Flehende Leidenschaft
vom Kronrat in die Obhut ihrer Großmutter, der verwitweten Gräfin Home, und ihres Vetters Charles gegeben. Ein weiterer Verwandter, John Home von Prendergast, ersuchte den Kronrat gemeinsam mit anderen Angehörigen, das Mädchen von den offiziell ernannten Vormündern zu trennen. Die Großmutter, Charles und Jean wurden vor den Kronrat beordert, um das Gesuch zu billigen oder abzulehnen.
Statt dessen beschlossen Charles und fünf Lairds, die bis auf einen aus verschiedenen Home-Zweigen stammten, die Zukunft der jungen Erbin in die eigenen Hände zu nehmen. Sie brachten Jean über die Grenze und verheirateten sie mit einem siebzehnjährigen Neffen. Diese heimlich geschlossene Ehe wurde vor Gericht angefochten, und das Verfahren dauerte jahrelang. Die Erbin wurde niemals von ihren Ehefesseln befreit, da sie sechs Jahre später starb.
9 . Vor 1753 mußte eine Ehe nach englischem Gesetz nicht von einem Geistlichen in einer anglikanischen Kirche geschlossen werden, entsprechend den Riten, die im ›Book of Common Prayer‹ festgelegt sind.
Eine gültige Ehe basierte auf einem mündlichen Vertrag, einem Austausch von Gelübden zwischen Mann und Frau, die das Mündigkeitsalter erreicht haben mußten (vierzehn und zwölf), bezeugt von zwei Personen und in der Gegenwartsform ausgedrückt. Ein Versprechen für die Zukunft war nur bindend, wenn die Brautleute ihre Ehe vollzogen hatten.
Aber eine Ehe, von einem Geistlichen geschlossen, bot gegenüber einer Vertragsehe gewisse Vorteile. Die Anwesenheit eines Kirchenmannes sorgte bei der Zeremonie für eine respektable Atmosphäre. Zweitens wurde die Ehe sowohl vom Kirchen-als auch vom Zivilrecht mit all seinen Eigentumsgesetzen anerkannt. Und drittens konnte man ihre Gültigkeit leichter beweisen, da man die Namen der Zeugen ins Heiratsregister eintrug und oftmals einen schriftlichen Vertrag abschloß.
In Schottland mußten zwischen 1560 und 1834 bei einer Eheschließung zwei Bedingungen erfüllt werden – das Aufgebot und die Trauung, vorgenommen von einem Geistlichen der Nationalen Schottischen Kirche. Gegen ein gewisses Entgelt sanktionierte man auch Ehen, die zu Hause geschlossen wurden. Aufgrund mehrerer Gesetze, im siebzehnten Jahrhundert erlassen, belegte man heimliche oder irreguläre Hochzeiten mit Strafgeldern.
10 . Die Macht des Profits übte einen starken Einfluß auf die Politik aus. Andrew Russell, der zweite Sohn eines reichen Kaufmanns aus Stirling, übersiedelte 1668 in die Niederlande, ließ sich mit seiner Familie in Rotterdam nieder und fungierte bis kurz vor seinem Tod im Jahr 1697 als Handelsvertreter für schottische Kaufleute. Damit verdiente er ein Vermögen. Während der dramatischen Ereignisse von 1683 erwies sich die große Bedeutung seiner Geschäfte.
1679 ermordeten presbyterianische Fanatiker den Erzbischof von Saint Andrews in Schottland. Der Kronrat strengte 1683 einen Hochverratsprozeß gegen Russel wegen Mittäterschaft an und beorderte ihn vor das Oberste Gericht von Edinburgh. Am 8. Februar schickte ihm sein Schwager eine Kopie der Klageschrift und warnte ihn. Ein paar Tage zuvor war William Blackwood wegen ›nackter Umtriebe mit Rebellen‹ zum Tode verurteilt worden, obwohl man ihn nur im Gespräch mit ihnen beobachtet hatte. Am 31. März schrieb ein anderer Kaufmann an Russell, berichtete von weiteren Verhaftungen und fügte hinzu! ›Ihre Freunde empfehlen Ihnen, sich hier nicht blicken zu lassen.‹ Unter diesen Umständen war es kein Wunder, daß Russel sich weigerte, vor Gericht zu erscheinen.
Obwohl die schottischen Kaufleute seinen Entschluß erwartet hatten, gerieten sie in Panik. Am 21. März überreichten neun Männer, darunter drei Magistratsmitglieder aus Stirling, Perth und Aberdeen dem Kronrat eine dringende Petition ›zu ihrem eigenen und dem Wohl aller Kaufmänner in den betroffenen Regionen‹. Sie erklärten, der ›beträchtliche Handel mit nationalen Produkten in den meisten niederländischen Provinzen‹ sei ›ohne die Hilfe tüchtiger, erfahrener Vertreter dem Untergang geweiht‹. Dann betonten sie, der Angeklagte Russell würde in den Niederlanden ›die Geschäfte als einziger Vertreter verwalten‹ und sei ›derzeit im Besitz großer Summen und erheblicher Warenmengen‹, die ihm die Kaufleute anvertraut hatten. Da die Exporte auf Kredit verkauft würden, sei es unmöglich, diese Schulden kurzfristig einzutreiben. Deshalb möge der Prozeß verschoben werden, bis Russell seine Auftraggeber befriedigt
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