Fleisch
Gesicht des Tieres war weggeschnitten worden – die Kieferknochen und Zähne ohne Fleisch ließen es permanent makaber grinsen. Das linke Ohr fehlte, das rechte war hingegen intakt und schien unberührt. Die Augäpfel waren entfernt worden, und leere Augenhöhlen starrten in den Himmel. Obwohl der Kadaver halb auf der Seite, halb auf dem Rücken lag, die steifen Beine ausgestreckt, war der Hals verdreht, und die Nase zeigte genau nach oben. Maggie schien es beinahe, als hätte das Tier versucht, einen letzten Blick auf denjenigen zu werfen, der ihm dies angetan hatte.
Sie versuchte, das Geschlecht zu bestimmen. Alles, was das Tier als männlich oder weiblich hätte identifizieren können, war abgeschnitten worden und fehlte. Trotzdem war, wie Donny gesagt hatte, kein Blut zu sehen. Nicht ein Fleck, kein Spritzer. Was da geschehen war, war präzise, überlegt und brutal ausgeführt worden. Dennoch musste sie nachhaken.
„Entschuldigen Sie die Frage“, meinte sie, als sie sich langsam und vorsichtig näherte, so wie sie es bei jedem anderen Tatort auch getan hätte. „Aber warum sind Sie sich so sicher, dass das keine Raubtiere waren?“
„Weil Rotluchse und Kojoten kein Skalpell benutzen“, erklang eine Stimme von oben. „Zumindest nicht dass ich wüsste.“
Ein Mann kam den Hügel herunter. Er rutschte mit seinen Cowboystiefeln ein Stück, bis er Halt an einem Grasbüschel fand, und rutschte dann weiter. Sogar in der Dämmerung bewegte er sich in dem Gelände, ohne hinzusehen oder aufzupassen. Er trug Jeans, ein Basecap und eine leichte Jacke. Inzwischen wünschte Maggie sich, sie hätte auch eine dabei.
„Das ist Nolan Comstock“, sagte Donny. „Sein Vieh beweidet dieses Land hier seit … Wie lange schon, Nolan?“
„Fast vierzig Jahre sind es jetzt wohl. Und ich habe noch nie ein Tier verloren, das so aussah wie das hier. Also hoffe ich, dass Sie nicht meine und Ihre Zeit damit verschwenden, mir einreden zu wollen, dass das ein beschissener Kojote war.“
„Nolan!“ Donnys sonst so ruhige, sanfte Stimme wies den Rancher scharf zurecht. Maggie sah, wie sein Nacken errötete. Dann änderte er seinen Tonfall, wie um sich selbst zu korrigieren, und sagte: „Das ist Maggie O’Dell vom FBI.“
Nolan zog eine buschige Braue hoch und tippte sich an die Kappe. „Wollte nicht unhöflich sein, Ma’am.“
„Es wäre mir lieber, wenn Sie diesen Begriff nicht verwenden würden.“
„Was? Wird beim FBI heutzutage nicht mehr geflucht?“
„Ich meinte ‚Ma’am‘.“
Die Männer tauschten einen Blick aus, aber offenbar hatten sie ihren Versuch, einen Witz zu machen, nicht verstanden. Sie wandte sich wieder um und ging vor dem Kadaver in die Knie, wobei sie sich vergewisserte, dass der Wind von hinten kam. Sie hatte diese ganze Reise nicht unternommen, um einem Schwanzvergleich zwischen einem alten Rancher, dem eine FBI-Agentin völlig egal war, und einem Polizisten, der darauf bestand, dass er sie respektierte, beizuwohnen.
„Gehen wir die Einzelheiten durch“, schlug sie vor, ohne einen der beiden anzusehen. Das Licht nahm schnell ab, und mit ihrer Geduld würde es bald ähnlich sein.
„Es ist genau wie bei all den anderen“, antwortete Donny. „Augen, Zunge, Genitalien, linkes Ohr und Teile des Gesichts.“
„Linkes Ohr“, unterbrach sie ihn. „Hat das eine Bedeutung?“
„Da werden die Marken befestigt“, antwortete Nolan.
Als Maggie nichts dazu sagte, fuhr Donny fort: „Alle Schnitte wurden präzise ausgeführt. Kein Blut an den Rändern. Es ist, als wäre sämtliches Blut entfernt worden. Aber es gibt keine Abdrücke von Füßen oder Reifen.“
„Und auch keine Tierspuren“, ergänzte Nolan. „Nicht einmal von den toten Rindern selbst. Das Kalb der Kuh hier hat nachihr geschrien. Sie wäre unmöglich von ihm weggelaufen. Der Rest der Herde steht etwa eine halbe Meile westlich von hier. Ich schätze, dass sie seit zwei Tagen hier liegt, doch sehen Sie sich das an: Die Geier haben sie nicht angerührt.“
Und auch weder Fliegen noch Maden, dachte Maggie. Ohne Blut dauerte es länger, bis ein Kadaver die üblichen Insekten anzog.
Sie stand auf, ging um das Tier herum und hockte sich wieder hin. Einige Minuten lang ließ sie ihre Blicke über den Kadaver schweifen und untersuchte ihn. Die völlige Stille fiel ihr auf. Die beiden Männer schwiegen beinahe ehrfürchtig. Sie sah auf. Die beiden standen ein paar Meter entfernt und schauten erwartungsvoll zu.
„Jetzt müsste
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