Flesh Gothic (German Edition)
immer sich dort befand, lag nicht besonders tief in der Erde. Für ein gewöhnliches Grab wirkte es zu improvisiert. Ein abscheulicher Gestank von verwesendem Fleisch stieg auf und brachte sie zum Würgen. Dabei musste Westmore ständig denken: Was sind das für Dinger?
Sie legten mehrere Leichen frei, denen allerdings jegliche charakteristischen Merkmale und klare Knochenstrukturen zu fehlen schienen. Nur Arme, Beine und Köpfe oder zumindest Andeutungen davon. Westmore konnte in den Strahlen der Stablampen nicht allzu viel erkennen ... aber das musste er auch gar nicht.
»Das sind keine Menschen ...«
»Natürlich sind es Menschen«, widersprach Clements, wobei er sich jedoch nicht allzu überzeugt anhörte. »Das sind verweste nackte Leichen. Sehen wie Wasserleichen aus. Wenn man sie so flach vergräbt, verrotten sie schnell und es entstehen eine Menge Gase.«
Als Connie in die Grube schaute, wandte sie rasch den Blick ab und würgte.
»Die Gase könnten giftig sein«, fuhr Clements fort. »Und wir atmen die Scheiße ein wie zwei Idioten. Buddeln wir sie schnell wieder ein.« Er begann damit, die paraffinartigen, weißen und glänzenden Körper mit Erde zu bedecken.
»Wie wär’s, wenn wir sie nicht wieder einbuddeln?«, schlug Westmore fort. »Verschwinden wir einfach und rufen die Polizei.«
»Jetzt schwingen Sie schon endlich die Schaufel und helfen Sie mir.« Clements runzelte die Stirn und schleuderte weitere Erde in die Grube. »Wir rufen die Polizei nicht an. Auf gar keinen Fall. Damit wären unsere Pläne im Eimer. Ich hole Debbie Rodenbaugh aus diesem Haus. Wenn Sie hier eine Horde Bullen antanzen lassen, bläst Vivica ab, was immer sie und Hildreth vorhaben. Damit wäre sowohl mein als auch Ihr Vorhaben vereitelt.« Clements pikte Westmore in die Brust. »Wir beide haben eine Abmachung miteinander. Ich habe Ihnen versprochen, Ihnen beim Öffnen des Grabs zu helfen, und Sie haben versprochen, mich ins Haus zu lassen. Halten Sie sich gefälligst daran.«
Westmore verstand, worauf Clements hinauswollte, oder hoffte es zumindest. Innerhalb weniger Minuten hatten sie die Grube und auch Hildreths Grab wieder halbwegs in den vorherigen Zustand versetzt.
Die Schaufeln warfen sie in den Wald. Connie sah aus, als wäre ihr speiübel, als sie davongingen, und Clements selbst wirkte ebenfalls mitgenommen. Seine Fassade vom harten Kerl hatte einige Risse bekommen.
»Er hat recht«, meinte Connie mit einem Nicken in Westmores Richtung. »Diese Dinger sahen nicht menschlich ...«
»Es sind tote menschliche Körper«, beharrte Clements. »Die Hitze und der Regen in den vergangenen Wochen haben ihnen übel zugesetzt. Ich habe sie mir aufmerksam angesehen. Das sind keine verfluchten Monster, die Hildreth für eine satanische Opferung hierhergebracht hat. Du und er, ihr lasst euch von diesem beschissenen Guruquatsch mit Luziferanbetung total das Gehirn vernebeln.«
Westmore fühlte sich durch die jüngsten Erlebnisse und den Gestank zu ausgelaugt, um zu widersprechen. Natürlich hatte Clements recht, trotzdem jagte ihm das Aussehen der Leichen immer noch eine Heidenangst ein.
Sie überquerten das Grundstück und kehrten zur Zufahrtsstraße zurück. »Alles in Ordnung?«, fragte Clements gereizt. »Sie sehen aus, als würden Sie gleich im Strahl kotzen.«
»Ich fühle mich auch so.«
»Keine Sorge. Morgen Nacht ist die ganze Scheiße vorbei.«
Westmore zog eine Augenbraue hoch. »Was passiert denn dann?«
»Dann lassen Sie mich ins Haus und ich bereite dem Spuk ein schnelles Ende. Ich schaffe Debbie da raus, suche Hildreth und blase ihm das Licht aus. Wenn Sie sich die Hände nicht schmutzig machen wollen, okay. Lassen Sie mich einfach rein und die Drecksarbeit für Sie erledigen, so wie wir es ausgemacht haben.
Westmore seufzte. »In Ordnung. Wann?«
»Punkt zwei Uhr morgens.«
»Gut.«
Clements und das Mädchen stiegen ins Auto. »Das wird die letzte Nacht sein, die Sie in dem Haus verbringen.« Der ehemalige Polizist grinste im Mondlicht. »Lassen Sie sich nicht umbringen, ja? Ich will nicht, dass Sie die nächste Leiche sind, die ich ausgrabe«, sagte er und fuhr davon.
Kapitel 14
I
Das wird eine hartes Stück Arbeit, dachte Adrianne, als sie am nächsten Tag gegen Mittag durch das Haus schlenderte. Zunächst hatte sie einen kleinen Streifzug über das Grundstück geplant – draußen herrschte herrliches Wetter –, aber selbst nach einigen Minuten im Freien gelang es ihr nicht, die drückende
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