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Florian der Geisterseher

Florian der Geisterseher

Titel: Florian der Geisterseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Gefühl.“
    Da lächelte der blasse Lehrer Hempel so herzlich, daß Florian sich wie ein Schwein vorkam. Doch gleich darauf in der Pause war er der Allergrößte.
    „Mensch, Flori , das vergessen wir dir nie!“ tönte Uwe. Alle drängten sich um ihn.
    „Deine Tante ist ein toller Dampfer!“ lobte Karl.
    Jörg klopfte ihm auf die Schulter. „Vor der nächsten Arbeit fahr ich dich zu ihr!“
    Einzig Jens, sein bester Freund, äußerte sich sparsam: „Die Aufgabe hat gestimmt. Jetzt müssen wir warten, ob auch das Ergebnis hinhaut.“
    Wie recht er mit seinem Zweifel hatte, wurde drei Stunden später Gewißheit. Die Klasse wollte das Schulzimmer gerade verlassen, da stürmte Lehrer Hempel mit ausnahmsweise hochrotem Kopf herein und rief: „Moment mal! Es ist etwas sehr Merkwürdiges passiert. Alle haben richtig gerechnet und alle müßten eine Eins bekommen, aber...“, er schrieb einen Teil der Lösung an die Tafel, „...das eine Ypsilon hier stimmt nicht. Das hat da überhaupt nichts verloren. Die Arbeit ist demnach abgeschrieben worden, und zwar falsch. Sie wird wiederholt! Schwerer, sehr viel schwerer! Das garantiere ich euch. Alle bekommen eine Fünf und ich werde der Sache nachgehen.“ Sprach’s , wischte die Tafel wieder ab und verließ das Zimmer.
    Florian bekam den ersten Tritt. „Saukerl!“
    „Das mußt du büßen!“
    „Uns so reinzulegen!“ zischte es.
    „Idiotentante!“ schrie Jörg.
    „Ich habe mich verhört!“ schrie Florian zurück.
    „Wegen dir kriegen wir jetzt eine Fünf!“ ereiferten sich Pitt und Wolfram.

    Selbst Jens, sein bester Freund, rückte von ihm ab. „Genauso hab ich’s mir vorgestellt! Aber mit dir war ja nicht zu reden.“
    Allein gelassen verließ Florian als letzter das Klassenzimmer. Draußen am Hoftor stand Lehrer Hempel. Er wartete auf ihn. Dafür hatten die Kameraden gesorgt.
    „Du sollst es gewesen sein, höre ich!“ sagte er. „Eine Tante von dir, eine angebliche Hellseherin, soll dich, wie nicht anders zu erwarten, falsch unterrichtet haben. Das ist Betrug. Und daß du mit solchen Machenschaften die ganze Klasse reinlegst, gefährdet deinen Verbleib in der Franz-Joseph-Schule.“
    Wie die Rechnung ausgeht, hab ich Tante gefragt, nicht wie die Sache endet! überlegte Florian. Hätten meine Eltern nicht angegeben, hätte ich meinen Fünfer bekommen, wie immer! Doch darüber verlor er kein Wort. Er nickte nur. „Ich fliege wahrscheinlich, ich weiß“, sagte er ruhig und ging nach Hause.

Unerhörte Ungeheuerlichkeit

    Am einfachsten wäre es gewesen, aufs Rad zu steigen, zu Tante Thekla zu fahren und sich von ihr wahrsagen zu lassen. Das aber kam für Florian nicht in Frage. Er hatte kombiniert wie noch nie und bei allen Möglichkeiten, die er sah, eines immer bedacht: Sie darf auf keinen Fall hineingezogen werden!
    Das war er ihr schuldig. Schlimm genug, daß so viele von ihr wußten, wenn auch nichts Genaueres. Für eine Hellseherin ist schon Geschwätz schädlich! Das wußte er aus der eigenen Verwandtschaft nur zu gut.
    Jetzt, da die Katastrophe passiert war, hatte Florian merkwürdigerweise die Ruhe weg. Kühl kombinierte er und gewann seiner nicht gerade beneidenswerten Lage sogar einen unerwarteten Reiz ab.
    Ob ich sensitiv begabt bin, wie Tante sagt, kann sich jetzt erweisen: Ich muß mich auf die Gegenseite konzentrieren und daraus die richtigen Schlüsse ziehen! Gelegenheiten hierfür gab es reichlich. Die Klassenkameraden schnitten ihn so gründlich, daß er wußte, das ist abgemacht. Jens, sein bester Freund, bestätigte es, als er ihn am Nachmittag aufsuchte. Lang blieb Florian nicht. Jens verstand ihn seit den Ferien nicht mehr und wußte auch nicht, auf welche Seite er sich schlagen sollte. Die Freundschaft befand sich in einer Krise. Was die Klassenkameraden betraf, würde ein 400-Meter-Sieg genügen, um, wie es in der Politik heißt, „die Beziehungen wieder zu normalisieren“.
    Blieb der blasse Lehrer Hempel. Er würde etwas unternehmen. Das hatte Florian sofort gespürt. Manche Leute drohen ja, tun dann aber doch nichts. Zu ihnen gehörte der Lehrer nicht.
    Wie richtig letztere Kombination war, zeigte sich am folgenden Nachmittag. Florian wollte gerade zum Lauftraining aus dem Haus, da klingelte es. Er hatte den Türgriff schon in der Hand und öffnete. Draußen stand der Mathe-Lehrer. Er schaute überrascht, faßte sich aber sofort: „Ich möchte deine Eltern sprechen!“
    Da kam die Mutter auch schon aus dem Zimmer. „Ja, Herr

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