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Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Titel: Flieg, Hitler, flieg!: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ned Beauman
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Brustwarzen unbedeckt war; nicht einmal in Claramore hatte sie ihn so nackt gesehen, und ein kleiner hirnloser Teil von ihr genierte sich fast. Mit Tränen in den Augen sprang sie auf und rannte aus der Wohnung und hinaus zum Taxi, wobei sie in ihrer Hast fast kopfüber die Treppe hinunterfiel.
    »Du musst mit nach oben kommen«, sagte sie heiser zu Tara.
    »Ich kann nicht.«
    »Du musst. Du musst. Philip ist nicht da.« Der Fahrer musterte sie gleichgültig im Rückspiegel.
    Tara stieg aus, und Evelyn führte sie nach oben und in das Labor.
    »Was ist passiert?«, fragte Tara, als sie Sinner dort liegen sah.
    »Ich weiß es nicht. Ich kann nicht erkennen, ob er …«
    Tara kniete sich hin und legte ihr Ohr auf Sinners Brust, dann versuchte sie, seinen Puls zu fühlen. Traurig drehte sie sich zu Evelyn um und schüttelte den Kopf.
    »O Gott, kannst du nicht irgendwas machen? Oder sollen wir einen Arzt holen?«
    »Es ist zu spät, Liebes.«
    »Aber er sieht aus, als wäre er nur bewusstlos, was kann denn bloß …«
    Tara zeigte bekümmert auf die leere Ginflasche neben Sinners rechter Hand, und Evelyn fühlte sich, als gäben morsche Bodendielen unter ihren Füßen nach.
    »O nein! Nein, nein, nein!«
    Tara stand auf und hielt die schluchzende Evelyn fest im Arm. Nach ein paar Minuten schniefte Evelyn und sagte: »Wir müssen ihn von hier wegbringen.«
    »Ich gehe. Dann kannst du die Polizei rufen.«
    »Nein. Nicht die Polizei. Wir müssen ihn selbst wegbringen. Denk an das, was er mir erzählt hat. Über meinen Bruder.« Evelyn hatte Tara haarklein alles über die Nacht im Salon erzählt.
    Sie trugen Sinner nach unten, Tara nahm die Füße, und Evelyn hielt ihn unter den Armen. »Unser kindischer Freund hat sich hemmungslos betrunken, fürchte ich«, rief Evelyn dem Fahrer zu, als sie zum Taxi kamen, und es gelang ihr, mit einigermaßen ruhiger Stimme zu sprechen. »Helfen Sie uns bitte?« Widerwillig stieg der Fahrer aus, öffnete die Tür und half ihnen, Sinner auf den Rücksitz zu bugsieren.
    »Wohin?«, fragte er, als alle im Wagen saßen.
    »Cable Street«, sagte Evelyn, ohne viel zu überlegen. Es war die einzige Straße im East End, deren Name ihr einfiel.
    »Sie wissen aber, dass heute dieser große Marsch stattfindet?«
    »Ja.«
    »Sind Sie vielleicht Schwarzhemden?«, scherzte der Fahrer.
    »Wir haben uns noch nicht entschieden«, sagte Evelyn.
    Als sie an das westliche Ende der Commercial Road gelangten, waren die Straßen von so vielen Feiernden verstopft, dass sie nicht weiterfahren konnten.
    »Warten Sie hier«, sagte sie zu dem Fahrer und gab ihm etwas Geld im Voraus.
    »Wo willst du hin?«, fragte Tara.
    »Es muss jemanden geben, der uns helfen kann.«
    In dem Gefühl, es sei das Mutigste, was sie je getan hatte, stieg Evelyn aus dem Taxi, ging auf den ersten Mann zu, den sie sah, und sagte: »Kennen Sie Seth Roach?«
    »Suchst du ihn?« Er grinste anzüglich, wobei seine braunen Zähne zu sehen waren, und ergriff ihre Hand. »Ich hab ihn gerade eben gesehen. Gleich um die Ecke. Komm mit, ich zeig’s dir.«
    Sie zog ihre Hand weg und ging weiter. Verzweifelt wünschte sie, zum Taxi zurückkehren und nach Hause zu Caroline fahren zu können, aber sie hatte bereits Tara im Stich gelassen und konnte nicht auch noch Sinner im Stich lassen, also versuchte sie es bei drei weiteren Passanten und fand schließlich einen Mann, der sagte: »Klar, den kenn ich. Hab ihn nicht gesehen, aber wenn er hier irgendwo ist, dann wahrscheinlich im Dabrowski’s.«
    »Was ist das?«
    »Dabrowski’s Pub. Da sind die ganzen Jungs vom Premierland hin.«
    »Wo ist das?«
    »Cannon Street«, sagte er – und als er merkte, dass sie keine Ahnung hatte, wo das war, streckte er den Daumen aus und fügte hinzu: »Paar Straßen weiter, auf der rechten Seite.«
    »Vielen Dank.«
    Nach etlichen Minuten fand sie das Pub, das kein Schild an der Tür hatte. Dutzende von Leuten hatten im Inneren keinen Platz mehr gefunden und standen draußen auf der Straße, und sie musste sich mehrere anerkennende Pfiffe gefallen lassen und wurde sogar in den Po gekniffen, als sie sich ihren Weg hinein bahnte; auch im Inneren des Pubs war es zu eng, um sich zu bewegen, und darüber hinaus wurde ein streitbares Lied auf eine sehr interessante atonale Weise gesungen, sodass sie keine Wahl hatte, als stehenzubleiben und mit lauter Stimme zu brüllen: »Kennt hier irgendwer Seth Roach?« Nachdem sie das dreimal gerufen hatte, wurde das Lied ein wenig

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