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Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Wilson
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sich um. »Ja?« Schritte liefen über den Zwischenboden unter ihm. Jetzt verstummten sie. Alte Leitersprossen seufzten.
    Etwa zwei Meter von der Stelle entfernt, wo Henry und der Raggant saßen, tauchte Onkel Franks Kopf auf. Henry lächelte ihm zu, aber Onkel Frank lächelte nicht zurück. Er sah an seinem Neffen vorbei, aus der offenen Luke hinaus und
über die Felder. Nachdem er seinen dünnen Körper hochgestemmt hatte, kraulte er kurz den Ragganten und ließ sich neben Henry nieder. Seine Augen wanderten über den Himmel und dann hinunter auf das Meer aus Weizen.
    »Sieh dich vor, Henry«, sagte er. »Orte wie dieser haken sich im Kopf fest. Selbst wenn du es dir nicht vorstellen kannst – sie wieder zu verlassen, kann schmerzhafter sein, als du denkst.«
    Henry sah seinen Onkel an. Sein Gesicht war schmal und ledrig, und seine Augen hatten sich am Horizont festgesaugt; wie bei einem Seemann, der nach Land Ausschau hält und weiß, dass er es nie finden wird. Sein Gesichtsausdruck machte seine Worte nicht klarer. Das war bei Onkel Frank nie der Fall. Henrys Onkel war als Teenager nach Kansas verschlagen worden – auch ein Opfer der Fächer. Henry fragte sich, wie lange es dauern würde, bis er aussah wie Frank, aussah wie ausgeliehen und nicht wieder zurückgegeben; am falschen Ort, aber irgendwie angepasst und allmählich angestaubt. Immerhin hatte Onkel Frank Erinnerungen. Er wusste, was er verloren hatte, auch wenn er nicht darüber sprach. Henry hatte noch nicht mal das.
    Frank ließ seine Fingerknöchel knacken und lehnte sich zurück. »Man kann es riechen, wenn die Felder grün sind, auch wenn sie später golden werden. Außerdem hört es sich anders an. Grüne Felder rauschen. Goldene rascheln.«
    »Wann beginnt denn die Ernte?«, wollte Henry wissen.
    »Bald«, sagte Frank. »Wenn das Gold einen weißlichen Schimmer bekommt. Du wirst die Mähdrescher noch fahren sehen – wenn auch nicht bis zum Schluss.«

    Henry sah der Arbeit des Windes zu. »Ich muss fort, stimmt’s?«
    »Ja.«
    »Wenn ich doch nur hierbleiben könnte!«
    »Tja«, meinte Frank. »Wenn Schweine Flügel hätten …«
    Henry sah ihn an. »Was wäre dann?«, fragte er.
    »Dann könnten sie fliegen.«
    Fast hätte Henry gelächelt. So etwas in der Art hatte er erwartet. Der Raggant neben ihm schnarchte. Er hockte immer noch auf den Hinterläufen, aber jetzt war ihm der Kiefer heruntergeklappt und sein ganzer Kopf war herabgesunken, sodass die Nase nicht mehr nach oben deutete. Henry legte ihn hin. »Ich würde gern wissen, bis wann ich bleiben kann«, sagte Henry. »Ich halte mich nicht mal mehr gern im Haus auf. Jedes Mal, wenn das Telefon klingelt, denke ich, da kommt jemand und holt mich ab.«
    »Bis zum dritten Juli«, antwortete Frank. »Noch zwei Wochen. Heute ist ein Brief angekommen.«
    »Was?«, fragte Henry. »Warum nur bis zum Dritten? Wer hat diesen Brief denn überhaupt geschrieben?«
    Frank streckte die Beine aus und wühlte in seiner Jeanstasche. Er warf Henry einen Umschlag in den Schoß, der warm und verknittert war. »Deswegen bin ich hier herauf gekommen. Er ist von einer Rechtsanwältin. Phil und Urs trennen sich. Nächste Woche haben sie einen Termin wegen des Sorgerechts. Und dann musst du fort.«
    Henry öffnete den Brief und las ihn durch. Er war an seine Tante und an seinen Onkel adressiert, und es stand nicht mehr darin, als das, was Onkel Frank ihm schon gesagt hatte.

    »Zwei Wochen«, meinte Henry. »Dann verpasse ich ja das Feuerwerk.«
    »Es gibt noch viel kürzere Zeitabstände«, meinte Frank. »In zwei Wochen wandert der Mond immerhin halb um die Erde herum.«
    Die beiden saßen da und der Raggant schnarchte. Nach einer Weile stand Frank auf und reckte sich.
    »Anastasia wird dich rufen, wenn das Abendessen fertig ist«, sagte er und ging zur Leiter.
    Henry nickte. Er sah nicht zu, wie sein Onkel verschwand.
     
    Als Anastasias Stimme zu ihm drang, hingen Henrys Beine immer noch aus der Luke heraus. Allerdings lag er jetzt auf dem Rücken. Er setzte sich auf und betrachtete den Brief in seiner Hand. Dann faltete er ihn zusammen und steckte ihn zurück in den Umschlag.
    »Henry!«, schrie Anastasia noch einmal. »Komme schon«, antwortete Henry und dann warf er den Brief hinaus in den Wind. Er sah zu, wie er sich um die eigene Achse drehte, während er auf das wogende Gras neben der Scheune zu segelte. »Bleib doch, wo der Pfeffer wächst!«, sagte er, dann stand er auf.
    Er ließ den Ragganten

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