Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Florian der Geisterseher

Florian der Geisterseher

Titel: Florian der Geisterseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
Vom Netzwerk:
interessieren.
    Wo ist die undichte Stelle? überlegte Florian.
    Da kam Jörg mit dem gelben Mofa. „Kann ich mir die Mathearbeit abschreiben?“ fragte er.
    Wenn du mir dein Mofa leihst! wollte Florian gerade sagen, als Jörg fortfuhr: „Ich hätt sie mir ja auch bei Uwe oder Detlef abschreiben können. Aber an der Quelle ist es mir sicherer. Kann ja einer einen Schreibfehler reinbringen. Du, frag mal deine Tante, ob sie für uns nicht auch lateinisch hellsehen kann.“
    Alle Hinhaltesätze wie „Was soll der Quatsch?“, „Wer behauptet denn so was?“ und „Wovon redest du eigentlich?“ halfen nichts. Florian war so verblüfft, daß er direkt fragte: „Woher weißt du?“
    „Deine Eltern waren doch bei der Bilderausstellung“, erklärte Jörg bereitwillig. „Da haben sie meinen Eltern erzählt, wo sie dich in den Ferien hingesteckt haben. Und nachdem Uwe mir dann gesagt hat, bei dir gäb’s die nächste Mathearbeit, hab ich natürlich kombiniert. Soviel Hellseher bin ich auch.“
    Das also war die undichte Stelle! Florian blähte die Nasenflügel. „Fehlt nur noch, daß Lehrer Hempel davon erfährt!“ schimpfte er.
    „Da mach dir mal keine Sorgen!“ meinte Jörg. „Die Klasse weiß es, und die hält dicht. Wir können alle ’ne Eins brauchen. Falls deine Tante sich nicht geirrt hat.“
    Florian sagte nichts mehr.
    Jörg schrieb sich die Aufgabe ab. An der Tür räusperte er sich. „Dank dir, Flori ! Find ich ganz toll, daß du an alle gedacht hast. Und wenn du mal mein Mofa brauchst, auf ’ne Fahrt zu deiner Tante, nehm ich dich gern mit.“
    Kaum war er weg, kam die Mutter aus dem Wohnzimmer. „Was wollen denn die vielen Jungen in den letzten Tagen? Habt ihr was ausgefressen?“
    „Wir nicht. Aber ihr!“ fauchte Florian. „Die kommen alle, weil meine Eltern bei einer kulturellen Veranstaltung herumposaunen, daß sie ihren Sohn in den Ferien zu einer Hellseherin geschickt haben. Selber zu feig sein, aber angeben!“
    Und nachher die Beleidigte spielen! hätte er hinzufügen können. Denn für den Rest des Tages sprach seine Mutter nur noch das Nötigste mit ihm. Aber das war ihm nur recht so.
    Florian hatte genug. Er wollte niemand mehr sehen. Nicht einmal Jens. Allein sein...
    Endlich war es soweit. Die Schule begann. So wie an diesem Tag hatte er den blassen Lehrer Hempel noch nie angesehen.
    Ich weiß etwas, das du nicht weißt! sagte sein Blick. Der Lehrer schaute wie immer.
    „Na, Flori , hast du ein bißchen Mathe nachgeholt, wie ich dir geraten habe?“ erkundigte er sich.
    „Schwer sogar!“ baute Florian im Hinblick auf die kommende Eins vor.
    „Ist ja erfreulich!“ Lehrer Hempel lächelte. Nein. Er hatte keine Ahnung.
    Trotzdem kombinierte Florian weiter und bekam dabei einen fürchterlichen Schreck: Ich weiß, wie die Arbeit ausgeht, aber ich weiß nicht, ob es dazu kommt. Zu viele wissen davon. Im Augenblick bin ich der Größte, weil ich sie habe abschreiben lassen. Dabei wollte ich’s für mich behalten. Kann das gutgehen? Wie schnell ein unüberlegtes Wort andere stutzig machen kann, hab ich ja erlebt.
    Es ging gut. Noch vierzehn Tage. Dann war sie endlich da, die Stunde der scheinbaren Bewährung. Immerhin begann sie sehr aufregend.
    Als Lehrer Hempel die Aufgabe an die Tafel schrieb, dröhnten den Klassenkameraden die Köpfe vor Herzklopfen. Doch Tante Thekla siegte. Er schrieb genau das hin, was sie vorausgesehen hatte. Die erste Hürde war genommen. Ganz Schlaue setzten gequälte Gesichter auf, um Lehrer Hempel zu zeigen, wie schwer sie die Aufgabe fanden.
    „Wer immer aufgepaßt hat, wird bald feststellen, daß es halb so schlimm ist“, sagte der Lehrer. Er hatte sich Arbeiten einer anderen Klasse mitgebracht und korrigierte die Hefte, während Florian und seine Kameraden angeblich schwitzten. Wieder waren es die ganz Schlauen, die ab und zu stöhnten, bis Hempel aufschaute, und dann mit einem verklärten Lächeln weiterschrieben, als sei ihnen die Lösung in diesem Augenblick eingefallen. Auch der Zeitpunkt des Abgebens klappte glaubhaft. Als erster schloß Meisterrechner Wolfram sein Heft und legte es Lehrer Hempel aufs Pult. Karl, Jörg, Jens und Detlef waren unter den letzten.
    Florian, dessen Herz am heftigsten geschlagen hatte, konnte aufatmen.
    Tante Thekla hat gewußt, daß es gutgeht! Ich hab sie nur nicht danach gefragt! kombinierte er und wurde übermütig. Als er sein Heft nach vorn brachte, mußte er grinsen und sagte: „Diesmal hab ich ein gutes

Weitere Kostenlose Bücher