Fliedernächte: Roman (German Edition)
an.«
»Also bitte, Justine«, meinte Willy B., als Ryder die Stirn in Falten legte.
»Nein.«
»Dann hat also irgendwer, der aussieht wie du, sie gestern auf dem Hof geküsst?«
»Das … Nun, das hatte nichts weiter zu bedeuten.«
»Mina Bowers fand, dass es durchaus bedeutsam aussah. Sie fuhr zufällig an euch vorbei und hat es Carolee erzählt, die natürlich prompt mich angerufen hat.«
Kleinstadt, dachte er mit einem Anflug von Verzweiflung. Hier konnte man wirklich nichts geheim halten. Nur dass es so schnell die Runde machte, das erstaunte ihn dann doch.
»Warum kümmern sich die Leute nicht einfach um ihre eigenen Angelegenheiten?«, knurrte er verdrießlich.
»Weil die Angelegenheiten anderer Leute interessanter sind«, klärte Justine ihn grinsend auf. »Und stell dir vor: Als Carolee es mir erzählte, wusste ich bereits durch Chrissy Abbot von einem ähnlichen Vorfall einen Tag früher. Was sagst du jetzt, mein Sohn? Sie war mit ihrem Hund unterwegs und hat euch beobachtet. Und den Anzugträger, bei dem es sich vermutlich um Jonathan Wickham handelte, wie mir andere Quellen zuflüsterten.«
»Er war hier und wollte sie überreden, nach Washington zurückzukommen. Ins Hotel und zu ihm.«
»Ich dachte, er ist inzwischen verheiratet«, fing Willy an.
»Willy, sei nicht so naiv. Dieser Mann ist völlig charakterlos«, stellte Justine fest und wandte sich missbilligend an ihren Sohn. »Warum habe ich von diesem Kuss gehört und nichts davon, dass du diesen Kerl von unserem Grundstück gejagt hast?«
Ryder bedachte sie mit einem Lächeln, das von Herzen kam. »Du bist wirklich umwerfend, Mom.«
»Das ist keine Antwort.«
»Weil Hope es mir erst erzählte, als er bereits wieder verschwunden war. Aber sie hat ihm den Kopf selbst ordentlich zurechtgerückt.«
»Sehr gut. Vielleicht sollte ich kurz zu Hope rübergehen und mit ihr reden, was denkst du?«
»Schlechtes Timing, würde ich sagen, denn meines Wissens ist sie gerade mit neuen Gästen beschäftigt.«
»Na gut, dann eben ein andermal.« Justine schaute Ryder durchdringend an. »Zurück zum Ausgangspunkt. Wenn du sie anbaggern willst, ohne dass jemand es merkt, solltest du dir künftig verschwiegenere Orte aussuchen. Ist bloß ein gut gemeinter mütterlicher Rat.«
»Ich baggere sie nicht an.«
»Schade, das enttäuscht mich. Und jetzt fahr heim, stell dich unter die Dusche und ruh dich ein bisschen aus. Wir reden morgen weiter. Und, Ry, ihr leistet wirklich gute Arbeit hier. Das kann man jetzt bereits sehen.«
Das konnte sie bestimmt, dachte er, als sie mit Willy davonging. Sie sah immer alles: manchmal mehr, als ihm lieb war.
»Ich baggere also unsere Managerin an. Mein Gott. Und wenn nicht, ist Mom von mir enttäuscht. Aus den Frauen und vor allem aus den Müttern werde einer schlau. Komm, D.B., lass uns duschen gehen.«
Ryder hatte gerade das Gebäude abgeschlossen, als er Hope erneut mit einer Kuchenplatte neben seinem Pick-up stehen sah.
Warum zum Teufel trafen sie sich immer auf diesem blöden Parkplatz?
»Du hast Willy B. und meine Mutter knapp verpasst.«
»Oh, warum haben sie nicht kurz reingeschaut?«
»Ich dachte, du hättest Gäste, und hab ihnen abgeraten.«
»Ja, es sind zwei Paare gekommen.« Sie deutete auf die beiden Autos. »Nachdem ich ihnen alles gezeigt und erklärt habe, sitzen sie jetzt gemütlich in der Lounge bei Wein und Käse. Carolee kümmert sich um sie.«
»Danke für den Kuchen.«
»Bevor ich wieder rübergehe, wollte ich dich etwas fragen.«
»Schieß los.«
»Denkst du darüber nach, mit mir ins Bett zu gehen?«
»Was zum Teufel soll ich darauf antworten?«
»Die Wahrheit«, meinte sie. »Ich bin nämlich ein großer Verfechter von Ehrlichkeit in jeder Beziehung – und mag sie noch so oberflächlich sein. Es gibt einem einfach ein besseres Gefühl. Und da ich mir diese Frage selbst gestellt und mit Ja beantwortet habe, würde ich gerne wissen, was du darüber denkst. Ob du es ebenfalls möchtest. Wobei wir uns darauf verständigen sollten, dass es rein um Sex geht«, fuhr sie entschlossen fort, während Ryder ziemlich verdattert und sprachlos vor ihr stand. »Ohne irgendeine Verpflichtung. Wenn nicht, ist das ebenfalls für mich okay. Nur würde ich gerne wissen, woran ich mit dir bin.«
Sie legte ihre Karten wirklich überraschend offen auf den Tisch.
»Um dir das zu beantworten, müsste ich erst mal in mich gehen und mir klar werden, was ich genau will.«
Er war müde und schmutzig und
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