Fliedernächte: Roman (German Edition)
hereingelassen hatte, anstatt ihn an den Lieferanteneingang zu verweisen, zeugte von guter Schulung. Offenbar verstand der Mann zu unterscheiden.
In der Eingangshalle erwartete die luxusgewöhnte Klientel ein wahres Blumenmeer. Kunstvoll arrangierte Gestecke standen in teuren Vasen auf dem weißen Marmorboden mit der feinen schwarzen Äderung. Die dunklen Eichenpaneele an den Wänden, die Kristalllüster und Samtsofas waren von allerfeinster Qualität, und die schwarz gekleidete Frau am Empfang hätte gut und gerne ein Model sein können.
»Willkommen im Wickham . Was kann ich für Sie tun?«
»Ich muss den Eigentümer sprechen. Mr. Wickham senior.«
»Tut mir leid, Sir, aber Mr. Wickham ist momentan nicht erreichbar. Vielleicht kann Ihnen ja unser Geschäftsführer behilflich sein.«
»Nein. Richten Sie bitte Mr. Wickham aus, dass Ryder Montgomery ihn zu sprechen wünscht. Ersparen Sie sich die Mühe, den Geschäftsführer oder den Sicherheitsdienst zu rufen«, kam er ihr zuvor. »Sagen Sie ihm einfach, es geht um eine Anzeige wegen Körperverletzung gegen die Frau seines Sohnes.«
»Wie bitte?«
»Sie haben mich verstanden. Falls er nicht darüber reden möchte, fahr ich einfach wieder heim und geh dort zur Polizei. Ganz einfach. Er hat die Wahl.« Ryder zuckte mit den Schultern, während die junge Frau sichtlich um Fassung rang und ihn ungläubig anstarrte.
»Rufen Sie ihn an – ich warte hier«, forderte er sie erneut auf.
Dann trat er einen Schritt zurück und schaute sich um. An die große Halle grenzte eine Bar, die ausgesprochen einladend aussah, und gerne hätte er dort ein Bier getrunken, doch angesichts des Heimwegs war das wohl keine gute Idee.
Hope hatte zweifellos ganz hervorragend in dieses Haus gepasst, erkannte er. Sie verfügte genau über den Stil und das Auftreten, das hier gefragt war. Er konnte sie sich mit ihren schicken Kostümen und den teuren High Heels gut in diesem Ambiente vorstellen.
»Mr. Montgomery.«
Er drehte sich um und betrachtete den Mann im dunklen Anzug. »Security? Sie wollen mich rauswerfen? Sparen Sie sich die Mühe. Ich geh freiwillig, sehe dann Ihren Boss allerdings vor Gericht wieder.«
»Ich werde Sie zu Mr. Wickham bringen – und bei der Unterredung anwesend sein.«
»Kein Problem.«
Sie stiegen eine geschwungene Treppe in das Zwischengeschoss hinauf und traten durch eine Flügeltür aus schwerer Eiche in ein kleines Foyer. Der Wachmann klopfte an eine ebenfalls zweiflügelige Tür.
»Herein.«
»Mr. Montgomery, Sir.«
Der mit kunstvollen Schnitzereien verzierte schwere Schreibtisch, hinter dem Wickham senior thronte, hätte auch in das Arbeitszimmer eines blaublütigen Regenten gepasst. Und mit seinem dichten weißen Haar, den kühlen blauen Augen und dem gebräunten Teint sah er tatsächlich wie ein kleiner König aus.
»Ich erlaube nicht, dass irgendwer meine Familie bedroht.«
»Ach nein?« Ryder steckte seine Daumen in die Vordertaschen seiner Jeans. »Ich dulde das ebenfalls nicht. Lassen Sie mich kurz erklären, worum es geht, und dann können Sie Ihre Meinung dazu sagen. Meiner Familie gehört das BoonsBoro Inn, und Hope Beaumont ist unsere Geschäftsführerin.«
»Das ist mir bekannt.«
»Gut, das spart uns Zeit, denn so kann ich mir weitere Erläuterungen sparen. Ich werde ebenfalls nicht näher auf das frühere Verhältnis zwischen Hope und Ihrem Sohn eingehen, was da lief, beziehungsweise schieflief – das ist Vergangenheit, und mir geht’s allein um die Gegenwart.«
»Unsere Familien haben nichts miteinander zu tun, Mr. Montgomery. Und ich nehme es sehr ernst, wenn jemand meiner Schwiegertochter droht.«
»Das hoffe ich. Nur werden Sie Ihre Behauptung, dass unsere Familien nichts miteinander zu tun haben, vermutlich relativieren müssen, nachdem Sie sich angehört haben, was ich Ihnen zu sagen habe. Vor zwei Monaten tauchte plötzlich Ihr Sohn bei uns auf und behauptete, Sie würden Hope ein großzügiges Angebot unterbreiten, falls sie zu einer Rückkehr bereit sei. Das ist Ihre Angelegenheit, und ich kann es Ihnen nicht verdenken, wenn Sie es versuchen. Schließlich macht sie ihre Sache wirklich hervorragend. Doch im gleichen Atemzug unterbreitete Ihr Sohn ein zweites Angebot. Nämlich das, zu ihm zurückzukommen, mit eigenem Haus und allen möglichen Annehmlichkeiten. Neben seiner Ehefrau.«
Wickhams Kopf lief rot an. Ob vor Ärger oder Verlegenheit, das vermochte Ryder nicht gleich zu erkennen.
»Falls Sie denken, Sie
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