Fluch der Engel: Roman (German Edition)
Effektiveres ausdenken!«
Dunkle Flecken funkelten in Berejides steingrauen Augen. Offenbar ging sie gerade verschiedene Möglichkeiten durch, wie sie mich mundtot machen konnte. Mein Verstand riet mir, ein wenig Abstand von ihr zu halten, mein Bauchgefühl empfahl das Gegenteil. Nagual zu überzeugen war beinahe schiefgegangen. Warum sollte es bei dem vierköpfigen Trupp einfacher sein?
Um meine Stellung zu behaupten – und besser für den nächsten Schlag vorbereitet zu sein –, baute ich mich breitbeinig vor Berejide auf.
»Wenn du mich für eine Lügnerin hältst, ist es vielleicht das Beste, wenn du gehst, solange ich die Wahrheit erzähle«, erklärte ich selbstbewusst.
»Besser du verschwindest! Schließlich bist du kein Mitglied des Zirkels – weshalb du hier auch nichts verloren hast«, revanchierte sie sich für meinen verbalen Rausschmiss.
»Nagual hat mich gebeten, zu kommen. Und auch wenn er nur vorübergehend der Hüter der Basilika ist, steht ihm das Recht zu, mich einzuladen«, erklärte ich betont sachlich.
Berejide ignorierte mich. »Nagual, sag uns endlich, warum du den Zirkel einberufen hast. Für Kindereien habe ich keine Zeit.«
Da ich nicht wollte, dass Nagual mir zu Hilfe kam und sich einmischte, trat ich einen Schritt auf den Engel mit den Silberflügeln zu.
»Er will, dass die Racheengel des Zirkels mir ihre Aufmerksamkeit schenken!«, herrschte ich sie an. Hoffentlich konnten sie mein laut hämmerndes Herz nicht hören.
Berejides vor Wut dunkel flimmernde Augen verrieten sie. Ich ahnte den Schlag, noch bevor ihre Faust mein Gesicht traf, und konnte rechtzeitig ausweichen. Auch ihrem Tritt entkam ich – zumindest dem ersten.
Wieder schleuderte ihr Angriff mich Richtung Altar. Dieses Mal schlug ich härter dagegen. Eine Schale mit weißen Lilien fiel klirrend zu Boden, während sämtlicher Sauerstoff meine Lungen verließ.
Meine Rippen schmerzten heftig, als ich mich wieder aufrichtete. Doch ich war noch lange nicht bereit, mich geschlagen zu geben. Aron hatte mich nicht umsonst mit Kampftraining getriezt. Erneut baute ich mich vor Berejide auf und wartete auf den nächsten Schlag.
Er kam nicht. Dafür ein herrisches: »Es ist genug, Berejide! Lasssie zu Wort kommen. Schließlich verdanken wir ihr das neueste Engelsgesetz.«
Daragh schob seinen bärenhaften Körper mit den zerbrechlich wirkenden Glasflügeln zwischen mich und Berejide, wobei er mich nicht aus den Augen ließ. Er traute mir nicht, war aber bereit, mir zuzuhören. Ob aus Interesse oder um einen Grund zu haben, mich anschließend gemeinsam mit Berejide am Altar zu zerquetschen, wusste ich nicht. Grimmig genug sah er mit seinem roten Stoppelbart jedenfalls aus.
Mein Blick begegnete Nagual. Auf seinen Lippen lag ein undefinierbares Zucken. Entweder gefiel ihm Daraghs Dazwischengehen oder die Aussicht auf ein blutendes Opfer.
Mein Gefühl, bald zur Schlachtbank geprügelt zu werden, verstärkte sich. Mutierte auch Christopher im Zirkel zu einem streitsüchtigen Racheengel? Würde auch ich irgendwann so sein? Ich schüttelte den Gedanken ab. Eine Zukunft im Zirkel der Engel konnte ich mir nur mit Christopher vorstellen. Ohne ihn war ich verloren. Doch ich war bereit, für ihn zu kämpfen. Und genau deshalb stand ich hier, inmitten fünf gewaltbereiter Racheengel.
Beschützt – oder bewacht – von Daragh, erzählte ich von meinem Aufenthalt bei Sanctifer. Das kollektive Misstrauen, das mir beim Erwähnen seiner dunklen Engel entgegenschlug, aktivierte meinen Fluchtinstinkt. Doch an Nagual, der vorsorglich den Ausgang der Basilika blockierte, wäre ich niemals vorbeigekommen. Anstatt zu fliehen, starrte ich auf meine Hände und ergänzte meinen Bericht mit der detailreichen Schilderung von Massimos Kampf und seiner Niederlage. Meine Stimme bebte, als ich beschrieb, wie Gabriella seine Seele raubte. Die Anspannung in der golddurchwirkten Basilika wurde greifbar.
Ich wagte einen Blick von meinen ineinander verknoteten Fingern auf Daragh. Er stand direkt vor mir. Das Hellblau in seinen Augen war nur noch ein blasses Schimmern. Er war wütend, fragte sich nur, ob auf mich, Gabriella oder auf Sanctifer. Doch nicht nur in seinen Augen loderte heißer Zorn. Alle fünf schienen außer sichzu sein. Ein Funke, und die Basilika würde mit einem lauten Knall in die Luft fliegen.
Ich zog mich so weit wie möglich Richtung Altar zurück. Auch wenn ich den schweren Stein nicht bewegen konnte, um in die darunterliegende Krypta
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