Flirtverdacht Roman
uns bei dir treffen und vielleicht eine Pizza bestellen. Obwohl ich lieber nur einen Salat nehme, sonst muss ich noch das Kleid ändern lassen … schon wieder! Der Käsekuchen letzte Woche bei Erics Geburtstag war ein großer Fehler! Ich hatte das Gefühl …«
»Ja, das geht klar«, unterbrach ich schnell, warf einen prüfenden Blick in den Spiegel und versuchte, mein langes, kastanienbraunes Haar glattzustreichen. »So um acht?«
»Ja, klingt gut. Oh, John habe ich übrigens auch eingeladen. Na ja, was heißt eingeladen, ich habe mich vielmehr geschlagen gegeben, weil er mich geradezu angefleht hat. Er behauptet zwar, er hätte Ahnung von Kalligraphie, aber ehrlich gesagt kann ich mir das kaum vorstellen. Du weißt ja, wie er manchmal ist. Bist du damit einverstanden?«
»Klar, kein Problem. Hör mal, ich bin wirklich spät dran. Bis morgen, dann reden wir weiter.«
»Natürlich. Entschuldige. Also dann, viel Spaß bei der Arbeit! Hoffentlich schnappst du viele Fremdgeher!«
Lachend drückte ich die »Beenden«-Taste auf meinem Handy. Ich hatte mich noch immer nicht so richtig daran gewöhnt, dass meine Freunde jetzt wussten, womit ich mir meinen Lebensunterhalt verdiente. Bis vor ungefähr einem Jahr hatten sie in dem Glauben gelebt, ich würde für eine Investmentbank arbeiten. Erst als plötzlich eine unglücksselige Website mit Bildern von mir auftauchte, um Männer vor meinen wahren Absichten zu warnen, war nach und nach alles ans Licht gekommen.
Früher hatte ich diesen Job ganz allein gemacht. Ich hatte mich mit den Auftraggeberinnen getroffen, die Aufträge entgegengenommen und auch selbst ausgeführt. Soll heißen, ich höchstpersönlich hatte die Treue der Ehemänner und Verlobten dieser Frauen überprüft. Und niemand von meinen Bekannten hatte auch nur die leiseste Ahnung gehabt. Meine Freunde, meine Familie, sogar Fremde, die mir im Flugzeug begegneten, hatten geglaubt, ich säße vierzehn Stunden am Tag in einem kleinen Kämmerchen und starrte endlose Zahlenreihen auf einem Bildschirm an. Das war allerdings auch nicht besonders weit hergeholt, denn vor meiner Tätigkeit als Treuetesterin sah mein Arbeitsalltag wirklich so aus.
Doch nach diesem ganzen Website-Fiasko, das, wie sich später herausstellte, auf das Konto des äußerst nachtra genden Ex-Mannes einer ehemaligen Auftraggeberin ging, musste ich mit der Wahrheit rausrücken. Ich offenbarte alles. Meinen Freunden, nicht meiner Familie. Wer vertraut schon gerne seiner Mutter an, dass er von Berufs wegen beinahe mit verheirateten Männern schläft? Wohl niemand.
Seitdem ich die Agentur leite und fünf Vollzeitmitarbeiter die Treuetests für mich durchführen, ist mein Leben etwas einfacher geworden. Meiner Familie habe ich trotzdem noch nicht davon berichtet. Sie glauben nun, dass meine Agentur Haushälterinnen, Kindermädchen und Nachhilfelehrer an wohlhabende südkalifornische Familien vermittelt. Tja, zumindest kommt das der Wahrheit schon etwas näher.
Nachdem ich das Gespräch mit Sophie beendet hatte, öffnete ich unverzüglich die E-Mail-Anwendung meines iPhones und gab eilig eine Nachricht an meine Assistentin ein, damit sie meinen Mitarbeitern Bescheid sagen konnte, dass ich mich verspäten würde. Während ich mit einer Hand tippte, versuchte ich mir mit der anderen den rechten Schuh anzuziehen. Leider stellte ich mich, was die Schuhe betraf, weniger geschickt an als beim Tippen, und als ich das Riemchen an meiner Ferse festzog, verlor ich völlig das Gleichgewicht.
Ich streckte die Hand aus, um mich irgendwo abzustützen, und spürte Haut unter den Fingern. Die weiche Haut eines wohlgeformten Armes.
Es war Jamie. Mein Freund.
Er stand direkt in der Tür und hatte mich mühelos mit einem Arm aufgefangen. »Hey, hey, Turbo! Machst du mal wieder alles gleichzeitig?«, kommentierte er mit seinem üblichen verschmitzten Grinsen. Manchmal fragte ich mich, ob er mich wirklich um meiner selbst willen liebte oder nur deshalb, weil, mich zu beobachten, oft so unterhaltsam war.
Jamie und ich waren seit über einem Jahr zusammen, und mittlerweile wohnte er gewissermaßen bei mir. Er hatte zwar noch ein eigenes Apartment in Century City in der Nähe seines Büros, aber die meiste Zeit verbrachte er in meiner Wohnung. Wahrscheinlich war er so gerne bei mir, weil er hier seinen Job besser hinter sich lassen konnte. Von seinem Loft in Century City blickte er direkt auf das Gebäude seiner Firma, und seit man ihn vor einigen Monaten zum
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