Fluch der Engel: Roman (German Edition)
ist erst seit ein paar Monaten ein Racheengel und noch Novizin.«
»Dann hat sie hier auch nichts verloren. Schaff sie raus!«, bellte Berejide.
»Als für die Basilika zuständiger Racheengel habe ich ihr Zuflucht gewährt.«
Nicht nur in Berejides Augen zuckte Boshaftigkeit. Selbst Liao, der bislang geschwiegen hatte, blitzte mich an, als würde er mir am liebsten die Flügel ausreißen. Um schneller flüchten zu können, kletterte ich vom Altar.
»Und was wird ihr zur Last gelegt?« Zumindest Daragh wollte den Grund für meine Inhaftierung erfahren, bevor er sich auf mich stürzte.
»Die Dogin wirft ihr vor, mehr Dunkelheit als Licht in sich zu tragen«, beantwortete Nagual seine Frage. Inzwischen stand er vor mir – bewaffnet! Er hatte versprochen, mich zu beschützen. Doch was konnte ein Racheengel schon gegen vier ausrichten?
Daragh machte einen Schritt auf uns zu. Erschrocken zuckte ich zusammen. Am liebsten wäre ich mit dem Altar verschmolzen. Nagual dagegen rührte sich nicht von der Stelle. Entweder war er ausgesprochen mutig oder Daraghs Bärenkräfte wirkten gefährlicher, als sie tatsächlich waren. Erst als sich Daragh Schulter an Schulterneben Nagual stellte, wurde mir klar, dass er mich nicht angreifen, sondern verteidigen wollte.
Die anderen Engel beschossen mich mit bösen Blicken, doch keiner von ihnen zückte sein Schwert. Auch wenn sie nur zu zweit waren, gegen Nagual und Daragh wollte keiner von ihnen kämpfen.
Ich atmete ein wenig auf, was mir einen vernichtenden Blick von Nagual einbrachte. Offenbar war der Streit um meine Gefährlichkeit noch nicht zu Ende.
»Dann solltest du sie dorthin bringen, wo beschuldigte Racheengel normalerweise warten, bis ihnen der Prozess gemacht wird.« Berejides Augen funkelten euphorisch. Sie wusste, dass sie gewonnen hatte.
Erfolglos versuchte ich, mich unsichtbar zu machen. Wo auch immer dieser Ort war, ich wollte alles, nur nicht dort warten, bis Sanctifer aus Christopher einen unbarmherzigen Schatten gemacht hatte. Doch Berejides Forderung, die Gesetze einzuhalten, zählte mehr als mein Wunsch, Christopher zu retten.
Keine hundert Atemzüge später saß ich im Gefängnis der Krypta unter der Basilika, wo auch Christopher während seiner Verhandlung untergebracht war. Mit drei gegen zwei Stimmen hatten die Racheengel entschieden, mich hier zu verwahren, wie sie es nannten. Wie lange dieses Verwahren dauern würde, darüber hatten sie nicht diskutiert. Und auch nicht, welche Auswirkung ihre Entscheidung, Sanctifers Insel nur zu beobachten, anstatt sie zu stürmen, für Christopher nach sich zog. Immerhin erlaubte Nagual Aron, mich zu besuchen.
»Wenigstens bist du hier in Sicherheit«, brummte Aron.
»Wovor? Vor ihnen oder der Dogin?«
»Vor beiden. Sie werden die Grenzen respektieren. Auch wenn du die da oben ganz schön aufgebracht hast, vor allem Berejide.«
Arons Feststellung war kein Lob, sondern ein Vorwurf – was mich noch mehr entmutigte. Ich hatte alles gegeben. Dass ausgerechnet die Racheengel auf meiner dämonischen Seite herumhackenwürden, war ein Widerspruch in sich. Sie alle besaßen einen dunklen Teil.
Ich verzichtete auf einen Kommentar – es gab Wichtigeres, als mit Aron zu streiten. »Hast du etwas von Christopher gehört?« Meine Stimme zitterte.
»Nein.«
»Und von Philippe?«
Aron mied meinen Blick und begann, in der schmalen Zelle auf und ab zu gehen. Er war nervös, ich niedergeschlagen.
»Wirst du nach ihnen suchen?«, fragte ich kaum hörbar.
Aron blieb stehen. Sein Blick wurde eindringlich. »Falls das bei dir anders sein sollte, ich stehe zu meinen Versprechen!«
»Heißt das …« Ich spürte, wie meine Gesichtsfarbe von fahl zu leichenblass wechselte. »Du willst allein zu Sanctifer gehen?« Das würde ich niemals zulassen. Allerdings wusste ich nicht, wie ich das in meinem eingeschlossenen Zustand verhindern sollte.
»Nein, nicht allein. Ich habe Coelestins Unterstützung. Ich treffe ihn und Ekin in der Eremitage.«
»In Sulmona?« Die Einsiedelei lag mehrere hundert Kilometer weit entfernt. Was wollten sie ausgerechnet dort?
Aron schien meine Gedanken zu erraten und begann zu erklären. »Christophers Zustand war sehr problematisch, als Coelestin ihn einst fand. Die meisten Engel hätten ihn dem Rat übergeben.« Was so viel hieß wie Flügel ab- und Herz herausschneiden. »Doch Coelestin glaubte an das Gute in ihm. Er gab die Schuld nicht Christopher, sondern Sanctifer und der Tatsache, welche Macht
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