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Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Fluch der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
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erfüllte mich mit einer Mischung aus Entsetzen, Faszination und gieriger Erwartung.
    Ihre Finsternis lockte mich, reizte den Racheengel, vom Gejagten zum Jäger zu werden. Wie von selbst brachen meine Klauen durch. Noch bevor ich das Gitter meines Kerkers erreichte, verwandelte sich Paul zu einem Engel und zückte sein Schwert. Aber anstatt Richtung Flur zielte er damit auf mich.
    »Was hast du vor?«, fragte er misstrauisch mit Blick auf meine Klauen.
    »Du solltest lieber von hier verschwinden«, warnte ich ihn, anstatt seine Frage zu beantworten.
    »Aron hat mir befohlen, auf dich aufzupassen, solange er weg ist – und genau das werde ich tun.«
    »Paul, bitte geh und hol Nagual oder jemand anderen vom Zirkel, egal wen«, bat ich ihn.
    Paul rührte sich nicht. Stattdessen schenkte er mir eines seiner typischen Lynn-Grinsen und senkte sein Schwert. Er hatte keine Ahnung, was auf uns zukam – höchste Zeit, ihn aufzuklären.
    »Ich weiß, dass du kein Weichei bist, aber gegen Gabriella hast du keine Chance.«
    Endlich zeigte sich eine Regung auf Pauls Gesicht. Seine Euphorie fiel in sich zusammen, was blieb, war nackte Angst.
    »Ich … ich dachte, sie wäre tot«, stammelte er.
    »Das dachten die anderen auch, aber ich habe sie gesehen. Sie ist ein Schatten«, flüsterte ich. Gabriella wand sich einen schmalen Tunnel entlang. Gleich würde sie die Krypta betreten. »Geh, solange sie noch nicht hier ist.« Inzwischen war ich beim Flehen angelangt.
    »Und lasse dich allein?!« Paul strich sich seine sorgsam gegelten Haare aus der Stirn. »Vergiss es!«, knurrte er und packte sein Schwert mit beiden Händen. »Wenn sie wirklich ein Schatten ist, kann sie nicht durch die Barrieren.« Sieben Barrieren sicherten den Zugang zu meiner Zelle. Doch mir war klar, dass Gabriella wusste, wie sie die Blockaden entriegeln konnte.
    »Bitte, Paul. Es ist ihr egal, ob du ein guter oder böser Engel bist. Sie wird dich töten, wenn du jetzt nicht von hier verschwindest.«
    Doch es war zu spät. Gabriella hatte bereits den vorderen Teil der Krypta erreicht, die mit ihren verschachtelten Gängen, Räumen und Zellen ein weit größeres Areal einnahm als die Basilika darüber.
    Frostige Luft, wie von Eiskristallen durchsetzt, erschwerte mirdas Atmen. Und dennoch gierte ich danach, ihr meine Klauen in den Rachen zu schlagen. Selbst Paul spürte ihre Dunkelheit und schnappte nach Luft.
    »Versteck dich!«, herrschte ich ihn an, doch er hörte nicht auf mich. Anstatt in einer der beiden anderen Zellen in Deckung zu gehen, durchquerte Paul den Flur und baute sich mit seinem weiß leuchtenden Schwert hinter der ersten Barriere auf.
    »Paul, komm zurück!« Panisch hämmerte ich gegen die Eisenstangen. Sie würde ihn töten – oder einen dunklen Engel aus ihm machen.
    Mein Magen verknotete sich. Gabriella betrat den Vorraum des Gefängnistrakts, doch sie war nicht allein gekommen. Als wäre es eine Puppe, zerrte sie eine schmale Gestalt hinter sich her. Die feingliedrigen Hände des Mädchens kamen mir vertraut vor. Doch erst als ich ihre honigbraunen Augen sah, erkannte ich sie.
    Ausgezehrt, als hätte sie wochenlang gehungert, folgte Lucia wie in Trance dem schattenhaften Monster. Auf ihrem Gesicht zeigte sich keinerlei Regung. Anstatt Tränen aus ihren Augen tropfte nur das Wasser aus ihrem nassen Kleid auf den Boden, das traurig an ihr herabhing.
    Hatte Gabriella sie mitgebracht, um mich aus der Zelle zu locken, weil sie es selbst nicht konnte? Oder als Druckmittel – als entbehrliches Opfer? Welches Recht auf andere Lebewesen Sanctifer auch immer zu haben glaubte, er war ebenso anmaßend wie dämonisch.
    Mein verknoteter Magen rollte sich auf. Ich kochte vor Wut. In Höchstgeschwindigkeit brachen meine Flügel durch: Ich wollte jagen!
    »Paul, lass mich raus!«, brüllte ich. Mein Racheengelinstinkt hatte die Oberhand gewonnen – zum Glück! Bei der Wut, die ich in mir spürte, hätte es genauso gut der meines Schattens sein können.
    »Das hättest du dir früher überlegen müssen. Dann hätte ich Nagual gefragt, wo der Mechanismus zum Öffnen der Zellentürverborgen ist«, antwortete Paul – vermutlich war es Galgenhumor. »Andererseits ist es für dich wohl das Beste, wenn du bleibst, wo du bist.«
    »Das hättest du wohl gern!« Er glaubte doch nicht etwa, ich würde tatenlos zusehen, wie ein Schatten meinen Freund in Stücke riss?! Genervt trat ich gegen einen der Eisenstäbe. Er blieb unnachgiebig. Hoffentlich war Paul

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