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Florian der Geisterseher

Florian der Geisterseher

Titel: Florian der Geisterseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Doktor Hempel! Sie haben mit meinem Mann telefoniert! Kommen Sie rein.“
    „Dann viel Spaß!“ sagte Florian, zog die Tür zu und lief die Treppe hinunter. Jetzt dableiben und horchen ist Quatsch! überlegte er. Ich weiß ja, was er sagt. Also trainieren, bis das Donnerwetter losgeht!
    Jetzt müßte Sportfest sein! dachte er unterwegs. Das gab neuen Rekord! Nichts macht so schnelle Beine, als wenn anderswo über einen entschieden wird! Das hohe Tempo verkürzte die Laufzeit. Bereits zehn Minuten später war Florian wieder zu Hause. Ihm blieb gerade noch Zeit, den Kopf unter den kalten Wasserhahn zu halten und das Gesicht abzutrocknen, als sein Vater schon rief: „Komm mal rein!“
    Wie eine Prüfungskommission saßen sie da. Sie redeten auch in jenem bestimmten Ton mit ihm, den Erwachsene anschlagen, wenn sie einem Jungen angeblich eine „Chance“ geben wollen.
    Der Vater schilderte die „unerhörte Ungeheuerlichkeit“, wie er es nannte, die Florian ausgeheckt habe. Mit Tante Thekla werde noch zu reden sein — das sei Familienangelegenheit.
    „Als ob ich’s geahnt hätte!“ lobte der Vater sich selbst.
    Lehrer Hempel räusperte sich. Er war wirklich sehr blaß. Moment! Hatte nicht Tante gesagt, er sei krank, er wisse es nur noch nicht?
    „Ich will dir eine Chance geben, dich zu verteidigen“, sagte Hempel.
    Die berühmte Chance also. Florian nickte und begann: „Zuerst wollte ich nur mal sehen, ob das stimmt mit der Präcognition . Mit der Vorhersehung. Da ist mir als Beispiel die Mathearbeit eingefallen. Meine Tante hat in Trance so schnell gesprochen, daß ich den Fehler mit dem Ypsilon gemacht habe. Sie hat alles richtig vorausgesagt. Aber sonst hat sie mit der Sache nichts zu tun. Wofür ich die Rechnung haben wollte, weiß sie nicht.“
    „Na, hör mal!“ Lehrer Hempel lächelte überlegen.
    „Bestimmt nicht!“ wiederholte Florian. „Sie hat es mir selbst gesagt.“
    „Lüg nicht!“ fuhr der Vater dazwischen. „Wenn sie’s dir gesagt hätte, wüßte sie’s doch! Zumal als Hellseherin.“
    „Nein!“ widersprach Florian. „Sie hat mir erklärt, daß sie sich nur auf die Fragen konzentriert, nicht darauf, was der Betreffende damit macht. Das kann sie auch. Es ist aber anstrengender.“
    Die Eltern und Lehrer Hempel sahen einander verständnislos an. Sie hielten Florian für übergeschnappt.
    „Ich hab’s ja geahnt!“ lobte sich der Vater wieder.
    „Lassen wir das mal beiseite“, fuhr der Lehrer fort.
    Doch Florian unterbrach ihn: „Das können Sie nicht beiseite lassen. Das ist wichtig für meine Tante...“
    „Warum verteidigst du sie denn so?“ unterbrach die Mutter.
    „Weil sie nichts damit zu tun hat und ihr das nicht glaubt!“ trotzte Florian.
    Lehrer Hempel schlug einen besonders milden Ton an. „Vielleicht kann uns das deine Tante selber erklären. Von dir, Florian, würde ich gern hören, was du zu deiner Tat zu sagen hast? Ich meine, es ist doch ein starkes Stück, einer Hellseherin vorsätzlich die Aufgabe zu entlocken und die Klassenkameraden zu verleiten mitzumachen...“
    „Ich hab niemand verleitet!“ widersprach Florian. „Ich wollte wissen, ob das Hellsehen stimmt, ganz für mich allein. Vielleicht hätt ich’s Ihnen nachher sogar gesagt, daß mir da übersinnliche Kräfte geholfen haben.“
    „Ach, wie reizend!“ meinte Lehrer Hempel eisig. „Und woher wußte es dann die ganze Klasse?“
    „Da müssen Sie meine Eltern fragen!“ gab Florian zur Antwort.
    Der Vater wollte wieder aufbrausen. Doch nun kam heraus, daß Mutter ihm noch nichts gesagt hatte, von dem Gerede auf der kulturellen Veranstaltung. Als er daraufhin abermals aufbrausen wollte, rief sie erregt: „Du bist schuld! Du hast es Frau Treitschke- Zwiebenich erzählt, wo wir unseren Sohn untergebracht hatten. Da muß es ja die ganze Stadt erfahren!“ Und zu Lehrer Hempel gewandt, fügte sie hinzu: „Frau Treitschke- Zwiebenich gehört der Damenfrisiersalon ,Annegret’ am Marktplatz.“
    „Ach so.“ Lehrer Hempel nickte höflich. Er wäre auch nicht mehr zu Wort gekommen, die Auseinandersetzung hatte sich auf die Eltern verlagert. Rechthaberisch rechneten sie einander vor, mit wem sie auf der kulturellen Veranstaltung gesprochen hatten und worüber.
    Als Mutter sich nachträglich empörte: „Du warst ja fast den ganzen Abend bei dieser Frau Treitschke- Zwiebenich !“ verabschiedete sich Lehrer Hempel.
    „Jetzt wissen wir überhaupt nicht, was los ist!“ schimpfte der Vater, nachdem er

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