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Fleisch ist mein Gemüse

Fleisch ist mein Gemüse

Titel: Fleisch ist mein Gemüse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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rumgeknutscht, und ich durfte ihr sogar unter die Bluse fassen. Kurze Zeit später kam sie allerdings mit Dieter Stindt zusammen, der bereits neunzehn war und sowohl eine eigene Wohnung als auch ein eigenes Auto hatte, einen astreinen Manta A mit Fuchsschwanz. Da hatte ich natürlich endgültig keine Chance mehr. Nun traf ich sie fünfzehn Jahre später hier wieder, sie war fast noch schöner, als ich sie in Erinnerung hatte.
    «Und, spielst du schon lange bei den
Tiffanys

    «Einfach nur
Tiffanys
, ohne Artikel. Ja, unter anderem, aber ich mach auch noch was anderes.»
    Das wollte sie aber schon gar nicht mehr so genau wissen.
    «Ich muss mal wieder. Vielleicht sehen wir uns ja nachher noch.»
    «Ja, das wär ja schön.» Achje, achje, nichts hatte sich verändert.Sehnsüchtig schaute ich ihr hinterher. Jens war schon ganz grün im Gesicht. Der Arme. Aber es half nichts, wir mussten langsam wieder. Das Tanzvergnügen wurde, wie es sich gehörte, mit dem Ehrentanz für das Brautpaar eröffnet.
Tanzen möcht ich
. Nach dem ersten Refrain wurden die Eltern des Brautpaares auf die Tanzfläche geholt. Sie guckten böse zu uns herüber. Wahrscheinlich waren wir in der letzten halben Stunde das einzige Gesprächsthema gewesen. Die Schweine. Die Säue. Keinen Pfennig Gage sollten die elenden Stinker bekommen. Gage? Haha. Konventionalstrafe werden die zahlen, bluten bis ans Lebensende. Der Abend entwickelte sich zu dem, was wir intern einen
lahmen Zock
nannten. Das Essen hatte mit den ganzen Reden und Darbietungen viel zu lange gedauert, und außerdem war es immer noch entsetzlich schwül. Wir spielten unseren Striemel runter. Ich hatte immer noch Blähungen, doch ich traute mich nicht weiterzupupsen. Eine Qual. Ewig würde ich das nicht aushalten können. Jens hielt sich nur noch mühsam hinter seiner Keyboardburg aufrecht. Irgendwann gab er den Kampf auf. Mit letzter Kraft brachte er
Bad moon rising
zu Ende und stürzte nach draußen. Die Bühne verfügte zum Glück über einen separaten Hinterausgang zum Garten. Er übergab sich mehrmals hintereinander, kam aber pünktlich zum nächsten Set an seinen Arbeitsplatz zurückgekrochen. Leichenblass stand er da, von dauerndem Würgereiz gepeinigt, und warf seinen Riemen auf die Orgel, wie man so schön sagt. Ein Wundermensch! Manch anderer wäre schon längst jammernd nach Hause geschlichen; der Mann mit dem kaum erkennbaren Bart, das Honigbienchen, schwankte, aber fiel nicht. Dabei war er noch nicht mal bei der Bundeswehr gewesen, sondern nur beim THW.
    «Wir machen durch bis morgen früh und singen bumsfallera.»
    Nach zwei Sets trat Jens erneut zum Brechen ab. Ich ging hinterher, um eine Ladung heiße Luft abzulassen. Ein herrliches Bild muss das abgegeben haben: Jens, Schwall auf Schwallin die Hecke speiend, und ich, wie ich mich mit verkrampftem Gesicht zusammenkrümme, um endlich meinen bedenklich geschwollenen Bauch zu entlasten.
    24   Uhr, Zeit für den Schleiertanz. Wie immer
Ganz in Weiß
vom unvergessenen Roy Black. Sinn und Zweck des Schleiertanzes ist, dass möglichst alle Hochzeitsgäste ein kleines Stück des Brautschleiers erhaschen.
    «Ganz in Weiß, so stehst du neben mir,
    und die Liebe lacht aus jedem Blick von dir.
    Und dann reichst du mir die Hand, und du siehst so glücklich aus,
    ganz in Weiß, mit einem Blumenstrauß.»
    An dieser Stelle stoppten wir abrupt, und die Gäste stürzten sich auf die dicke Matrone, um ihr den Vorhang vom wächsernen Gesicht zu reißen. Ein Küsschen vom pferdegesichtigen Ehegatten, und weiter ging’s. Die lange Visage des Bräutigams schien noch länger als zu Beginn der Feierlichkeiten, und die dicke Trulla gab sich auch keine Mühe, ihren Unmut über den schleppenden Verlauf ihrer Hochzeitsfeier zu verbergen. Das Fest kam einfach nicht in die Gänge. Als es um ein Uhr schon wieder ein kalt-warmes Buffet gab, hatte keiner Appetit. Egal. Topansage Gurki:
    «Und jetzt fassen sich alle an den Schultern und machen eine Polonaise zum kalten Buffet!»
    «Wir ziehen los mit ganz großen Schritten.
    und Erwin fasst der Heidi von hinten an die Schulter,
    das hebt die Stimmung, ja da kommt Freude auf.»
    Obwohl ich keinen Hunger hatte, lud ich mir den Teller voll, setzte mich etwas abseits und mampfte vor mich hin. Eigentlich hätte sich Susanne Born ja mal zu mir gesellen können. Sie guckte zwar ein paar Mal verstohlen herüber, beschäftigte sich aber lieber mit ihren zahlreichen Verehrern. Jens hatte sich erneut zum Göbeln

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