine schlimmere Demütigung hätten die Schotten nicht erleiden können.
Nur zu deutlich wies die Katastrophe von Darien auf Schottlands problematische Beziehung zu England hin. Eine konstitutionelle Veränderung war unumgänglich. Darien stürzte das ganze Land in bittere Armut und ruinierte die Investoren, darunter mehrere Parlamentarier. Jetzt waren die Gesetzgeber bestechlicher denn je. Bezeichnenderweise sorgte eine Klausel im Unionsvertrag von 1707 für eine finanzielle Entschädigung der Aktionäre, die ihr Geld in die schottische Firma investiert hatten.
6 . Die Post wurde als königliches Unternehmen gegründet und allmählich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Am Ende des siebzehnten Jahrhunderts hatten die Postmeister in ganz Schottland ihre Zustellerdienste eingerichtet. Im Postgesetz von 1695 wurde der Preis für die Beförderung eines Briefes festgelegt. Persönliche Boten und die Expreßzustellung war neben dem staatlichen Monopol weiterhin erlaubt.
Natürlich war es sehr wichtig, daß die Post schnell und zuverlässig funktionierte. Ein Bericht über eine Londoner Parlamentssitzung, an einem Samstag abgeschickt, mußte Edinburgh am nächsten Donnerstag erreichen. Das Briefgeheimnis wurde regelmäßig verletzt. Wenn ein Brief heikle Informationen enthielt, politischer oder privater Natur, ergriff man Vorsichtsmaßnahmen. Ein vertrauenswürdiger Bote des Absenders überbrachte dem Adressaten einen Geheim-Code, der den nachfolgenden Brief entschlüsseln sollte.
Man benutzte nur selten Kuverts; die Briefbögen wurden einfach zusammengefaltet und versiegelt. Seit dem August 1693 verwendete das Postamt von Edinburgh den Bischofsstempel, zumindest innerhalb des Inselreichs. Er war oval geformt und gab den Tag und den Monat an, aber nicht das Jahr, in dem die Sendung erfolgte. 1689 kostete es fünf Shilling, einen Brief von London nach Edinburgh zu befördern, von Aberdeen nach Edinburgh drei Shilling.
7 . Im frühen achtzehnten Jahrhundert bestand Edinburgh, von Stadtmauern umgeben, praktisch aus einer einzigen langen Straße – Canongate und High Street, die sich vom Holyrood Palace bis zum Castle erstreckte. Von dieser Hauptstraße zweigten zahlreiche Seitenstraßen und -gassen ab, von Häusern gesäumt, die bis zu elf Stockwerken hoch waren. Da so viele Leute auf engem Raum zusammenlebten, warf die Beseitigung des Mülls und der Abwässer Probleme auf. Diese Schwierigkeiten meisterte man systematisch, wenn auch nicht hygienisch. Jeden Abend um zehn wurden die Abfälle eines Haushalts gesammelt und aus den Fenstern geschüttet, mit dem Warnruf »Gardy loo« ( Gardez l’eau ). Die Passanten, die nicht schnell genug davonrannten, mußten eine übelriechende Dusche hinnehmen. Zu der gefürchteten Stunde stank die ganze Stadt. Um den Geruch zu bekämpfen, verbrannten die Bürger braunes Pergament. Der Schmutz lag während der ganzen Nacht auf der Straße. Erst um sieben Uhr morgens erschienen Müllmänner mit Schubkarren, um ihn zu entfernen. Die schlimmsten Zustände herrschten an Sonntagen, an denen die Kirche jegliche Art von Arbeit untersagte.
Diese unbefriedigende Methode der Müllbeseitigung beschränkte sich nicht auf Edinburgh. Die Londoner Straßen waren genauso schmutzig.
8 . Der Fall der Erbin Jean Home ist ein Beispiel für die damals üblichen Entführungen: Nach dem Tod des Lairds von Ayton wurde seine elfjährige Tochter Jean
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