Fliedernächte: Roman (German Edition)
lassen uns einfach in Ruhe«, antwortete Ryder ausweichend.
»Hast du sie gesehen?«, fragte Owen.
»Man braucht sie nicht zu sehen, um zu wissen, dass sie da ist. Außerdem hat sie mir deutlich zu verstehen gegeben, dass sie Shawn – ihr erinnert euch bestimmt an den Schreiner, den wir zu Beginn der Renovierung angeheuert hatten – nicht leiden konnte.«
»Er war uns allen unsympathisch, weil er Material klaute«, wandte Owen ein.
»Und weil er die Frau von Denny angebaggert hat. Wie blöd muss man sein, sich an eine Polizistenfrau heranzumachen, obwohl die nicht einmal wollte?«
»Lizzy mochte den Kerl schon nicht, bevor wir ihm auf die Schliche kamen. Sie hat ständig sein Werkzeug, seine Handschuhe und so weiter versteckt. Erst dachte ich, er sei bloß schlampig, doch als ich ein paar von seinen Sachen unten in dem alten Kellerraum fand, wusste ich Bescheid. Nicht allein weil er dort nie war, sondern weil seine Sachen, alle ordentlich nebeneinander aufgereiht, einen leichten Geißblattduft verströmten.«
»Womit sie in diesem Fall zumindest eine bessere Urteilskraft bewiesen hat als wir«, stellte Owen fest.
»Sieht so aus. Sie hat zwar andere Arbeiter ab und zu erschreckt, aber die immer auf eine eher lustige Art. Und …«
»Aha.« Beckett richtete seinen Zeigefinger demonstrativ auf den Bruder. »Du hast uns was verschwiegen.«
»Weil ich es nicht weiter wichtig fand. Da wir allerdings gerade beim Thema sind«, räumte Ryder schulterzuckend ein, »gebe ich zu, dass Lizzy mich nicht nur einmal im Penthouse eingeschlossen hat. An dem Tag, als Hope zum ersten Mal auf der Baustelle erschien, geschah es ebenfalls. Ich war damals ein wenig sauer, weil Mom sie so Knall auf Fall engagiert hatte.«
»Was meine Urteilskraft beweist«, warf Justine ein.
»Nun ja, okay. Damals fand ich es etwas überstürzt. Vor allem weil es ohne Rücksprache mit uns geschah.«
»Du warst entsetzlich unhöflich«, rief ihm seine Mutter in Erinnerung. »Und starrsinnig dazu.«
»So würde ich es nicht bezeichnen, wenn jemand offen seine Meinung äußert. Unhöflich, von mir aus, und dafür hab ich mich entschuldigt. Jedenfalls bin ich damals nach oben gegangen, um bei der Arbeit etwas Dampf abzulassen, und mit einem Mal fiel die Tür zu und ließ sich einfach nicht mehr öffnen. Obwohl sie nicht einmal ein Schloss hatte. Irre!«
»Das war also ihr erster Denkzettel für dich«, erklärte Avery.
»Unterbrich mich nicht. Ich konnte sie dort drinnen riechen, was mich noch mehr nervte als die geschlossene Tür. Und dann hörte ich sie lachen und sah, dass sie ein Herz mit deinem Namen an eine der Fensterscheiben gemalt hatte«, erklärte er mit einem Blick auf Hope.
Sie riss verblüfft die Augen auf. »Ein Herz mit meinem Namen?«
»Ja, genau. Ich sehe es nach wie vor deutlich vor mir. Sie mochte dich und wollte, dass du bleibst. Mir gab sie irgendwie zu verstehen, dass ich das gefälligst akzeptieren sollte. Diese Anmaßung machte mich vollends wütend, und ich hätte am liebsten mit ihr gestritten. Funktioniert bloß bei einem Geist nicht wirklich.«
»Und deshalb hast du deinen Frust an mir ausgelassen: Sag der Managerin dies, sag der Managerin das …«, fügte Hope hinzu.
Erneut zuckte Ryder mit den Schultern. »Was Lizzy allerdings nicht von ihrem Vorhaben abzubringen vermochte.«
»Vielleicht solltest du versuchen, mit ihr zu reden«, schlug Clare vor. »Ich denke, sie hat dich nicht umsonst speziell erwähnt. Vor allem seid ihr beide inzwischen … Freunde.«
»Du darfst es ruhig beim Namen nennen und brauchst es nicht verschämt zu bemänteln«, stellte Justine klar. »Was das andere hingegen betrifft, stimme ich dir zu.«
»Ich rede generell nicht gerne«, protestierte Ryder. »Und dann mit einem Geist.«
»Hab dich nicht so, versuch’s einfach«, erklärte Hope. »Irgendwie scheint Lizzy für euch Montgomerys eine Schwäche zu haben. Wahrscheinlich ist sie euch ewig dankbar, dass ihr Zuhause wieder wohnlich wurde, dass ihr ihm seinen alten Glanz und seine alte Wärme zurückgegeben habt. Sie hat zu mir gesagt, sie könne nirgendwo sonst hin. Deshalb schätzt sie eure Bemühungen sicherlich und hat daraus neue Energien gezogen, die es ihr erlauben, zeitweilig sichtbar zu werden. Ihr alle hattet einen Anteil daran, wobei du, Ryder, die meisten Arbeiten am und im Haus erledigt hast. Vielleicht ist das der Grund, warum sie dich besonders erwähnt. Ich denke auch, dass du von uns allen die größte Chance
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